Sachsen-Anhalt

Opferberatung registriert 130 rechte Gewalttaten in 2019

Nicht nur die Anschläge von Halle und Hanau haben das Problem Rechtsextremismus allen vor Augen geführt. Zahlreiche rechtsextreme Gewalttaten registrieren Polizeibehörden jedes Jahr. Eine Beratungsstelle zählt mehr.

04
04
2020
0
Rechtsextremismus, Feindeslisten, Neonazi, Verfassungsschutz
Symbolbild: Rechtextremismus © by Matthias Liffers auf Flickr (CC BY 2.0), bearbeitet islamiQ

Die Mobile Opferberatung in Sachsen-Anhalt hat 2019 gut 130 Gewalttaten – den Angaben zufolge meist rassistisch motiviert – registriert. Das sind 40 Fälle weniger als 2018. Es sei jedoch davon auszugehen, dass es noch Nachmeldungen für 2019 gebe. Damit setzt sich der rückläufige Trend nach einer massiven Zunahme in den Jahren 2015 (239) und 2016 (290) fort.

Kein Zeichen zur Entwarnung

Als Zeichen zur Entwarnung wird dies jedoch nicht gedeutet. „Statistisch gesehen werden mindestens alle zwei bis drei Tage Menschen in Sachsen-Anhalt aus rassistischen und rechten Motiven angegriffen und zum Teil erheblich verletzt“, heißt es in der Jahresbilanz.

Erschreckend sei etwa eine hohe Anzahl minderjähriger Opfer. 49 Betroffene seien im vergangenen Jahr jünger als 18 Jahre gewesen. „Darunter befanden sich 17 Kinder (2018: 15), wie zum Beispiel ein 13-jähriger Junge, der am 16. August 2019 in Halle (Saale) in einem Einkaufszentrum von einem älteren Mann nach rassistischen Beleidigungen zwei Mal mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen wurde“, heißt es.

Neben einer hohen Zahl rassistisch motivierter Angriffe, werden den Angaben zufolge in 17 Prozent der Fälle Menschen angegriffen, die als politische Gegnerinnen und Gegner angesehen werden. Die Opferberatung listet als Beispiel den Fall eines 15-Jährigen auf, der von zwei Angreifern geschlagen worden sei, nachdem er in Naumburg (Burgenlandkreis) einen Unbekannten wegen eines „Sieg Heil“-Rufs zur Rede gestellt habe.

Perspektive der Betroffenen stärker wahrnehmen

Die Mobile Opferberatung führt eine eigene Statistik, die in der Regel etwa von den Zahlen der Polizei abweicht. Das Innenministerium wollte seine Zahlen ursprünglich vergangenen Dienstag veröffentlichen, hat den Termin jedoch verschoben. Auch in diesem Jahr sei wieder von einem „behördlichen Wahrnehmungsdefizit“ auszugehen, schätzte die Opferberatung ein. Sie fordert, die Perspektive der Betroffenen stärker wahrzunehmen. Die Mobile Opferberatung unterstützt seit 2001 Betroffene politisch rechts motivierter Gewalt in Sachsen-Anhalt. (dpa, iQ)