Hessen

Islamunterricht: Land beendet Kooperation mit DITIB

Hessen beendet die Zusammenarbeit mit der DITIB beim Islamunterricht. Die Zweifel an der grundsätzlichen Unabhängigkeit konnten nicht ausgeräumt werden. Die DITIB kritisiert die fehlende Kommunikation.

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04
2020
Symbolbild: Religionsunterricht, Islamunterricht, Wahlpflichtfach, IRU
Symbolbild: Islamunterricht, Wahlpflichtfach, IRU

Die hessische Landesregierung beendet beim Islamunterricht die Zusammenarbeit mit der hessischen Landesvertretung der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB). Die Zweifel an der grundsätzlichen Unabhängigkeit von DITIB hätten nicht ausgeräumt werden können, sagte Kultusminister Alexander Lorz (CDU) am Dienstag in Wiesbaden zur Begründung. Das bedeute, dass ab dem neuen Schuljahr 2020/2021 dieser Religionsunterricht bis auf Weiteres nicht mehr erteilt wird.

Hintergrund für die Prüfung der Zusammenarbeit waren Zweifel des Landes an der Unabhängigkeit von DITIB. Der Landesverband musste deshalb eine Vielzahl von Fragen zur eigenen Struktur beantworten und Unterlagen einreichen. Der Kultusminister hatte die lange andauernde Prüfung zuletzt auch damit begründet, dass das Land eine rechtssichere Entscheidung wolle. Die Religionsgemeinschaft hat bereits angekündigt, bei einem Ende der Kooperation mit dem Land beim islamischen Religionsunterricht dagegen juristisch vorzugehen.

DITIB enttäuscht über Entscheidung

In einer Pressemitteilung zeigt sich die Religionsgemeinschaft enttäuscht über die Entscheidung des Landes. „Die Entscheidung der Landesregierung, den bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht gemäß dem sunnitischen Bekenntnis der DITIB Hessen einzustellen und die Kooperationspartnerschaft in der Schulpraxis zu beenden, ist eine bedauernswerte Entscheidung“, erklärt DITIB-Landesverband Hessen. Es sei eine Entscheidung, die entgegen den Interessen der Schüler, Religionslehrer sowie muslimischen Eltern herbeigeführt worden sei. „Sie ist ein falsches und fatales Zeichen“, die die politische Partizipation und gesellschaftliche Akzeptanz der Muslime um Jahrzehnte zurückwerfe.

Zudem kritisierte der Landesverband die fehlende Kommunikation mit dem Kultusministerium. So bliebe eine Rückmeldung im Sinne einer Evaluationsmöglichkeit aus, die die DITIB mit „Blick auf mögliche neue Impulse, weitere Handlungsempfehlungen und Verbesserungen im Rahmen der eingeleiteten Strukturreformen gerne erhalten und umgesetzt hätte“, betont DITIB. Die DITIB Hessen werde zeitnah mit den beteiligten Kooperationspartnern das Gespräch suchen und „keine Mühen scheuen, den Religionsunterricht zu erhalten, um dem verfassungsgemäßen Auftrag gerecht zu werden sowie die religionspädagogischen Vorzüge für die Schüler- und Lehrerschaft zu bewahren“, heißt es abschließend in der Pressemitteilung. , so die DITIB.

