Beamtengesetz

Das denken Muslime über das Kopftuchverbot für Musliminnen

An dem Kopftuchverbot, das mit dem neuen Beamtengesetz einhergeht, gibt es viel Kritik. IslamiQ hat Muslime nach Ihrer Meinung gefragt.

08
05
2021
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Symbolbild: Muslimin mit Kopftuch am Arbeitsplatz© Shutterstock

Musliminnen sind empört. Der Bundesrat hat für das neue Beamtengesetz gestimmt. Muslime kritisieren das neue Gesetz, da es ein flächendeckendes Kopftuchverbot für Beamtinnen mit sich bringen könnte. IslamiQ hat Muslime gefragt, was sie von diesem Urteil halten. Muslime sind demnach enttäuscht, geschockt und besorglich.

Das „rückständige und menschenverachtende“ Urteil sei ein „absoluter Rückschritt für die Bundesregierung“ und als „Schritt gegen die Pluralität“. „Ich bin enttäuscht. Mehrfach. zum einen, weil dagegen nur schwerlich und spät angetreten wurde und zum anderen, dass Deutschland aus seinen demokratischen und weltoffenen Anschauungen einbüßt.“, lautet ein Kommentar.

„Angst um mein Dasein in Deutschland“

„Ich bin eine Frau und niemand darf entscheiden, wie ich mich zu kleiden habe. Ich selber bestimme was ich tragen will und was nicht.“, heißt es seitens einer IslamiQ-Followerin. Von einer anderen heißt es: „Ich kriege wieder Angst um mein Dasein in Deutschland!“ Einige finden es unglaublich, dass die Politik in einer globalen Pandemie Zeit für so einen „Mist“ findet. 

Weitere Kommentare wie „Zwang im Glauben? Sie zwingen sie das Kopftuch abzulegen.“ oder „Darf ich jetzt als Christin Kopftuch tragen? Das ist dann ein Modeaccessoire? Man behält doch seine Religion, egal was man trägt.“ zeigen, wie kontrovers dieses Urteil im Grunde für Muslime ist. Zudem würden dadurch Karriere und Erfolg verhindert. Eine gab an, sie wolle auf ihr Vorbereitungsdienst verzichten und sich nun neu orientieren, eine andere habe aufgegeben Lehrerin zu werden. Es nehme Musliminnen die Freiheit und schiebe sie in die „2. Klasse“.

„Bundesregierung sollte Religionsfreiheit verteidigen“

Dieses Gesetz schränke die Religionsfreiheit ein und diskriminiere wieder einmal muslimische Frauen auf dem Arbeitsmarkt, kritisiert Christine Buchholz, religionspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Die Linke hat als einzige Partei im Bundestag und in den Ländern sich für ein Nein zu diesem Gesetz ausgesprochen. CDU/CSU und SPD könnten nicht erklären, warum ein Gesetz, das Nazi-Tattoos und verfassungswidrige Symbole verbieten soll, gleichzeitig die Möglichkeit enthalte, ein Verbot von Kopftuch, Kippa oder Kreuz für Beamtinnen und Beamte durchzusetzen, so Buchholz weiter. „In der Realität trifft dies vor allem muslimische Frauen.“

Statt mit dem Gesetz das Vorurteil zu nähren, erkennbar muslimische Frauen seien nicht in der Lage, die staatliche Neutralität auszuüben, solle die Bundesregierung das individuelle Recht auf Religionsfreiheit verteidigen. Damit leiste sie Rassismus und Diskriminierung Vorschub.

„Gesetz bietet Grundlage für Kopftuchverbot“

Die Integrationsbeauftragte Katarina Niewiedzial, kritisiert das Urteil in einer Pressemitteilung ähnlich. „Das Gesetz bietet die Grundlage für ein weitreichendes Kopftuchverbot und setzt das falsche Signal! Damit sind gerade muslimische Frauen von möglichen Beschränkungen betroffen. Sie können dann ihren Beruf nicht frei ausüben oder erhalten erst gar keinen Zugang.“ Beamtinnen mit oder ohne Kopftuch würden den Eid auf die Verfassung leisten, sich selbst verpflichten und hätten entsprechend zu handeln. Es müsse darum gehen, den öffentlichen Dienst auf die Vielfalt der Gesellschaft auszurichten und neue Bilder möglich zu machen.

