Corona-Krise

Öffentlicher Gebetsruf an mehr als 40 Moscheen

In den Niederlanden war gestern an rund 40 Moscheen der Gebetsruf zu hören. Ein Zeichen der Solidarität während der Corona-Krise – auch in Deutschland.

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2020
Gebetsruf Moscheebauten
Ayasofya-Moschee in Amsterdam © Perspektif, bearbeitet by iQ.

In mehr als 40 Moscheen wird öffentlich zum Gebet gerufen. Eine Entwicklung, die der Corona-Krise zu verdanken ist. Die Gebetsrufe sollen der muslimischen Gemeinschaft, die aufgrund der Einschränkungsmaßnahmen nicht die Moscheen besuchen können, Trost spenden. In den Niederlanden ist der öffentliche Gebetsruf verfassungsrechtlich erlaubt. So war er gestern in fast 40 Moscheen, die verschiedenen muslimischen Organisationen angehören, zu hören.

Der Gebetsruf war an den Moscheen Iskender Paşa und Ravza in Rotterdam sowie an der Mimar Sinan Moschee in Den Haag zur Zeit des Freitagsgebets zu hören, sowie in Dondrecht, Amsterdam und Utrecht. An der Süleymaniye Moschee in Uden wurde zudem noch mittags und nachmittags öffentlich zum Gebet gerufen.

Kenan Aslan, der für die Öffentlichkeitsarbeit der Niederländisch-Islamischen Föderation (NIF) zuständig ist, erklärte, dass der Gebetsruf ein Verfassungsrecht in den Niederlanden sei. Sie teilten den Kommune in einem Schreiben mit, dass sie „von nun an mit einem Mikrofon zum Gebet rufen und die von der Kommune festgelegten Schallgrenzen beachten werden.“

Gebetsruf auch an Moscheen in Deutschland

In mehreren deutschen Städten wurde die Erlaubnis eingeholt, den Gebetsruf jeden Freitag und/oder jeden Abend auszurufen. So wird in Hannover, Garbsen, Braunschweig, Goslar, Duisburg, Kiel, Neumünster, Rendsburg, Düren, Östringen, Raunheim, Lünen, Hamburg und Berlin zum Gebet gerufen. Damit soll der muslimischen Gemeinschaft Moral, Stärke und Trost vermittelt werden.

300 Menschen vor Moschee in Berlin

Trotz der Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie haben sich nach Polizeiangaben am Freitag während des Gebetsrufes vor einer Moschee in Berlin rund 300 Menschen versammelt. Dem Imam, dem Ordnungsamt und den Polizisten sei es nur zum Teil gelungen, die Menschen dazu zu bewegen, den vorgeschriebenen Abstand zu halten, wie die Polizei am Freitagabend twitterte. „Das Gebet wurde im Einvernehmen mit dem Imam vorzeitig beendet“, hieß es.

