REZENSION

Die Sache mit dem Islam

„Gottes falsche Anwälte“. So heißt das neue Buch des Theologen Mouhanad Khorchide. Es geht um den „Verrat am Islam“ und eine „Kultur der Unterwerfung“. Ali Mete hat es gelesen.

05
09
2020
Mouhanad Khorchide - Gottes falsche Anwälte
Mouhanad Khorchide - Gottes falsche Anwälte

Wenn man das Buch „Gottes falsche Anwälte“ des Münsteraner Theologen Mouhanad Khorchide in wenigen Worten zusammenfassen müsste, könnte man sagen: Ethisierung und Enttraditionalisierung des Islams. Ethisierung deshalb, weil der Autor viele Gebote entweder für heute ungültig bzw. irrelevant erklärt und sich stattdessen auf die ethische Dimension des Islams beschränkt. Enttraditionalisierung deshalb, weil er die Tradition teils ausblendet, teils für verfälscht hält und sich nur in dem selbst festgesetzten Rahmen auf den Koran bezieht.

Die Hauptthese des Buches ist eine umfassende Tahrîf-Theorie: Demnach sei der Islam nach dem Ableben des Propheten Muhammad (s) mehr oder weniger bewusst verfälscht worden. Infolgedessen seien in Lehre und Praxis „Unterwerfungsstrukturen“ entstanden. Diese bestünden bis heute fort und seien schuld an der heutigen Misere der Muslime und der islamischen Länder. Das Buch erweckt den Eindruck, als sei in der islamischen Geschichte und Lehre der Muslime so ziemlich alles falsch gelaufen. Nur ein aufgeklärter Islam könne Abhilfe schaffen.

Ich möchte in diesem Beitrag exemplarisch auf einige theologische und historische Aspekte eingehen, die mir überbetont bzw. verzerrt dargestellt erscheinen. Zudem möchte ich auf auffallende sprachliche Merkmale aufmerksam machen. Beginnen wir mit dem Letzteren.

In Gegensätzen denken

Wie schon in seinen vorherigen Büchern, verwendet Khorchide bewusst eine populäre Sprache, um mehr Leser zu erreichen. Das ist nachvollziehbar. Doch darüber hinaus ist die Sprache bestimmt von Dichotomien, unterstützt von tendenziösen Schlagwörtern.

Ein Merkmal des Denkens und der Sprache des Autors sind Gegensätze. In diesem Buch sind es z. B.: Gehorsam vs. Freiheit, barmherzig vs. restriktiv, Gebot vs. Ethik, konservativ vs. aufgeklärt, Argument vs. Zwang, Liebesbeziehung vs. Unterwerfungsbeziehung. Für das Ausloten von Positionen und Gedanken sind Dichotomien geeignet. Problematisch ist es, wenn es dabei bleibt. Denn das erschwert es, eine dritte oder vierte Position miteinzubeziehen. Im Buch entsteht der Eindruck als könne es nur einen aufgeklärten oder einen restriktiven Islam geben, Gott könne nur autoritär oder barmherzig sein, und ein gläubiger Mensch könne entweder Gebote befolgen oder ethisch handeln. Alles, was dazwischen ist, bleibt ausgeblendet. Dabei ist doch gerade dieses Dazwischen das Reale, Menschliche.

Ein Beispiel hierfür ist das von Khorchide entwickelte Gottesverständnis. Zum einen ist hier eine Dichotomie zu erkennen: Entweder glaubt man an einen restriktiven oder an einen barmherzigen Gott. Beides wird quasi absolut gesetzt. Zum anderen wird der Schöpfer und sein Geschöpf fast auf eine Stufe gestellt, was in Richtung „Vermenschlichung“ Gottes geht. Natürlich ist Allah, der Barmherzige, Gnädige, Vergebende usw., der dem Menschen näher ist als seine Halsschlagader, wie es im Koran heißt. Das bedeutet aber nicht, dass er in eine „Gemeinschaft“ mit seinen Geschöpfen tritt oder sogar treten muss.