Die Frauenvorsitzende der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş, Aynur Handan Yazıcı, äußert sich dazu wie folgt: „Die heute vom Bundesrat beschlossene Änderung des Beamtengesetzes sendet Millionen muslimischen Frauen das Signal, dass sie in Deutschland unerwünscht sind. Mehr Schaden kann die Politik kaum anrichten. Wir als muslimische Frauen setzen uns weiterhin für Chancengleichheit und Partizipation ein. Mehr denn je.“

Leserkommentare

Vera Praunheim sagt:
Die hier zum Schluß genannten Millionen muslimischer Frauen sollten sich besser - mehr denn je - jetzt und weiterhin für das Lebensrecht verfolgter homosexueller Menschen und LGBTIQ-Menschen einsetzen, die im Namen des Islam und nach Schariarecht verurteilt und auf schrecklichste Weise hingerichtet werden. Das wäre ein richtiges und wichtiges Signal. Viel wichtiger als sich ständig verbissen und vehement mit dem Thema islamische Kopfverhüllung im Kreise zu drehen und sich zu echauffieren, wenn es nicht immer nach dem eigenen uneinsichtigen Kopf geht. Der öffentliche Dienst braucht keine neuen Bilder mit eigenwillig vermummten Kopftuchträgerinnen islamischer Couleur im Beamtentum Das individuelle Recht auf Religionsfreiheit darf nicht missbraucht werden für islamische Kopftuch- Religionspropaganda im staatlichen Personalkörper. Empörung ist wirklich bei den islamisch angeordneten Hinrichtungen angebracht, die ich eingangs erwähnte. Und nicht wegen religiös begründeten Kopftuch-Schwärmereien, die vor allem im öffentlichen Dienst mehr als irritierend und befremdlich wirken und zwiespältige Signale aussenden. Wie wäre es zudem mit einer anderen Befragung? Thema: Das denken Nicht-Muslime über islamische Hinrichtungen von Nicht-Heterosexuellen. Mit detaillierter Aufklärung über die verschiedenen grausamen Tötungsvarianten im Namen des Islam, die es Gott-sei-Dank nicht oder noch nicht in Europa gibt.
09.05.21
0:15
Bea McL sagt:
Ich verstehe die Aufregung nicht, denn privat kann jede/r nach eigenem Gusto rumlaufen. Egal ob Kippa, Kopftuch, Kreuz oder Tatoo. Religionen gehören ins Private und nicht in öffentliche/staatliche Dienste. Punkt
09.05.21
12:20
Inferno temaS sagt:
Vera Praunheim versuch wieder Ausgrenzung zu legitimieren und argumentiert nicht Inhaltsbezogen und leider sinnfrei. Ein Unrecht wird nicht durch ein anderes Unrecht legitimiert. Oder soll ich dich als Vertreter des zivilisierten Abendlandes verantwortlich machen für Millionen von Toten und den heute immernoch anhalten Konsequenzen des Kolonialismus. Oder die Waffenexporte in Kriegsgebiete. Oder der wirtschaftliche Handel in Ländern wie China. Apropo China, interessiert dich der verübte Genozid an Muslimen oder passt dies nicht in dein ideologisches Weltbild? Oder ist der Einsatz für Andersartigkeit nur dann vorhanden, wenn es dem eigenen Weltbild passt? Oder wirst du die Existenz von diesen Lagern einfach ignorieren? Der Hijab ist ein gelebter Bestandteil des Islam ( allein ein offener Blick um dich herum zeigt dir dies doch, ansonsten könntest du dich ja nicht aufregen, weil du nicht wüsstest, das Frauen mit Hijab existieren) - die Religionsfreiheit wird daran gemessen, ob man die Religion überall ausleben kann. Wüsstest du was Toleranz bedeutet , würdest du ein wenig "Identity-Swiching" betreiben und dich in die Lage der betroffenen Frauen versetzen. Da dies aber zur Folge hätte, dass du dein ideologisches Konstrukt hinterfragen müsstest, bist du natürlich dazu nicht bereit. Mutlos, argumentationslos und einfach nur Mitleidserregend. ich habe Mitleid mit dir. Es ist sehr schade, ich würde gerne mit dir inhaltlich debattieren. Vorausgesetzt du wärst wirklich interessiert an Fakten und Realitäten- und nicht ideologisch und Wahrheitsverzerrend.
09.05.21
14:00
Johannes Disch sagt:
@Inferno... (09.05.21, 14:00) Der Hijab ist kein essentieller Bestandteil des Islam. Man muss kein Kopftuch tragen, um eine gläubige Muslimin zu sein. Das Kopftuch wird nicht per se verboten. Nach Dienstschluss können es Kopftuch-Fans gern wieder aufsetzen.
