Brüssel

Uiguren in China – „Wir hatten keine Namen, nur Nummern!“

Ömer Bekali, Qelbinur Sidiq, Gulbahar Haytiwaji und Sayragul Sawutbay. Sie alle sind aus den chinesischen Umerziehungslagern in Ostturkestan entkommen. Auf dem „Internationalen Uiguren Forum“ berichteten sie über ihr Leiden und die Folter, die sie erlebt haben.

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2022
Uiguren Überlebende der Umerziehungslager in China -
Überlebende der Umerziehungslager in China - Ömer Bekali, Qelbinur Sidiq, Gulbahar Haytiwaji und Sayragul Sawutbay.

Am Mittwoch fand in Brüssel der „Internationale Uiguren Forum“ statt. Auf dem Forum berichteten auch Überlebende der Umerziehungslager in Ostturkestan unter Tränen über die Grausamkeiten und Folter, die sie und die anderen Uiguren im Lager erlebt haben. Alle gaben an, dass sie in den Umerziehungslagern nur drei Möglichkeiten hatten: Tod, Wahnsinn oder der Verlust ihrer Gesundheit. Doch gehören diese vier Überlebenden zu den wenigen, die sich von der Folter befreien und flüchten konnten.

Einer von ihnen ist Ömer Bekali. Im Jahr 2017 stürmen Polizisten sein Haus. Gefesselt und mit einem Sack über dem Kopf wird er abgeführt. Warum, wusste er nicht. Weder hatte er eine Straftat begangen, noch wurde er verurteilt. Er wurde vier Tage und vier Nächte lang unter unglaublichen und brutalen Folterungen festgehalten, bevor er in das Lager gebracht wurde. „Vor meiner Abführung in das Lager wurden meine Organe gründlich untersucht. Ich wurde an die Wand gehängt und mit Dingen wie Nadeln in die Genitalien gestochen“, erklärte Bekali. Durch die Folter habe man ihn dazu bringen wollen, Verbrechen zu gestehen, die er nicht begangen hatte. Bekali unterschrieb das vorbereitete „Geständnis“ trotz allem nicht. Im Lager fesselten sie seine Füße und Hände mit Eisenketten an die Decke. Bekali verbrachte acht Monate im Umerziehungslager. Seine Hände und Füße waren immer gefesselt.

„Frauen und Mädchen wurden im Lager vergewaltigt“

Qelbinur Sidiq arbeitete in einem Umerziehungslager. Auf dem Forum berichtete sie, dass nach der Folter in den Lagern ständiges Stöhnen und Geschreie zu hören war. „Männer liefen im Lager mit gefesselten Händen und Füßen herum. Aufgrund der Folter mussten sie zu ihren Zellen zurückkriechen“, so Sidiq. Im Lager gab es laut Sidiq vier verschiedene elektrische Foltermethoden: der „elektrische Hut“, die „elektrischen Handschuhe“, der „elektrische Schlagstock“ und der „Tiger Stuhl“, eine Bezeichnung für einen elektrischen Stuhl.

Auch Frauen und Mädchen hatte es im Lager schwer. Sie wurden im Verhör und im Lager von chinesischen Beamten vergewaltigt. Als Sidiq davon erfuhr, konnte sie es nicht glauben. Doch dann habe sie gemerkt, dass es zur chinesischen Politik gehört. „Nachdem ein Polizist die Frauen vergewaltigt hatte, vergewaltigte ein anderer Polizist sie weiter“, so Sidiq. Die Polizeibeamten vergnügten sich, indem sie die Mädchen mit einem elektrischen Schlagstock quälten. Sidiq berichtet auch, dass etwa 10.000 junge Mädchen und Frauen im Frauenlager Togung gefangen gehalten. „Ihre Haare wurden von der Polizei kahl rasiert“.

„Ich hatte die Nummer 9.“

Eine weitere Überlebende der Umerziehungslager ist Gulbahar Haytiwaji. Sie erklärt, dass in den Lagern unter anderem unbekannte Impfstoffe und Medikamente an den Gefangenen getestet wurden. Auch Haytiwaji bestätigt, dass Frauen ständig belästigt und vergewaltigt wurden. „Alle Frauen waren in den Lagern mit Handschellen gefesselt. Bei minus 20 Grad Celsius brachten sie uns nach draußen und schikanierten uns stundenlang unter dem Vorwand, an die frische Luft zu kommen“, so Haytiwaji. Bei jedem Verhör saß sie auf einem Stuhl aus Eisen, ihre Hände hinter ihrem Rücken gefesselt, zog man ihr einen Sack über den Kopf.

Im Lagern wurden sie nicht als Menschen angesehen. „Wir wurden mit Nummern angesprochen, nicht mit unserem Namen. Ich hatte die Nummer 9“, so Haytiwaji. Im Lager war es nicht erlaubt, mit anderen Gefangenen zu sprechen oder sich anzusehen.

„Uiguren werden ausgelöscht“

Auch Sayragul Sawutbay erzählte von den Folterungen. „Unsere Nägel wurden entfernt und wir mussten auf einem elektrischen Stuhl mit Nägeln sitzen“, erklärte Sawutbay. Die Vergewaltigung von Frauen wurde in diesen Lagern zur Normalität. „Ich habe gesehen, wie ein junges Mädchen im Alter von 20 von Beamten vergewaltigt wurde.“ Erst wurde sie von einem Polizisten vergewaltigt, dann habe ein anderer weitergemacht. Und das direkt vor den Augen der Gefangenen. „Nachdem ich das alles gesehen hatte, konnte ich mehrere Nächte lang nicht mehr schlafen“, so Sawutbay.

Am Ende des Forums appellierte sie an die ganze Welt: „Ich hoffe aufrichtig, dass die Vereinten Nationen, der Rest der Welt und alle muslimischen Nationen, die noch schweigen, den Völkermord anerkennen und sich für uns einsetzen. Ich hoffe und bete, dass die Welt weiterhin an unserer Seite steht und die notwendigen Maßnahmen ergreift, bevor unser Volk ausgelöscht wird“, so Sawutbay. Außerdem fordere sie die Einsetzung einer unabhängigen Delegation, die in die betroffene Region entsendet werde, um die tatsächlichen Umstände der Unterdrückung der Uiguren zu ermitteln und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.

Leserkommentare

Charley sagt:
Das ist so entsetzlich, wie man es schlimmer sich nicht denken kann. Das kommt - bis auf die Gaskammern - an die Konzentrationslager der Nazis heran. Wie Politiker heute sagen, dass man ja nur nicht von den Gräueltaten in den Konzentrationslagern gewusst habe (was aber zu widerlegen möglich ist. Die Westalliierten WUSSTEN, was da statt findet, bombardierten (was möglich gewesen wäre) die Eisenbahnlinien nach Ausschwitz usw. nicht!). Ähnlich sind die westlichen Proteste gegen den Genozid an den Uiguren heutzutage lächerlich im Vergleich zu dem, was man tatsächlich weiß! Eine Frage taucht dabei auf: Wofür braucht China diese Grausamkeiten? Geht denn von den Uiguren tatsächlich irgend eine Qualität aus, die das chinesische Herrschaftssystem in Frage stellen könnte? Das ist eine sehr ernste Frage, denn jenes Böse, dass sich dort auslebt,... wofür gebraucht das Böse dieses Leid der Menschen? (Ich meine diese Frage spirituell: Welche okkulte Kraft wird aus dem Leid dieser Menschen generiert? Wofür braucht man diese okkulte Kraft?) Irgend eine äußere Nützlichkeit ist nämlich in solchen "Genoziden" nicht erkennbar.
29.11.22
4:50