Muslimfeindlichkeit

Muslime fühlen sich nach Zurückziehung der Studie verunsichert

Das Innenministerium hatte die Studie zur Muslimfeindlichkeit aufgrund eines Gerichtsurteils zurückgezogen. Die Studie soll nun überarbeitet werden. Der Koordinationsrat der Muslime äußert sich besorgt über die Entscheidung. 

14
03
2024
KRM kritisiert Zurückziehung der Studie zur Muslimfeindlichkeit in Deutschland
KRM kritisiert Zurückziehung der Studie zur Muslimfeindlichkeit in Deutschland

Der Koordinationsrat der Muslime (KRM) hat die Entfernung der Studie zur Muslimfeindlichkeit des Unabhängigen Expertenkreises vom Internetportal des Bundesinnenministeriums in Reaktion auf einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts in Berlin Brandenburg kritisiert. „Die Entscheidung, die Studie vorübergehend zu entfernen, hatte bei Muslimen in Deutschland Verunsicherung ausgelöst.“

Der Unabhängige Expertenkreis Muslimfeindlichkeit (UEM) war vom Innenministerium nach dem rassistischen Anschlag von Hanau ins Leben gerufen worden und hatte im Juni des vergangenen Jahres seinen Abschlussbericht veröffentlicht. Darin kamen die Autoren zu dem Ergebnis, dass Feindlichkeit gegenüber Muslimen und dem Islam in Deutschland weit verbreitet sei.

Studie soll nach Überarbeitung wieder veröffentlicht werden

Wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage von IslamiQ am Donnerstag mitteilte, soll die Studie, den Vorgaben des OVG entsprechend, in Kürze erneut veröffentlicht werden. „Das BMI steht dazu in Kontakt mit den Mitgliedern des UEM. Der Überarbeitungsprozess läuft, zu Details können wir uns deshalb momentan nicht äußern“, so der Sprecher weiter.

Auch wenn der KRM die Entscheidung des BMI, die Studie in überarbeiteter Fassung erneut öffentlich zugänglich zu machen, begrüßt, kritisiert er die Zurückziehung. „Die Studie zur Muslimfeindlichkeit aus der Internetseite zu nehmen, hat nicht nur einen schwerwiegenden Rückschlag für Muslime und für Forschung und Wissenschaft dargestellt, sondern war auch ein fatales Zeichen des Rückzuges des Bundesministeriums des Innern“, erklärt der KRM.

Innenministerin muss Belange der Muslime verteidigen

Das Ressort für die innere Sicherheit, bei dem auch die Deutsche Islam Konferenz angesiedelt ist, hätte dafür sorgen müssen, dass die Studie bis zur endgültigen Klärung des Rechtsstreits nicht ersatzlos von der Seite heruntergenommen wird. „Wissenschaftliche Ausarbeitungen, welche die Lebensrealitäten von Minderheiten in diesem Land beleuchten und sichtbar machen, aufzuheben oder gar zu vernichten sind in Anbetracht aktueller Ereignisse in diesem Land zumindest für uns Muslime äußerst besorgniserregend“. Insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Enthüllungen über das wiederholte Treffen rechtsextremistischer Personen zur Vorstellung eines Masterplans über die „Remigration“.

Daher fordert der Koordinationsrat die Innenministerin Faeser nachdrücklich auf, sich entschlossen für die Belange der muslimischen Bevölkerung einzusetzen und diese zu verteidigen.

Warum wurde die Studie entfernt?

Das Innenministerium hatte den Text nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (OVG) entfernt. In der Studie war unter anderem dem Publizisten Henryk M. Broder vorgeworfen worden, Muslime in einem seiner Artikel pauschal „dämonisiert“ zu haben. Dagegen hatte sich der Autor juristisch gewehrt, woraufhin das OVG entschied, dass das Ministerium die beanstandeten Passagen von seiner Homepage entfernen muss. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Marco Polo sagt:
Bei allem, was recht ist: das Innenministerium muss in Deutschland gültige Gerichtsentscheide berücksichtigen und umsetzen. Weiss das der KRM nicht? Dieser islamische Koordinationsrat muss somit die Entfernung des sehr umstrittenen Berichts akzeptieren; da hat er keine andere Wahl. Hier gilt selbstverständlich auch keine spezielle Scharia-Justiz von eigenen Gnaden. Da beißt die Maus keinen Faden ab bzw. daran ist nicht zu rütteln. Der mit vielen Auszeichnungen geehrte Publizist Henryk M. Broder war unter Verwendung eines Text-Zitats von 2010 irreführend diffamiert und beleidigt worden, was dieser nicht auf sich sitzen ließ und erfolgreich juristisch dagegen vorging. Auch andere bekannte Islamismus-Kritiker waren in dem Bericht persönlich genannt und angegriffen worden. Weitere Details dazu kann man in einem 'Welt'-Interview mit Herrn Broder vom 13.03.2024 finden. >> Es gilt, wie so oft: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt.
15.03.24
18:20
Leonhard sagt:
Ich bin unlängst auf eine "Culture of Violence Scale" (Franz Jedlicka) gestoßen, in der aufgelistet wird, in welchen Ländern weder Frauen noch Kinder gesetzlich vor Gewalt geschützt sind, wo noch die Todesstrafe, und körperliche Strafen üblich sind: dann wird Islamophobie eigentlich verständlich. Leonhard
16.03.24
11:01