10.05.21
17:39
stratmann sagt:
Bei einer großen Diskussion (ein Mann von „Deutscher Welle“ moderierte) sagte eine offizielle Vertreterin der Deutschen Islam Akademie vom Podium herab: Der Koran steht selbstverständlich über dem Grundgesetz und hat vor diesem Vorrang. Ich verstehe diese Position. Doch man möge dann auch verstehen, dass kopftuchtragende Richterinnen pausenlos Befangenheitsanträge produzieren. In derselben Veranstaltung wies ich darauf hin, dass oft Schülerinnen von Mitschülern drangsaliert würden, Kopftuch zu tragen. Der Moderator reagierte auf meinen Hinweis mit der Bemerkung, dass die vielen anwesenden Imame heftig den Kopf schüttelten. Ich wollte meinen Hinweis nicht so abwürgen lassen, erhob mich und wollte konkret Ross und Reiter nennen, durfte aber nicht. Ich wäre froh gewesen, wenn die (sonst durchaus sympathische) Vertreterin von Deutsche Islam Akademie mir beigesprungen wäre und noch einmal das Wort ermöglicht hätte. Wenn ich früher in der Odenwaldschule oder in Synoden Missbrauchsfälle thematisiert hätte, hätte man natürlich dasselbe empörte Kopfschütteln gesehen, was der Moderator der „Deutschen Welle“ bei den Imamen sah.
10.05.21
22:15
Vera Praunheim sagt:
Der Inferno temaS-Redner (Höllen-Themen-Redner) möchte (angeblich) sinnvoll und inhaltsbezogen argumentieren. Kolonialismus und Waffenhandel sind eigene, große & wichtige Themen und stehen hier - beim Thema Beamtengesetz in Deutschland - jedoch nicht wirklich zur Debatte. Auch China ist für sich ein großer Themenkomplex. Chinesische Menschenrechtsverstöße und Verbrechen benötigen eine eigene Erörterung und selbstverständlich ist diesbezüglich die Antwort der Welt bisher leider nur ungenügend und viel zu schwach. Der Hijab ist ein arabisch-islamischer Begriff, der verschiedene Bedeutungen umfassen kann. speziell auch in Gestalt einer Verschleierung. Soll wirlich überall die von manchen gewünschte islamische Verschleierung überall - auch im öffentlichen Dienst - flächendeckend und missionierend ausgelebt werden können? Welche Folgeerscheinungen oder Konsequenzen könnte das noch nach sich ziehen? Die deutsche Beamtenschaft - falls das Wort "deutsch" überhaupt noch verwendet werden darf, obwohl wir hier in Deutschland sind - ist kein islamischer Ableger aus dem saudi-arabischen Mekka und wird auch nicht von dort inspiriert oder gesteuert. Religionsfreiheit geht ganz anders. Islamisch konstruierte Weltbilder werden besonders in Europa zu Recht hinterfragt und bei Bedarf zu Recht kritisiert bzw. auch nicht akzeptiert. Wenn z.B. ein Anhänger des Christentums in Europa davon erfahren würde, daß in anderen Ländern Menschen einer verfolgten Minderheit von sich christlich nennenden Polit-Herrschern & Christentums-Autoritäten wegen ihrer Identität auf schrecklichste Weise zum Tode verurteilt werden, müßte dann nicht ein wahrer Christ aufstehen und gegen diese grausamen Verbrecher-Autoritäten heftigst protestieren und sich widersetzen? Wenn diese - im Namen der eigenen Religion - ihre Verurteilten öffentlich an Kränen hochziehen und langsam erdrosseln lassen oder von hohen Gebäuden in die Tiefe stürzen lassen bis deren Körper am Boden zerschmettert aufklatschen. Sollte das dann wirklich aus Toleranzgünden hingenommen werden? Und sollte dann stattdessen z.B. lieber ständig öffentlich verlangt werden, dass jeder/jede - als Zeichen von Religionsfreiheit - immer und überall ein göttlich-weisses Taufkleid tragen kann - auch im öffentlichen Dienst? Wäre ein solcher Keiderwunsch denn so wichtig um ständig davon zu reden, während die gleichzeitig ablaufenden grauenhaften Hinrichtungen im Namen der eigenen Religionszugehörigkeit überhaupt nicht erwähnt werden? Sollte ein solches Agieren und Wegschauen religiös wirklich in Ordnung sein? Meine Antwort lautet: Niemals!
12.05.21
2:10