Gewalt, Manipulation und Macht

Vielmehr ist das Verhältnis des Muslims zu Gott als eines zwischen „Hawf“ und „Radscha“, also zwischen Furcht und Hoffnung. So wird in der Sure Isrâ von denen gesprochen, die „auf Gottes Barmherzigkeit hoffen und seine Bestrafung fürchten.“ Dies ist dem Gelehrten Ibn Arabi so wichtig, dass er in seinem „Futuhât“ den Gläubigen als jenen bezeichnet, dessen Hoffnung und Furcht ausgeglichen sind. Dieses ausgewogene Verhältnis ist ebenso für Gazâli zentral. Im „Ihyâ“ beantwortet er die Frage, was wichtiger ist, Hoffnung oder Furcht, mit einer Gegenfrage: „Was ist wichtiger, Brot oder Wasser?“.

Die dichotome Sprache des Buches wird unterstützt durch tendenziöse Schlagwörter, die den ganzen Text durchziehen. So ist die Rede von „Herrschern“ und „Machthabern“ – nicht etwa von „Regierenden“ oder „Staatsführern –, die fast immer „autoritär“ oder „restriktiv“ sind, während ihr Gegenpart durchweg „kritisch“, „aufgeklärt“ oder „liberal“. Worum es in dem Buch geht, verdeutlicht nicht zuletzt auch die Häufigkeit bestimmter Wörter: In verschiedenen Variationen kommt „Gewalt“ 46 mal, „Manipulation“ 70 mal und „Macht“ 140 mal vor. Alles in allem findet man also eine sehr deutliche, aber deshalb auch sehr drastische und tendenziöse Sprache vor.

Geschichte des Islams – Macht, Macht, Macht!?

Im ersten Kapitel geht es um politisch-religiöse Macht. Es wird beschrieben, wie nach dem Ableben des Propheten innerarabische Stammesrivalitäten, aber auch die Adaptation sassanidischer, der islamischen Lehre widersprechender Herrschaftsvorstellungen, nach und nach zur Errichtung einer Erbmonarchie geführt haben. Hierhin spielt der Prophetengefährte Muâwiya eine unheilvolle Rolle. Dies sind, aus meiner Sicht, schmerzliche Erfahrungen, die Teil des kollektiven Gedächtnisses der Muslime sind. Heute gilt es selbstkritisch zu fragen, ob und was Muslime aus diesen Erfahrungen gelernt haben.

Der Autor geht aber weiter. Ihm zufolge haben die nachprophetischen Entwicklungen eine Gesellschaft und Theologie, ja eine „Kultur der Unterwerfung“, entstehen lassen, die über die Jahrhunderte bis heute bestehe. Muslime seien darin gefangen und reproduzierten sie sogar, oft ohne zu wissen, dass sie nicht frei sind.

Richtig hieran ist, dass die Politik – Khorchide bevorzugt die Bezeichnung „autoritäre Machthaber“ –, oft versucht, Einfluss auf Religionsgemeinschaften und deren religiöse Lehren zu nehmen. Früher wie heute. Die abbasidischen und umayyadischen Herrscher nutzten lediglich andere Mittel als heutige Regierungen. Eine religiöse Sprache und theologische Argumente waren und sind hierbei besonders beliebt. Übrigens gilt das nicht nur für Länder der islamischen Welt, sondern auch für säkulare Staaten, die direkt oder über Umwege eine bestimmte Lesart des Islams fördern. Nüchtern betrachtet, ist die dramatische und Jahrhunderte islamischer Geschichte ausblendende Darstellung des „Verrats am Islam“ relativ zu sehen, wenn nicht selbst als Verzerrung zurückzuweisen.

Zurecht wird auch festgestellt, dass die Bezeichnung des Gemeinwesens in Medina als „Staat“ irreführend und eine unzulässige Rückprojizierung eines modernen Konzepts sei. Allerdings ist es nunmal so, dass der Prophet vor allem in Medina viele Positionen in sich vereinte. Vermutlich war die Nachfolge auch deshalb so strittig, übernimmt der Kalif doch alle Ämter außer der Prophetenschaft.

Jedoch war es in der damaligen Zeit unmöglich und auch unnötig, „Staat“ und Religion zu trennen, wie es heute in säkularen Staaten, mit verschiedenen Staat-Religion-Beziehungsmodellen, der Fall ist. Der Prophet kann, um einen aktuellen Begriff zu benutzen, nicht nachträglich „entpolitisiert“ werden. Es ist historisch unrealistisch und theologisch nicht haltbar, dass der Gesandte Gottes, wie Khorchide meint, bloß Verkünder der Botschaft gewesen sei, und ansonsten keinen Einfluss auf die Gemeinde gehabt habe. Dabei war er doch die zentrale Figur, vor allem nach dem Abkommen von Medina. Was mit dieser zentralen Sonderstellung des Propheten in späteren Zeiten legitimiert wurde, ist eine andere Frage.

