Beamtengesetz

Kopftuchverbot für Beamtinnen steht unter Kritik

Die Bundesregierung arbeitet an einem neuen Gesetz, das ein flächendeckendes Kopftuchverbot für Beamtinnen mit sich bringen könnte. Muslime kritisieren diesen Vorstoß und starten Petitionen.

04
05
2021
Kopftuchverbot für Beamtinnen
Kopftuchverbot für steht unter Kritik @ shutterstock, bearbeitet by iQ

Die Bundesregierung arbeitet an einem neuen Gesetz, das ein flächendeckendes Kopftuchverbot für Beamtinnen mit sich bringen könnte. Auf den ersten Blick geht es in dem Gesetzesentwurf zur Regelung des Erscheinungsbildes von Beamtinnen und Beamten, um tätowierte Polizeibeamte oder gepiercte Soldaten, doch sollen auch religiöse Kleidungen verboten werden, berichtet das „Migazin“.

Laut dem Entwurf müssen Beamtinnen und Beamte hinsichtlich ihres Erscheinungsbildes Rücksicht, auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen, nehmen. „Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können von der obersten Dienstbehörde eingeschränkt oder untersagt werden“, heißt es Gesetzesentwurf der Bundesregierung.

Regelung des äußeren Erscheinungsbildes

Auf Anfrage von IslamiQ hat die Bundesfraktion der SPD ein Statement zu der bevorstehenden Wahl der Gesetzesänderung gegeben. Wie von der Rechtsprechung gefordert, werde laut der SPD mit dem Beamtengesetz die bereits bestehende Praxis in Bund und Ländern, das Erscheinungsbild der Beamtinnen und Beamten zu regeln, auf eine neue –  gesetzliche –  Grundlage gestellt. Hierdurch könne insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert.

„Uns ist dabei wichtig klarzustellen, dass durch die Ermächtigungsgrundlagen in § 61 Absatz 2 BBG und § 34 Absatz 2 BeamtStG aus unserer Sicht keine Änderungen bezüglich der Rechtslage zum Thema „allgemeines Kopftuchverbot“ herbeigeführt werden. Es geht um eine Konkretisierung zur Regelung des äußeren Erscheinungsbildes.  Entsprechende Regelungen müssen sich auch künftig an die strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts halten, wonach eine Einschränkung oder Untersagung zum Beispiel von Merkmalen des Erscheinungsbildes, die religiös oder weltanschaulich konnotiert sind, nur unter engen Voraussetzungen zulässig ist. Diese Merkmale müssten objektiv geeignet sein, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen“, so die Pressereferentin der SPD-Bundestagsfraktion Laila Abdallah. Alle anderen Bundestagsfraktionen ließen die Anfrage unbeantwortet.

Muslime starten Petition zum Kopftuchverbot

Die Studentin Rabia Küçükşahin hat eine Petition auf change.org gegen das neue Gesetzesentwurf gestartet. Die Beamtenschaft müsse laut der Studentin in einer pluralistischen Demokratie die Vielfalt der Bevölkerung widerspiegeln. Dies fordere auch der Deutsche Beamtenbund seit Jahren. Das Gesetz würde ermöglichen, Anwärter:innen wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft und der Ausdruck dessen durch Bart oder Kopfbedeckung den Zugang zum Beamtenstatus zu verbieten. „Eine solche Diskriminierung ist Wasser auf die Mühlen derjenigen, die seit Jahren eine ausgrenzende Politik betreiben“, so Küçükşahin.

„Ich halte es für höchst problematisch, wenn nun aus Anlass eines Bundesverwaltungsgerichtsurteils in einem Gesetz eine Gleichsetzung von rechtsextremen verfassungsfeindlichen Symbolen mit religiösen Symbolen wie Turban, Kippa, Kopftuch oder dem Habit einer katholischen Ordensfrau stattfindet“, so Küçükşahin abschließend.

Auch die Rechtsanwältin Tuğba Uyanık hat eine Petition gestartet. „Ein solches Gesetz ist verfassungswidrig, weil es unverhältnismäßig die Religions- und Berufsfreiheit von muslimischen Frauen mit Kopftuch einschränkt. Auch werden Frauen aufgrund ihres Geschlechtes ohne sachlichen Grund diskriminiert, sodass es gegen das Gleichbehandlungsgebot verstößt. Die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes ist letztendlich fraglich, da es bisher einzelnen Bundesländern vorbehalten blieb, etwaige „Neutralitätsgesetze“ zu verabschieden“, so die Rechtsanwältin.

Leserkommentare

Vera Praunheim sagt:
Ob die hier von den beiden Frauen kritisierten Gesetze verfassungswidrig sind oder nicht, das wird letztlich von höchsten Verfassungsgerichten entschieden und natürlich nicht von einer prozessfreudigen Anwältin und einer aktivistischen Studentin, welche sich vor allem intensiv für islamisch konnotierte Interessen engagieren und dafür öffentlich streiten. Beim Beamtentum in Deutschland gelten andere Maßstäbe und Konnotationen als im islamischen Mekka und Medina mit ihren straff geführten Regierungsbediensteten und Prophetenmoscheen. Die Beamtenschaft wird in Europa nicht schleichend unter Scharia-Recht mit entsprechenden Kleiderordnungen gestellt. Eine islamisierende Gesellschaftsveränderung wird hier weder staatlich gefördert noch befürwortet. Entsprechende Propaganda-Versuche werden ins Leere laufen. Das umstrittene Koran-Buch ist beim Verfassungsgericht kein Grundlagen- oder Regelwerk für die Rechtsprechung. Islamisch-autoritäre Weltbild-Vorstellungen haben in Europa keine Konjunktur. Das gilt überall - nicht zuletzt beim Beamtentum.
05.05.21
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