Österreich

Muslim-Contemporary: Kunst statt Klischee

Das „Kunstfestival Muslim*Contemporary“ in Österreich, das erstmals stattfindet und von der Fotografin und Konzeptkünstlerin Asma Aiad kuratiert wird, öffnet ab heute ihre Türen für die Besucher.

08
11
2021
Muslim-Contemporary: Kunst statt Klischee (c)Facebook, bearbeitet by iQ
Muslim-Contemporary: Kunst statt Klischee (c)Facebook, bearbeitet by iQ

Asma Aiad ist Künstlerin geworden, weil sie sich gewehrt hat. Gegen die immergleichen Bilder, die Medien veröffentlichen, wenn sie über Integration berichten: die der Frau mit Kopftuch, oft mit traurigem Blick, von hinten oder ganz in schwarz gekleidet. Sie hat gezielt Redaktionen angeschrieben und die stereotype Darstellung kritisiert. Und schließlich selbst begonnen, Bilder zu fotografieren, in denen sich muslimisch „gelesene“ Menschen so divers zeigen, wie sie sind, um dadurch mit Klischees zu brechen.

Selbstbild statt Fremdbild

Musliminnen und Muslimen einen Raum zu geben, in dem sie ihre Alltagsrealitäten näherbringen und einen Diskurs darüber schaffen ist das Ziel des „Kunstfestivals Muslim*Contemporary“, das erstmals stattfindet und von der Fotografin und Konzeptkünstlerin Aiad kuratiert wird.

„Wir möchten weg von den Stereotypen: von den exotisierenden, orientalistisch dargestellten Bildern von muslimisch gelesenen Menschen“, so die Kuratorin gegenüber Medien. Die Themen Identität, Rassismus, Aktivismus und Zugehörigkeit spielen dabei eine große Rolle.

Kunst als Sprachrohr

Auf dem Programm stehen unter anderem ein zeitgenössisches Remake der Ringparabel von Lessing durch den Verein „Ein Stück Theater“, Workshops zum Umgang mit antimuslimischem Rassismus (mit der Dokustelle Islamfeindlichkeit und Dudu Kücükgöl) sowie einer mit dem Titel „Meme the Pain Away mit Ibiza Austrian Memes“, geleitet von Anahita Neghabat.

Außerdem können Interessierte eine Lesung von Ozan Zakariya Keskinkılıçs Buch „Muslimaniac. Die Karriere eines Feindbildes“, ein Konzert des Duos EsRAP und eine Ausstellung (u.a. mit Werken von Esma Bosnjakovic, Calimaat, Neda Hosseinyar) besuchen. So divers wie das Programm sind auch die Kunstschaffenden hinter dem Programm. Alle haben sie unterschiedliche Geschichten zu erzählen, alle setzen sich in ihrer eigenen Art damit auseinander, was es bedeutet, in der österreichischen weißen Mehrheitsgesellschaft muslimisch zu sein und wollen damit ein differenzierteres Bild zeigen, als jenes, mit dem sie so oft ungewollt dargestellt werden.

Dialog im Mittelpunkt

„Uns ist wichtig zu zeigen: Kunst ist nicht nur weiß. Kunst ist für sehr viele Menschen da. Auch muslimisch „gelesene“ Menschen leisten einen wichtigen Beitrag für die Kunst und Kultur in diesem Land“, so Aiad weiter. Auch der Politikwissenschafter und Lyriker Ozan Zakariya Keskinkılıç greift diese Problematik auf, indem er den Begriff des „poetischen Islam“ in den Vordergrund stellt. Für Aiad sei Kunst ein Weg, Identität auszudrücken, neue Diskurse zu schaffen, zu lernen und zu verlernen und damit im Endeffekt auch die Gesellschaft zu verändern. „Dafür muss die Gesellschaft aber auch bereit sein“, so die Kuratorin.

Mit der Veranstaltung „Muslim*Contemporary“ sollen nicht nur gesellschaftliche Strukturen und die Herausforderungen für Musliminnen und Muslime in ihrem Alltag sichtbar und angreifbar, sondern auch die Kunst zugänglicher gemacht und aktiv Raum für Dialog geschaffen werden. Eine regelmäßige Fortsetzung des Kunstfestivals sei für Aiad vorstellbar.

Leserkommentare

Vera sagt:
Auf dem abgebildeten Plakat sehe ich leider nur wieder eine stereotype Darstellung mit leicht verschobenem Kopftuch. Wo soll da bitte eine echte muslimische Diversität mit Quantensprung in die Zukunft erkennbar sein? Wo sind oder waren auf dem Kunstfestival auch queere Künstler (m/w/d) zu finden? Ein eigener Bereich mit künstlerischen Islam-Karikaturen fehlte definitiv. Waren auch aufgeschlossene Imame und akzeptierte Imaminnen zu Gast? Oder hätte das dann doch zu avantgardistische und zu diverse Züge, die nicht kuratiert werden konnten? Klischees aufbrechen - wunderbar. Warum dann nur über Islamophobie singen mit Halal Cocktails - über Homophobie aber nicht? Dudu Kücükgöl darf einen Workshop über Redefreiheit abhalten. Hamed-Abdel Samad dagegen darf gar nichts. Antimuslimischer Rassismus wird als Herausforderung an die Mehrheitsgesellschaft dargestellt - und der Islam als zentrales Feindbild der Gesellschaft. Wo bleibt da eine Darstellung des radikalen und fundamentalistischen Islam als große Gefahr für eine freie Gesellschaft?
09.11.21
1:18