Seltsam klingt in diesem Zusammenhang zudem, wenn der Autor anscheinend demokratische Wahlen im siebten Jahrhundert erwartet. So etwa, wenn er feststellt, dass nur einige wenige in die Wahl Abû Bakrs einbezogen und „alle anderen Muslime“ nicht gefragt wurden, oder bei Muâwiya eine fehlende „Legitimation durch das Volk“ vermisst.

Das Unerwähnte

Was in diesem Kontext deutlich zu kurz kommt, sind die Gegenstimmen und -bewegungen, vor allem aus theologischer Sicht. Zum Beispiel weigerte sich Abû Hanîfa, auf den die heute weit verbreitete hanafitische Rechtsschule zurückgeführt wird, zeitlebens, in den Staatsdienst einzutreten. Er wurde festgenommen und gefoltert. Ahmad ibn Hanbal, „Begründer“ der hanbalitischen Rechtsschule und zentrale Referenz der Salafiyya, wurde wegen seines öffentlichen Widerspruchs gegen die vorherrschende Meinung der Mutazila über den Koran eingekerkert. Und auch die beiden anderen Imame der vier bekannten Rechtsschulen, Imam Schafiî und Imam Mâlik, standen im Konflikt mit den Regierenden.

Ebenso bleibt unerwähnt, dass die nachprophetischen Jahrhunderte die Zeit waren, in der Kunst, Kultur und Wissenschaft gefördert wurden und einen immensen Aufschwung erlebten. Diese beiden Aspekte entkräften die Fixierung auf das vom Autor eingebrachte, unterworfene Objektsein der muslimischen Untertanen. Ohne diese Aspekte bekommt der Leser den Eindruck als würde die muslimische Bevölkerung – damals wie heute –, weil sie ja nicht eigenständig denkende und handelnde Subjekte seien, alles über sich ergehen lassen.

Zwischenfazit: Die theologisch-politischen Diskussionen nach dem Ableben des Propheten Muhammad (s) haben sicherlich Spuren hinterlassen und teilweise Weichen gelegt. Aber eine direkte Linie von der nachprophetischen Zeit bis in die Gegenwart zu ziehen und zu folgern, dass „ein Großteil dessen, was wir Muslime heute als islamisch bezeichnen, lediglich Produkt eines politischen Missbrauchs“ sei, ist nicht haltbar. Deshalb hat sich bisher auch kein Wissenschaftler von Rang gemeldet, der diese These mitträgt. Übrigens kritisiert der Autor an anderer Stelle genau diese epochenüberspringende Sichtweise, wenn er schreibt: „Der postsalafistische Islamist versucht einen roten Faden zu ziehen vom einstigen Kolonialismus zu der heutigen Lage der Muslime in der Welt.“

Mehr als ein historischer Klacks: Kolonialismus

Manchmal ist das Verschwiegene wichtiger als das Gesagte. Vor allem, wenn es zu einer verzerrten Sichtweise des Sachverhaltes führt. So sieht der Autor in der „Rhetorik des Kolonialismus“ bzw. Postkolonialismus eine Ausrede, die von Muslimen oder dem „politischen Islam“ vorgebracht werde, um die Schuld bei anderen zu suchen und nicht bei sich selbst. Doch Kolonialismus als Mittel der Schuldzuweisung zu betrachten, ohne die breit belegten und wissenschaftlich erforschten, immensen Folgen für die kolonisierten Länder auch nur zu erwähnen, ist irreführend. Andere haben die Folgen von Kolonialismus und Dekolonisation zutreffend erkannt, weshalb z. B. langsam eine sehr selbstkritische Beschäftigung mit der kolonialen Vergangenheit Deutschlands begonnen hat, und zwar aus der Mitte der Gesellschaft und Forschung.

