Sachsen

Verfassungsschutz sieht Rechtsextremismus als größte Bedrohung

Beim Rechtsextremismus in Sachsen ist keine Entwarnung in Sicht. Die Demokratie sei nicht nur von altbekannten Strukturen bedroht, sondern auch von neuen Akteuren, sagt der Innenminister.

01
06
2022
0
Rechtsextremismus, Feindeslisten, Neonazi, Verfassungsschutz
Symbolbild: Rechtextremismus © by Matthias Liffers auf Flickr (CC BY 2.0), bearbeitet islamiQ

Das Landesamt für Verfassungsschutz in Sachsen schätzt den Rechtsextremismus weiterhin als größte Gefahr für die Gesellschaft ein. Im Jahresbericht 2021 wird der Szene eine „hohe Reaktions- und Mobilisierungsgeschwindigkeit“ bescheinigt. Zudem sei eine weitere Radikalisierung festzustellen, sagte Behördenchef Dirk-Martin Christian am Dienstag in Dresden. „Rechtsextremisten bestärken einander zunehmend in geschlossenen Chat-Gruppen in den sozialen Medien in ihren Überzeugungen und entwickeln dort Revolutions- und Verschwörungsfantasien“, heißt es im Bericht. Außerdem sinke die Hemmschwelle, Gewalt anzuwenden.

Die Zahl der Rechtsextremisten in Sachsen ist im Bericht mit 4350 angeben und liegt damit unter dem Vorjahreswert von 4800. Der Rückgang wird darauf zurückgeführt, dass der „Flügel“ in der AfD nach einem Gerichtsurteil nicht mehr im Bericht geführt werden darf. Mit den „Freien Sachsen“ und Pegida kamen aber zwei weitere Betätigungsfelder für den Verfassungsschutz in Sachsen dazu.

Die „Freien Sachsen“ werden als organisierte Gruppierung von Neonazis, NPD-Funktionären und weiteren Angehörigen und Sympathisanten charakterisiert. Bei Pegida sieht der Verfassungsschutz unter anderem den Versuch, mit extremen Positionen immer tiefer in die Mitte der Gesellschaft einzudringen und Muslime anzufeinden.

Rechtsextremisten nutzte Pandemie

Der Szene der Reichsbürger und Selbstverwalter wurden im Vorjahr 1900 Menschen zugerechnet – etwa 850 mehr als 2020. Dieser Anstieg ist vor allem im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zu betrachten. Die Corona-Beschränkungen hätten Verschwörungstheoretikern, darunter häufig auch Reichsbürgern, einen Rahmen für das Ausleben ihrer kruden Theorien sowie für deren Verbreitung insbesondere in den sozialen Medien gegeben, hieß es.

Eine zunehmende Radikalisierung wird auch der linksextremen Szene bescheinigt. Ihr Potenzial stieg binnen Jahresfrist von etwa 800 auf 850 Personen. Lokal ist die Szene vor allem auf Leipzig und Dresden begrenzt. In den Großstädten werden drei Viertel aller Straftaten mit linksextremem Hintergrund verübt. Dabei geht es vor allem um Sachbeschädigungen.

„Delegitimierung des Staates“

Schuster ging auch auf einen neuen Untersuchungsgegenstand des Verfassungsschutzes ein – Menschen, die den Staat systematisch verunglimpfen und das Vertrauen der Bevölkerung in ihn zu untergraben versuchen. Im Bericht heißt das „Delegitimierung des Staates“. Nach den Worten des Ministers gibt es keine Rechtfertigung dafür, den Staat in großem Stil verächtlich zu machen, Politiker zu diffamieren, krudeste Verschwörungstheorien zu verbreiten und sich zum Handlanger von Rechtsextremisten und Reichsbürgern machen. Diese Entwicklung sei besorgniserregend. (dpa, iQ)