Leserkommentare

Harousch sagt:
@ Disch D. schreibt: „ Dass der Schleier keine islamische Erfindung ist, das ist hier nicht von Belang. Es geht um seine aktuelle Funktion. Und da ist er ein Instrument zur Unterdrückung von Frauen.“ Ich würde Nicht soweit gehen und den Schleier pauschal als das Instrument der Unterdrückung deklarieren, denn das wäre viel zu einfach und unsinnig zugleich, denn wie wir wissen, sind Muslime genauso wie Christen, Juden, Hindus, Agnostiker usw. kein monolithischer Block. Es sei denn man möchte die Heterogenität für eine bestimmte Bevölkerungsschicht beanspruchen, was die Grundlage jeglicher Art von Faschismus, Extremismus und totalitärer Strukturen bildet und auf der Raisonebene indiskutabel ist. Der Versuch das Leid der Muslima mit Kopftuch als Beispiel für die Unterdrückung der Frau in Staaten mit islamischorientierten Strukturen zu nennen, hinkt stark hinterher, weil man in solchen Ländern alle anderen Bevölkerungsgruppen und die Gewahrung ihrer Rechte ebenfalls unter die Lupe nehmen müsste, um ein allgemeingültiges Urteil treffen zu können. Länder von denen die Rede sein könnte, sind diejenigen in denen auch Korruption, Menschenrechtsverletzungen, Kinderrechtsverletzungen usw. nicht ernstgenommen werden und nur gutbetuchte und auserwählte Menschen einen besonderen Schutz durch staatliche Organe genießen. Aber auch hier wäre jede Art der Pauschalisierung weniger angebracht und wissenschaftlich nicht belegbar, wie jeder vernünftige Mensch mit etwas Grips sich sicherlich schon denken kann. Ich habe im Laufe meines Lebens sehr viele Muslima mit Kopfbedeckung, mit Tschador, mit Burka, und komplett verschleiert (Sehr wenige) , aber ebenso Muslima ohne Kopftuch kennengelernt und allesamt haben ein erfülltes und selbstgesteuerte Leben geführt. Ehrlicherweise kenne ich keine einzige Muslima, die in irgendeiner Art und Weise unterdrückt wird. Und falls doch, dann spielt der Schleier bestimmt keine primäre Rolle. Die Anmaßung den Schleier als Symbol der Unterdrückung per se zu definieren, ist m.E. kompletter Unfug, trotz der Tatsache, dass ich persönlich einen Schleier und seine Funktionalität sowie Praktikabilität im Alltag eher als störend empfinde. Es gibt genug Frauen in den westlichen Industriestaaten, die keinen Schelier tragen und dennoch Opfer von Gewalttaten werden. Man möge sich die Statistiken über häusliche Gewalt auf der ganzen Welt anschauen. Man wird feststellen, dass der Hauptgrund dafür eher in gesellschaftlichen patriarchalischen Strukturen sowie in bildungsfernem Umfeld überall auf der Welt gleichermaßen stark vertreten ist und dass Religion hier keine Rolle spielt. Mir ist es aber ehrlicherweise egal, wie jemand rumläuft. Vielleicht bin ich auch zu tolerant oder gebildet oder einfach gleichgültig oder sogar zu deutsch. Soll doch jeder machen, was er/sie möchte, solange mir niemand etwas aufzwingt. Diejenigen, die sich über den Schleier aufregen, denen wird man ehe und nie etwas recht machen können, aber das ist dann ihr persönliches Problem mit dem sie dann einfach den Rest ihres unerfüllten Lebens verbringen müssen.. Wenn man vom Anspruch koranischer Inhalte und ihrer zeitlosen Gültigkeit ausgeht, dann muss man mit der Zeit mitgehen und dennoch Grenzen setzen und stets das eigene Handeln aber ebenso koranische Lehren hinterfragen. Nur so gelingt die innere Zufriendenheit und Loslösung von zwanghaften Handlungsmuster. Ich habe mir im Laufe meines Lebens soviel unzufriedene Meinungen mit dem und über den Islam usw. angehört und nichts kann mich mittlerweile mehr schocken. Ich kann für diese Leute ihr Problem nicht lösen und das ist mir auch vollkommen egal. Der Islam an den ich glaube und sowie ich ihn lebe, ist für mich der beste Weg! Wir philosophieren und hinterfragen zuhause und mit Freunden, egal welcher Couleur, Religion, Hautfarbe, Herkunft, Kultur usw., über Passagen aus dem Koran immer wieder und kommen sehr oft an unsere Grenzen und müssen doch erkennen, dass soviel Schönheit, Eleganz, Kunst, Kultur, Menschlichkeit, Liebe und Wissen darin enthalten ist, dass der beschränkte menschliche Geist nie alle Geheimnisse dieser heiligen Schrift jemals ergründen könnte. Möge Allah die Herzen der Liebenden weiterhin erhellen!
02.05.20
18:53
grege sagt:
@ Herr Disch, vielen Dank für Ihren Buchtipp. Herr Koopman illustriert in seinem Buch geradezu perfekt die missliche Situation von Muslimen sowohl in islamisch geprägten Ländern als auch in muslimischen Communities vpmn Ländern mit nichtmuslimischer Bevölkerungsmehrheit. Insbesondere werden in diesem Kontext auch die Unterschiede zur nichtmuslimischen Bevölkerungsteilen fundiert herausgearbeitet und auch die gerne ausgeblendeten Assoziationen zwischen real existierender Religion einerseits sowie Bildungsferne und pariachalischen Strukturen andererseits aufgezeigt. Chapeau!!!
04.05.20
19:34
neugierige Atheistin sagt:
Ich habe eben in Braunschweig das Fenster aufgemacht, um besser zuhören zu können. Ich mag den Klang.
06.05.20
21:15
Harousch sagt:
Nachtrag, auch wenn Off Topic: Unsere Freunde, deutscher Abstammung mit blauen Augen und blonden Haaren... (alle Klischees erfüllt....?) haben sich zu unserer Überraschung entschlossen ebenfalls zu fasten und zwar gemeinsam mit ihren Kindern. Wir sprachen über die Vorteile des Fastens aber ebenfalls über eventuell aufkommende Hürden, welche das muslimische Fasten in sich birgt. Unter anderem ist das Thema Kaffee und der fehlende Glaube bzw. eine Zweckhaftigkeit oder besser gesagt eine Sinnhaftigkeit des Fastens thematisiert worden. Die Initiative ging überwiegend von einem Kind der Freundesfamilie aus! Am nächsten Tag wurde den Fastenden Menschen bzw. Muslime ein Riesen großes Kompliment ausgesprochen. Die Familie musste das Fasten gegen 11:30 Uhr brechen. Hierbei stellte die Frau folgendes fest: „Gegen Mittag machte ich mir ein Butterbrot mit etwas Salz und habe jeden Bißen sehr intensiv genossen. Eine bisdato unbekannte Erfahrung voller Spiritualität. Seitdem sehe ich das Essen mit ganz anderen Augen an.“ Das ist doch einfach wunderbar. Ich bin sehr froh und dankbar dafür, dass wir solche liberalen und sehr weltoffene Menschen als Freunde haben können. Das ist ein Teil unseres deutsch-islamischen Erbes an nachfolgende Generationen!
07.05.20
16:53
Johannes Disch sagt:
@grege (04.05.2020, 19:34) Freut mich, dass Sie mit dem Buch (Koopmans: "Das verfallene Haus des Islam") etwas anfangen können. Es ist wirklich sehr erhellend und Koopmans Thesen werden empirisch sauber belegt. Vor allem enttarnt das Buch die üblichen Entschuldigungen von muslimischer Seite (Kolonialismus, Rassismus, etc.)
11.05.20
11:01
Johannes Disch sagt:
@Harousch (07.05.2020, 16:53) Eine nette Anekdote. Es überrascht Sie, dass ihre deutschen Freunde ebenfall gefastet haben?? Mich überrascht das keineswegs. Das Fasten ist nicht originär islamisches. Auch Christen kennen das Fasten. Wir fasten von Aschermittwoch bis Ostern.
11.05.20
11:36
Heidi sagt:
Bis gestern wusste ich nichts von den Mandäern. Das ist eine uralte Religion im Gebiet des Iran, Irak und Syrien. Sie erkennen Jesus nicht als Propheten an, deshalb sind Christen ihnen oft auch nicht besonders wohlgesonnen. Den Propheten Mohammed erkennen sie auch nicht an. Es ist eine absolut friedliche Religion, die seit Jahrtausenden die Gleichberechtigung von Mann und Frau predigt und lebt. Selbstverstümmelungen, also auch die Beschneidung der Söhne, wird abgelehnt. Die Frauen werden in den Ursprungsländern gezwungen, Kopftuch zu tragen. Ihre kleinen Kirchen haben keine Glockentürme. Bis zum Jahr 2003 waren sie relativ geduldet. Seitdem werden sie von islamistischen Extremisten verfolgt. So schlimm, dass sie auch nach Deutschland auswandern.Und da habe ich vollstes Verständnis dafür. Im Irak wird die Vergewaltigung einer mandäischen Frau nicht bestraft, denn nach muslimischer Überzeugung gehört das zur Reinigung Ungläubiger und gilt somit nicht als Verstoß gegen das Recht ! Diese und weitere Informationen findet ihr auf Wikipedia und auf der Seite für bedrohte Völker "Mandäer im Irak". Warum können die Religionen in der heutigen Zeit nicht friedlich nebeneinander bestehen?
15.05.20
21:55
Johannes Disch sagt:
@Heidi (15.05.2020, 21:55) Danke für den Hinweis auf besagten Artikel über die Mandäer im Irak.
20.05.20
11:24
silke sagt:
Naja, hier fantasieren einige Muslimedoch recht stark. In islamischen Ländern gibt es nur noch wenig Glockengeläut, das liegt daran, dass diese Länder ursprünglich christlich waren und die Christen durch Ausgrenzung und Drangsalierung geflohen sind. Auch dürfen die verbliebenen Kirchen nicht einfach Läuten ohne Genehmigung. Und bzgl. Genehmigung. In der Türkei benötigt JEDE Kirche für JEDEN gottesdienst eine Sondergenehmigung vom zuständigen Gouverneur. Ohne diese schriftliche Zustimmung kein Gottesdienst in der achso tollen Türkei. Auf die massenhaften Tötungen gegen Christen in islamischen Ländern durch "fehlgeleitete" Terroristen, oder auch durch staatliche Einflussnahme, will ich erst gar nicht eingehen.
14.08.20
18:59
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