Ein anderes Beispiel für das Auslassen relevanter Informationen betrifft die Selbstverortung des Korans. Dieser versteht sich als Fortsetzung der göttlichen Offenbarung, also als Bestätigung von Thora und Evangelium. Wenn man das so versteht, sind Sätze wie „Mohammed sah seine Verkündigung in einer Linie mit dem Judentum und dem Christentum“ folgerichtig. Der Koran ist allerdings nicht nur Bestätigung, sondern auch Korrektur der vorherigen Offenbarungen. Er bestätigt nicht „das Christentum“ und „das Judentum“, sondern nur jene Teile davon, die im Laufe der Zeit nicht verändert wurden.

Klassische Gelehrte als Referenz

Obwohl der Autor die islamische Geschichte als eine Art strukturellen Machtmissbrauch zu sehen scheint, versucht er an verschiedenen Stellen, seine Positionen durch Zitate und Verweise auf anerkannte, klassische Gelehrte zu untermauern. Dass dies aber nicht gründlich gemacht wurde, zeigt ein Beispiel von Tragweite, geht es doch immerhin um Himmel und Hölle. Khorchide meint, dass Gazâli, einer der zentralen klassischen Gelehrten, die „koranischen Bilder von Paradies und Hölle nur metaphorisch und nicht wortwörtlich“ verstanden habe.

Hier scheint eine Verwechslung vorzuliegen. Gazâli war der Meinung, dass die Höllenstrafen nicht figurativ oder metaphorisch zu verstehen sind, sondern körperlich. Himmel und Hölle metaphorisch zu deuten, bezeichnet Gazâli am Ende seines bekannten Werkes „Tahâfut al-Falâsifa“ sogar als Unglauben. Gazâli behauptet also das Gegenteil dessen, was ihm der Autor zuschreibt. Der Grund der Verwechselung ist vermutlich, dass, wie man an den Fußnoten dieses Passus erkennt, nicht die arabischen Originalquellen genutzt wurden, sondern deutsche Übersetzungen.

Weitere problematische Positionen

Auch in der Frage, ob Frauen „Imaminnen“ sein können, beruft sich Khorchide, nachdem er Muslimen vorgeworfen hat, ihr eigenes Erbe nicht zu kennen, auf Gelehrte, darunter Ibn Tamiyya. Dieser sehe „kein Problem darin, dass eine Frau als Imamin vor Männern betet.“ Tatsächlich ist Ibn Taymiyya dieser Meinung. Allerdings beschränkt er dies nur auf Notfälle, wenn kein geeigneter Mann vorhanden ist. Eine unerwähnte, aber wichtige Einschränkung, die ein ganz anderes Licht auf die Frage wirft.

Neben der umstrittenen Frage, ob Frauen einer gemischtgeschlechtlichen Gemeinschaft als „Imaminnen“ vorstehen können, gibt es noch eine Reihe anderer theologischer Positionen, die problematisch sind, in diesem Beitrag aber nicht behandelt werden können. Dazu zählen die Relativierung des Fastens, des Kopftuchgebotes sowie anderer religiöser Praktiken und Normen, die Ablehnung der Gültigkeit einzelner Koranverse, die recht freie, lebensberatermäßige „Exegese“ der Sure Fâtiha, die Stellung von Juden und Christen im Jenseits und die Bezeichnung der Offenbarung als unabgeschlossene Kommunikation.