Islamunterricht: Hessen startet Pilotprojekt

Als Konsequenz aus dem schwebenden Verfahren war der bisherige Islamunterricht in Hessen nur noch für Schüler bis zur Jahrgangsstufe sechs angeboten worden. Für die Schüler der Jahrgangsstufe sieben gibt es seit dem laufenden Schuljahr das neue Fach „Islamunterricht“ als sogenannter Schulversuch zunächst bis zum Ende des Schuljahres. Minister Lorz kündigte nun an, dass der laufende Schulversuch Islamunterricht im neuen Schuljahr 2020/2021 ausgebaut werden soll. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Dilaver Çelik sagt:
Da ist sie wieder, die paternalistisch bevormundende Muslim-Politik der rassistischen CDU. Wer diese Rassisten wählt, der ist selber schuld. Das Land Hessen begeht eklatanten Verfassungsbruch, wenn es die größte islamische Religionsgemeinschaft außen vor lässt und selbst den Islamischen Religionsunterricht übernimmt. Dagegen ist Widerstand angesagt, was ganz simpel ist: Man schickt seine Kinder nicht in diesen Pseudo-Religionsunterricht, und gut ist.
29.04.20
2:51
Ludwig sagt:
Ich begrüße die Entscheidung des Landes Hessen, dass sie beim Religionsunterricht die Zusammenarbeit mit DITIP endlich beenden. Hessen ist dabei nicht das erste und einzige Bundesland, das diese sinnvolle Entscheidung getroffen hat.In Bayern wird seit Jahren ein staatlich organisierter Islamunterricht an den Schulen angeboten ohne Beteiligung von islamischen Verbänden wie der DITIP. Ich kann nur hoffen, dass auch andere Bundesländer dem Beispiel von Bayern und Hessen folgen werden. Wir brauchen an unseren Schulen keinen Islamunterricht von Fanatikern oder Spinnern. Mit einem Verfassungsbruch hat die Entscheidung in Hessen überhaupt nichts zu tun. DITIP ist in Deutschland Gott sei Dank nicht als Relegionsgemeinschaft anerkannt und nur anerkannten Religionsgemeinschaften sichert unser Grundgesetz eine Mitbestimmung am Religionsunterricht zu.
29.04.20
21:13
grege sagt:
Die Entscheidung der Landesregierung ist konsequent und sollte Nachahmung auch in anderen Bundesländern finden. Aufgrund diverser Hasstiraden gegen Juden und sonstige Andersgläubige sowie die Spitzelaffären gegen regimekritische Türken waren diese Maßnahmen längst überfällig. Bei vergleichbaren Vorfällen in den christlichen Kirchen wäre einige Politiker und Medienvertreter längst laut geworden, die immer noch schweigen. Wenn Ditib hier Verfassungsbruch vermutet, kann es ja gerne Rechtsmittel einlegen.
30.04.20
11:15
Andreas sagt:
@Dilaver Çelik Meines Wissens ist die Bevormundung der Religion in der Türkei deutlich stärker ausgeprägt, als in Deutschland. Zudem hängt die Ditib an der türkischen Diyanet, die eine staatliche Behörde ist. Insofern ist die Ditib auch keine Religionsgemeinschaft, sondern ein politische Organisation eines Staates. Damit taugt sie nicht, maßgeblichen Einfluss auf den Religionsunterricht der Muslime zu nehmen. Wenn Muslime in Deutschland als Religionsgemeinschaft(en) anerkannt werden wollen, müssen sie solche auch gründen. Und zwar unabhängig von Staaten.
30.04.20
17:58
Dilaver Çelik sagt:
@Andreas Die DITIB ist keine politische Organisation, sondern die größte Religionsgemeinschaft von Muslimen in Deutschland und nimmt auch diese Funktion ein, unabhängig davon ob der deutsche Staat das so anerkennt oder nicht. Letzteres spielt eine untergeordnete Rolle. Entscheidend ist die Funktion als Religionsgemeinschaft, welche DITIB als größte islamische Organisation inne hat. Mehr als 900 Moscheegemeinden, welche der DITIB angehören, beweisen diese Realität. Die staatliche Mutterorganisation Diyanet ist für Religionsangelegenheiten zuständig, nicht für politische, was ihr verfassungsgemäß auch untersagt ist. Die Türkei hat im Gegensatz zu Deutschland eine laizistische Verfassung. Eine Einmischung von seitens Diyanet in die Politik würde schon deshalb nicht geduldet werden. Zudem sei darauf hingewiesen, dass die römisch-katholische Kirche in