Frankreich

Macron will „Regeln“ für den Islam in Frankreich

Emmanuel Macron möchte neue Strukturen für den Islam in Frankreich schaffen. Allerdings erschwert die Trennung von Kirche und Staat die Zusammenarbeit mit offiziellen Islam-Institutionen.

10
07
2018
Emanuel Macron © shutterstock
Emanuel Macron © shutterstock

Der französische Staatschef Emmanuel Macron will „einen Rahmen und Regeln“ für den Islam in Frankreich schaffen. Diese sollten sicherstellen, dass die Religion überall auf eine Weise ausgeübt werde, die mit den Gesetzen konform sei, sagte Macron am Montag in einer Rede vor beiden Parlamentskammern.

„Die Republik hat keinen Grund, Schwierigkeiten mit dem Islam zu haben, nicht mehr als mit irgendeiner anderen Religion“, so der Staatschef im Schloss von Versailles. „Aber es gibt eine radikale, agressive Lesart des Islams, die es sich zum Ziel macht, unsere Regeln und unsere Gesetze infrage zu stellen“, ergänzt er.

Frankreich war in den vergangenen Jahren Ziel einer Reihe von extremistischen Terroranschlägen und ringt seit Langem mit der Frage, wie Radikalisierung verhindert werden kann. Die strenge Trennung von Kirche und Staat macht die Zusammenarbeit mit offiziellen Islam-Institutionen schwierig. So kann der Staat etwa keine theologische Ausbildung finanzieren. Schon die sozialistische Vorgängerregierung hatte einen Versuch gestartet, die islamischen Institutionen Frankreichs neu aufzustellen.