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Vorausschicken möchte ich, dass ich meinen österreichischen Landsmann Mouhanad Khorchide seit jeher für einen Humanisten mit einem wirklich edlen Charakter halte. Ich finde allerdings, dass seine so genannte Koranexegese nur daraus besteht, seine eigenen aufgeklärten ethischen Ideale in den Koran hineinzuprojizieren, was oft mehr schlecht als recht gelingt. Die Herangehensweise von Mouhanad Khorchide an den Koran erinnert mich sehr an den Zugang zur Bibel, den Margot Käßmann verfolgt. In ihrer Publikation „Mütter der Bibel - 20 Portraits von Frauen unser Zeit“ macht sie aus der neutestamentarischen Lydia eine moderne Frau des 21.Jahrhunderts, der es vorbildlich gelingt, verschiedene Lebensherausforderungen in Einklang zu bringen. Tatsächlich wird die Purpurhändlerin Lydia von Philippi in der Apostelgeschichte lediglich kurz nebenbei erwähnt. Wir erfahren darin nur, dass sie den Apostel Paulus von Tarsus und seinen Begleiter Silas in ihr Haus aufnahm und sich und die Angehörigen ihres Hauses taufen ließ. Diese Art von Theologie ist wirklich nett gemeint, aber doch unredlich und bewegt sich im Reich der Fantasie. Progressive Theologen lesen generell aus den Heiligen Schriften das heraus, was gerade nicht drinsteht, sie aber dort gerne vorfinden würden.
05.09.20
18:08
Kafira sagt:
Liebe Leser, Für mich hinterlässt diese Buchbesprechung den Eindruck, der Islam sei pures Menschenwerk. Der Originalitäts-Wert des Korankommt in der Buchrezension zwar nicht vor, aber wir alle, " Gläubige " wie " Ungläubige " wissen von der Plagiaterie aus der Bibel. ----------------- " dass die nachprophetischen Jahrhunderte die Zeit waren, in der Kunst, Kultur und Wissenschaft gefördert wurden und einen immensen Aufschwung erlebten. " ( Orginal Buch-Text ) Alzu heftig wie es die Mohammedaner gerne sehen würden, war die Islamische Wissenschaft nun auch wieder nicht: In den vielen Jahrhunderten Islamischer Himmelsbeobachtung, haben die Muslims noch nicht einmal entdeckt, dass sich die Erde um die Sonne dreht -und nicht umgekehrt. Das mussten Westerse, IslamFreie Wissenschaftler ihnen erst zeigen. --------- In der Chemie wir es ähnlich, Muslims benutzten das Wort "Al Chemie " für "Die Chemie. Das war dann auch schon die einzige Muslimische Chemisch - wissenschaftliche - Gross-Tat in Jahrhunderte lange Chemie-Forschung der Muslims. Das periodische System der Elemente entdeckten die besseren, die wahren, die westerse - islam-Freie - Wissenschaftler. ------- Aber, wen der Verfasser den KopftuchFrauen das Kopftuch aus dem Kopf reden kann, dann hätte er als Lebenswerk doch noch etwas Nützliches bewirkt. Gruss, Kafira
05.09.20
22:37
Charley sagt:
Nun denn, Herr Mete, dann zeigen Sie einmal, wo zwischen den Positionen Selbstbestimmt und Fremdbestimmt eine 3te oder 4te Position ist! Sie können auch nicht "ein bisschen" schwanger sein! Auch wenn das Reale, Menschliche immer eine Mischung aus diesen Polen ist, so sind es doch diese 2 Pole, auf die sich vieles zurück führen lässt, was Sie hier anfügen! Ihre Ausführungen zum Gottesverständnis: Wenn ich "irgendetwas mit ihm zu tun haben soll", so muss es eine Schnittmenge geben. Wenn es diese nicht gibt, geht ER mich gar nichts an, es sei denn, ich habe allein (!) seine Übermacht zu fürchten. Und anders herum hat ER keinerlei (!) Bezug / innere, geistige Verwandtschaft mit mir! Warum sollte jemandem, der ihm völlig (!, d.h. KEINE Schnittmenge) fremd ist, gegenüber barmherzig sein? Sehr geehrter Herr Mete, sie haben in ihrer "Dazwischenwelt" das Problem vielleicht noch gar nicht begriffen? Sie schreiben: "Worum es in dem Buch geht, verdeutlicht nicht zuletzt auch die Häufigkeit bestimmter Wörter: In verschiedenen Variationen kommt „Gewalt“ 46 mal, „Manipulation“ 70 mal und „Macht“ 140 mal vor. Alles in allem findet man also eine sehr deutliche, aber deshalb auch sehr