Deutschland nie gänzlich unabhängig ist, sondern an den Vatikan gebunden ist. Das ist bei DITIB in ihrem Verhältnis zu Diyanet nicht anders. Im Zeitalter der Globalisierung sind derartige transnationalen Netzwerke etwas übliches. Wer damit ein Problem hat, dem sind Begriffe wie Transnationalität und Globalisierung ohnehin fremd. Die Lösung ist nicht die völlige Entkopplung transnationaler Netzwerke, damit selbstunsichere Politiker wie die in Hessen sich besser fühlen, sondern die Akzeptanz transnationaler Netzwerke als gegebene Realität der Gegenwart. Allerdings ist DITIB nicht gleichermaßen etabliert wie Diyanet in der Türkei und gegenüber der römisch-katholischen Kirche in Deutschland deutlich unterprivilegiert. Diyanet stellt lediglich die Imame zur Verfügung und bezahlt diese, welche von den örtlichen Religionsattachés beaufsichtigt werden. Die Vereinsarbeit übernehmen hingegen ehrenamtlich Tätige. Die Vereinsarbeit sowie die Unterhaltung der Moscheen finanzieren die Muslime aus der eigenen Tasche. Ohne dieses Geld in Form von Spenden und Mitgliedsbeiträgen würde es die Moscheen nicht geben. Insofern ist es aus Sicht der Muslime, welche diese Moscheen aufsuchen und sich mit ihnen verbunden fühlen, nicht akzeptabel, wenn islamische Organisationen in Deutschland, welche den größten Teil der Moscheen in Deutschland ausmachen, bei der Gestaltung des islamischen Religionsunterrichts außen vor gelassen werden. Religionsunterricht ist verfassungsmäßiges Recht der Religionsgemeinschaften, deren Funktion die DITIB als größte Organisation deutscher Muslime faktisch nunmal inne hat. Eine staatliche Bevormundung ist da nicht nur inakzeptabel, sondern widerspricht zugleich der Verfassung. Es ist staatliche Willkür, sonst nichts. Das nennt man subtile institutionalisierte Diskriminierung, die es im gesetzlichen Rahmen entschieden zu bekämpfen gilt.
01.05.20
2:25
Johannes Disch sagt:
Respekt vor der Entscheidung des Bundeslandes Hessen! So wird der Einfluss Erdogans in Deutschland endlich mal eingeschränkt. Das ist wenigstens mal ein Anfang. Man kann nur hoffen, dass viele Bundesländer diesem Beispiel folgen.
01.05.20
14:51
Johannes Disch sagt:
Diese Entscheidung war überfällig! Man kann nur wünschen, dass andere Bundesländer dieser Entscheidung folgen. So wird der Einfluss Erdogans endlich eingedämmt.
03.05.20
11:50
IslamFrei sagt:
Staatliche Aufsicht verhindert Islamische Indoktrination an Kinder, welche noch nicht reif genug sind, Islamische Märchengeschichten von Realität zu unterscheiden. Erst wenn die Kinder erwachsen geworden sind, können sie das. Dann sollen sie sich ein eigenes Urteil bilden über Gott und die Welt. Eine weise Entscheidung der Hessische Landesregierung, finde ich. Islamisierung, besonders bei Kinder wird so effektiv verhindert. IslamFrei
03.05.20
19:24
grege sagt:
Hier ein Auszug aus dem Gutachten, in dem einedeutig die Verbandelung zwischen dem türksichen Staat und der Ditib hierzulande illustriert wird. Auf Basis dieses Gutachtens wurde die Zusammenarbeit zwischen Hessen und Ditib richtigerweise beendet. "Die in den Moscheen des Landesverbandes tätigen Imame werden von Diyanet entsandt; deren Dienstvorgesetzter ist der Religionsattaché des Generalkonsulats. In religiösen Fragen ist Diyanet oberste Autorität fürDITIB im Allgemeinen und fürden Landesverband Hessenim Besonderen. DITIB ist organisatorisch, personell und finanziell von der Türkei abhängig. Drei Mitglieder des Bundesvorstandes sind türkischeStaatsbeamte oder jedenfalls Inhaber türkischer Diplomaten-oder sonstiger Dienstausweise.115Daher ist DITIB insgesamtvoll einbezogen in die Hierarchie, die in der türkischen Staatsspitze gipfelt. „Über diese institutionelle Verbindung ist eine politischeEinflußnahme grundsätzlich möglich."
06.05.20
21:39
Johannes Disch sagt:
@grege (06.05.2020, 21:39) Danke für das Zitat. Sehr aufschlußreich!
08.05.20
7:52
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