drastische und tendenziöse Sprache vor." Haben Sie das mal auf den Koran angewendet? Wie oft dort Liebe vorkommt? (10 mal, zumeist als Bezeichnung für verirrte Liebe.) Die Schnittmenge von Gott und Mensch ist die Kraft der Liebe. Darin sind sie völlig eines, wie der Tropfen und das Meer EINE Natur haben. Wenn Sie sich entrüsten, dass den "Verrats am Islam“ aufzeigt, so dürfen Sie sich entspannt zurück lehnen. Gleiches ließe sich für das Christentum und auch den Buddhismus zeigen, insofern sie "staatlichen Rückhalt" (oder kath. Kirche) bekommen haben. Die tatsächliche Spiritualität der Religionen lebte nicht in der Tradition, in der die Massen gehalten/gefangen sind, sondern in denjenigen, die die Spiritualität in ihrer Individualität gesucht und verwirklicht haben (s.o. "Schnittmenge Gott/Mensch"). Wenn Sie nun Individualisten im Islam anführen, die sich nicht vereinnehmen ließen von den zeitgenössischen Autoritäten, so beweist es gar nichts, wenn diese später "Schule machten". Denn einen Kritiker in eine erstickende Umarmung zu nehmen ist eine bekannte Technik. Einen Gegner/Kritiker, den man nicht vernichten kann, verzerrt man. Das machte die katholische Kirche z.B. auch mit Franziskus von Assis Erbe.
06.09.20
11:31
Umit Agbaba sagt:
Danke Herr Mete für so einen hervorragenden Beitrag! Da sieht man mal wieder was für unqualifizierte Wissenschaftler welche Stühle in Anspruch nehmen! Möge Allah sie und Ihre Familie mit dem Paradies belohnen!
07.09.20
12:14
A.F:B. sagt:
Einer der falschen Anwälte Gottes und Verräter am Islam ist zweifellos Mouhanad Khorchide selbst! Da reißt es einen geradezu vom Stuhl! Was sind die offiziellen Vertreter der Muslime in Deutschland doch für Versager! Eigentlich liegt es in der Macht der muslimischen Dachverbände, solche Personen wie Mouhanad Khorchide als Lehrstuhlinhaber zur Ausbildung von Religionslehrern abzulehnen oder sich zumindest gegen ihn auszusprechen und die von ihnen vertretenen Muslime vor seinen vom Islam abweichenden Ansichten zu warnen. Nach der Blamage mit dem Konvertiten und anschließenden Apostaten Sven Kalisch schwiegen die erwähnten Versager zu Mouhanad Khorchide und akzeptierten ihn trotz seiner unhaltbaren Ansichten. Vermutlich wollten sie keinen weiteren Eklat und keine weitere Verzögerung der Ausbildung von Religionslehrern. Aber es geht hier um unsere Religion! Ich halte es für besser, wenn die Muslime bis heute ohne Religionslehrer geblieben wären, anstatt, daß man Prof. Khorchide nachgegeben hat. Wir haben in der BRD Religionsfreiheit, und es steht jedem frei, eine neue Religion zu begründen, doch sollte er sie nicht „Islam“ nennen, da dieser Name bereits vergeben ist. Bereits als ich Khorchides Buch „Islam ist Barmherzigkeit“ las, wurde mir bewußt, daß das, was er darin vertritt, nur wenig mit meiner Religion des Islams zu tun hat. Seine weiteren Bücher habe ich nicht gelesen, da ich das für Zeitverschwendung halte und ich nicht jedesmal vor Zorn an die Decke springen oder mich vor Übelkeit übergeben möchte. Hier meine Aufforderung und Bitte an alle deutschsprachigen Muslime, die dazu qualifiziert sind, verfaßt eine Antwort auf Mouhanad Khorchides Ansichten und Darstellungen in einer Sprache, die für die Masse verständlich ist. Zeigt darin auf, daß das, was Khorchide vertritt, nicht der Islam von eineinhalb Milliarden Muslimen auf der Welt ist und auch nicht das, was aus den Primärquellen zu verstehen ist und was die großen Gelehrten im Laufe der Jahrhunderte aus ihnen verstanden haben. Das allein genügt jedoch nicht. Es bedarf einer großangelegten Medienkampagne, um dann diese Antwort auf den falschen Anwalt Gottes und Verräters am Islam bekannt zu machen. Es gibt genügend Antworten und Gegendarstellungen zu anderen Schriften, in denen der Islam entstellt und abwegige Meinungen als die richtigen hingestellt werden, die jedoch so gut wie unbekannt sind, weil sich dafür kein Verleger findet oder der Verlag keine ausreichenden Möglichkeiten oder kein Interesse hat, sie bekannt zu machen. Vielleicht bedarf es sogar eines Eklats oder irgendeiner Aktion, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit für eine solche Gegendarstellung zu gewinnen. Vergeßt nicht, daß wir gegen den Strom zu schwimmen haben! Wer heute in der westlichen Welt etwas gegen den Islam schreibt oder diese Religion ihres Inhalts zu entleeren und auf bloße Ethik zu reduzieren sucht, rennt damit offene Türen ein. Wer dagegen antreten will, muß mit sehr starken Argumenten und unwiderlegbaren Tatsachen aufwarten!
07.09.20
22:36
Johannes Disch sagt:
Der Artikel wirft nur theologische Nebelkerzen, während das Buch von Khorchide die Probleme auf den Punkt bringt. Jenseits aller theologischen Diskussion bleibt festzustellen: -- Dem Islam fehlt bis heute eine Trennung zwischen Politik und Religion. -- Die Stellung der Frau entspricht nicht westlichen Standards. -- Der Islam teilt die Welt noch immer ein in ein Dar Al Harb (Haus des Krieges) und Haus des Islam (Haus des Friedens). "Frieden" herrscht nach dieser Doktrin erst, wenn die ganze Welt zu einem "Haus des Islam" wird. Fazit: Das Buch von Khorchide benennt reale Probleme. Ali Metes Artikel verwässert diese pseudo-theologisch. Mit dem Islam ist kein Staat zu machen! Jedenfalls kein demokratisch-säkularer Staat. Wir haben es hier nicht mit theologischen Problemen zu tun, sondern mit rein praktischen. Mit dem Islam ist kein Staat zu machen! Der Islam ist unfähig, den Erfordernissen der Moderne gerecht zu werden! Und warum ist die islamische Welt so hoffnungslos hinten dran? Die Antwort lautet: Der Islam ist schuld! Ps.: "Kolonialismus" ist eine Ausrede! Die meisten islamischen Länder warenkurz oder nie besetzt. Nicht der Kolonialismus ist schuld am Hintertreffen der islamischen Welt, sondern der Islam. Zu viel Religion und zu wenig Welt-- das ist das Problem der islamischen Welt. Wie gesagt: Mit dem Islam ist kein Staat zu machen!
08.09.20
0:46
stratmann sagt:
stratmann sagt: Die Buchbesprechung ist sehr interessant und vieles sehr bedenkenswert. Zu einem Komplex der Besprechung habe ich jedoch Kritik anzumelden. Beim Thema Kolonialismus bleibt völlig unerwähnt, dass auch unter dem Islam zum Beispiel Sklavenhandel prakti ziert wurde. Eine selbstkritische Einbeziehung auch solcher dunklen Seiten vermisse ich. Und die schlim- men Spannungen und Eruptionen in Vorder-, Mittel- und Südasien haben wesentlich auch damit zu tun, dass hier der Islam mal gewaltsam und zudem in rivalisierenden Spielarten eingeführt und die vorhandenen Kul- turen einfach unterdrückt wurden. Beim Thema KOLONIALISMUS ist völlig ausgespart, dass die Osmanen ebenfalls ein riesiges Kolonialreich hatten und dass die Blüte der islamischen Wissenschaften und Kultur versiegte, als die Osmanen so viele fremden Völker unter ihre Obhut genommen hatten. Auch hier ist eine selbstkritische Auseinandersetzung mit dieser Vergangenheit überfällig. Immer wieder werden Muslime leider Opfer, und dies wird dann zurecht öffentlich angeprangert. Aber wann wird endlich ebenfalls thematisiert, was Muslime anderen Muslimen und Nichtmuslimen weltweit heute antun? Als Muslime in Deutschland for- derten, dass sich Muslime deutlich von islamischen Zwangssystemen und islamischen Terrororganisationen, die "im Namen Allahs" zu agieren vorgeben, distanzieren müssten (Parole „ Nicht mit uns!“), gab es so gut wie gar keine Reaktion der großen Islamverbände. Man tat zu Unrecht so, als habe das alles gar nichts mit Islam zu tun. Wenn Islamverbände nicht auch hier immer wieder sich deutlich von jeglichem Druck und jeglicher Gewalt distanzieren, bauen sie leider keine Ängste ab.
09.09.20
0:42
stratmann sagt:
Die Buchbesprechung ist sehr interessant und vieles sehr bedenkenswert. Ich habe jedoch einen Kritikpunkt: Beim Thema Kolonialismus bleibt völlig unerwähnt, dass auch unter dem Islam zum Beispiel Sklavenhandel prakti- ziert wurde. Eine selbstkritische Einbeziehung auch solcher dunklen Seiten vermisse ich. Und die schlimmen Spannungen und Eruptionen in Vorder-, Mittel- und Südasien haben wesentlich auch damit zu tun, dass hier der Islam mal gewaltsam und zudem in rivalisierenden Spielarten eingeführt und die vorhandenen Kulturen einfach unterdrückt wurden. Beim Thema KOLONIALISMUS ist völlig ausgespart, dass die Osmanen ebenfalls ein riesiges Kolonialreich hatten und dass die Blüte der islamischen Wissen- schaften und Kultur versiegte, als die Osmanen so viele fremden Völker unter ihre Obhut genommen hatten. Auch hier ist eine selbstkritische Auseinandersetzung mit dieser Vergangenheit überfällig. Immer wieder werden Muslime leider Opfer, und dies wird dann zurecht öffentlich angeprangert. Aber wann wird endlich ebenfalls thematisiert, was Muslime anderen Muslimen und Nichtmuslimen weltweit heute antun? Als Muslime in Deutschland forderten, dass sich Muslime deutlich von islamischen Zwangssystemen und islamischen Terrororganisationen, die "im Namen Allahs" zu agieren vorgeben, distanzieren müssten (Parole „ Nicht mit uns“), gab es so gut wie gar keine Reaktion der großen Islamverbände. Man tat zu Unrecht so, als habe das alles gar nichts mit Islam zu tun. Wenn Islamverbände nicht auch hier immer wieder sich deutlich von jeglichem Druck und jeglicher Gewalt distan- zieren, bauen sie leider keine Ängste ab.
09.09.20
18:16
Johannes Disch sagt:
Wie "stratmann" richtig feststellt, wird unterschlagen, dass auch der Islam eine imperialistische und kolonialistische Vergangenheit hat. Und auch im Sklavenhandel war man lange Zeit sehr aktiv. In der islamischen Welt gab es noch Sklaverei als sie im Westen schon lange abgeschafft war. Der Verweis auf die einst glorreiche Vergangenheit des Islam ("Islamischer Rationalismus") und seine führende Stellung in der Wissenschaft ändern nichts am aktuellen Zustand der islamischen Welt, und der ist nun mal desaströs. Darum geht es. Und um eine vorherrschend reaktionär-fundamentalistische Lesart des Islam, die in der islamischen Welt en vogue ist und den Islamverbände auch in Europa und in Deutschland etablieren wollen. Es geht um Essentials, die unverhandelbar sind und die Islam erreichen muss, will er einen Platz in Europa haben. Ob man das nun wie Bassam Tibi "Euro-Islam" nennt oder wie auch immer, das ist sekundär. -- Es geht um die Gleichstellung der Frau. -- Es geht darum, den Überlegenheitsanspruch des Islam aufzugeben. -- Es geht um den Vorrang des vernunftorientierten Wissens vor jeglicher religiöser Offenbarung. -- Es geht um die Autonomie des Individuums vor allen Ansprüchen des (religiösen) Kollektivs ("Umma"). -- Es geht darum, die Zweiteilung der Welt in ein "Dar-Al-Harb" ("Haus des Krieges") und ein "Dar-Al-Islam" ("Haus des Friedens") unwiderruflich und ohne rabulistische Pirouetten aufzugeben. Diese Zweiteilung wurde den letzten 1400 Jahren nicht hinterfragt und ist nach wie vor eine Kerndoktrin des islamischen Glaubens. -- Es muss möglich sein, den Islam abzulegen, ohne Angst um sein Leben haben zu müssen. Das ist, lieber Herr Mete, die eigentliche "Sache mit dem Islam." Um in der Moderne anzukommen hat der Islam erheblichen Reformbedarf. Und da ist Herr Khorchide wesentlich näher an des Pudels Kern als alle seine Kritiker.
10.09.20
14:31
Dilaver Çelik sagt:
Es kommt nicht darauf an, ob Mouhanad Khorchide für die - leider oft medienmanipulierte - Mehrheitsgesellschaft und Politiker tragbar ist. Es kommt darauf an, ob er in der muslimischen Community sowie in den Moscheegemeinden tragbar ist. Und da ist die Antwort eindeutig: Nein. Begründung erübrigt sich. Ob künstlich geschaffene Sektengemeinschaften wie z.B. LIB ihn befürworten, fällt da nicht ins Gewicht.
10.09.20
15:57
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