Macron sagte, jeder müsse wissen, dass in Frankreich Gedankenfreiheit, die Freiheit der Kritik, die Gleichheit von Frauen und Männern „unantastbare Prinzipien“ seien. „Und ich weiß, dass die gewaltige Mehrheit unserer muslimischen Mitbürger das weiß, teilt und unterstützt“, erklärte er. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
--- "Allerdings erschwert die Trennung von Kirche und Staat die Zusammenarbeit mit offiziellen Islam-Institutionen." (Aus dem Artikel) Genau hier zeigt sich die Schwachstelle eines Hardcore-Laizismus. Da ist das säkulare Modell, wie es beispielsweise die Bundesrepublik Deutschland pflegt-- dem französischen Modell überlegen und praxistauglicher.
11.07.18
11:00
Johannes Disch sagt:
--"Die Republik hat keinen Grund, Schwierigkeiten mit dem Islam zu haben...Aber es gibt eine radikale, aggressive Lesart des Islam, die es sich zum Ziel macht, unsere Regeln und unsere Gesetze infrage zu stellen." (Emmanuel Macron) Damit macht der französische Präsident erfreulicherweise die notwendige Unterscheidung zwischen der Religion des Islam und der totalitären politischen Ideologie des Islamismus. Eine Unterscheidung, die hier bei "islamiq" von vielen negiert wird. Nur in Zusammenarbeit mit den friedlichen Muslimen wird man gegen die aggressive Lesart des Islam erfolgreich sein können.
12.07.18
8:57
Ute Fabel sagt:
"Allerdings erschwert die Trennung von Kirche und Staat die Zusammenarbeit mit offiziellen Islam-Institutionen." Das stimmt nicht! Dass es dafür einer privilegierten Rechtsstellung ausgewählter Religionsgemeinschaften bedarf, ist einfach nicht wahr. Der Staat pflegt auch gute Kontakt mit vielen nicht religiösen Vereinen wie dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) oder Amnesty International. Keinesfalls sollten ausgewählte Religionsgemeinschaften die Rechtsstellung einer Körperschaft öffentlichen Rechts haben, weder die katholische und evangelische Kirche noch Islamverbände. Alle Religionsgemeinschaften sollten rechtlich als Vereine zählen. Es sollte ein einheitliches Religionen- und Weltanschauungsgesetz geschaffen werden, in welchem gleiche Rechte und Pflichten aller festgelegt werden. Spezialgesetze für einzelne Religionsgemeinschaften mit divergierenden Vorschriften, wie es sie in Österreich derzeit in Form des Islam- , Protestanten- und Isrealitengesetz gibt, entsprechen nicht dem europäischen Rechtsprinzip der Gleichbehandlung aller Religionen und Weltanschauungen.
12.07.18
9:40
Johannes Disch sagt:
Auch Laizismus kann man in der Praxis unterschiedlich gestalten. Frankreich pflegt eine recht strenge Form des Laizismus, was seiner Geschichte geschuldet ist. Es gibt nicht wenige Experten, die inzwischen auch den Laizismus mit verantwortlich machen für die Probleme, die Frankreich mit Muslimen hat. Siehe beispielsweise das Interview mit dem französischen Soziologen Asiem El Difraoui in der "ZEIT" vom 09.01.2015 ("Religion wurde lange ignoriert"). Dass Laizismus kein Allheilmittel ist für gelingende Integration und die Verhinderung islamistischen Terrors, das zeigt grade das Beispiel Frankreich eindrucksvoll. Die meisten Terroristen sind nicht zugereist, sondern in Frankreich geboren und aufgewachsen. Es handelt sich um ein Phänomen, das die Politikwissenschaft "Homegrown Terrorism" nennt. Es ist in Frankreich mit der Integration (von Muslimen) in den letzten Jahrzehnten also einiges schief gelaufen. Es ist erfreulich und vor allem klug, dass Präsident Macron den Dialog und neue Formen der Zusammenarbeit sucht.
13.07.18
12:18
Manuel sagt:
Johannes Disch: Genau umgekehrt, der deutsche Säkularismus hat die Schwachstelle, dass man gegen exremistische Formen des Islams oft nicht gezielt vorgehen oder Verbote erlassen kann. In Frankreich ist der Staat neutral ist Deutschland nicht, das alleine ist schon ein Problem.
15.07.18
16:59
Johannes Disch sagt:
@Manuel (15.07.18, 16:59) Ihr haltet Laizismus offenbar für ein Allheilmittel. Hat der französische Laizismus etwa verhindert, dass Frankreich Probleme mit islamistischem Terror hat? Das hat er ganz offensichtlich nicht. -- "In Frankreich ist der Staat neutral, in Deutschland nicht…" (Manuel) Das ist schlicht falsch. Einfach mal in unsere Verfassung sehen.
16.07.18
3:21
Johannes Disch sagt:
Hier scheinen viele Laizismus für ein Allheilmittel zu halten. Der Laizismus hat allerdings keineswegs verhindert, dass Frankreich massive Probleme mit islamistischem Terror hat, viel mehr als das säkulare Deutschland. Dann erkennt man an vielen Posts, dass manchen Leuten der Unterschied zwischen Säkularismus und Laizismus nicht klar ist. Auch der säkulare deutsche Staat ist religiös neutral. Ein Blick in unsere Verfassung zeigt das ("Religionsverfassungsrecht", Art. 4 und Art. 140 GG) Säkularismus und Laizismus sind einfach 2 verschiedene Weisen, das Verhältnis zwischen Staat und Religion zu gestalten. Beide Varianten haben ihre Vor-und Nachteile. Auch Laizismus kann man unterschiedlich gestalten. Frankreich pflegt eine recht strenge Art des Laizismus, was seiner Geschichte geschuldet ist. Es gibt inzwischen nicht wenige Experten, die Frankreichs strikten Laizismus mit verantwortlich machen für die Probleme, die Frankreich mit Muslimen hat. Siehe beispielsweise das Interview mit dem französischen Soziologen Asiem El Difraoui: Terror in Frankreich: "Religion wurde lange ignoriert" ("DIE ZEIT", 09.01.2015) Jedenfalls ist mit der Integration in Frankreich in den vergangenen Jahren einiges schief gelaufen. Es ist daher erfreulich und vor allem klug, dass Präsident Macron neue Formen des Dialogs und der Zusammenarbeit mit dem Islam sucht.
16.07.18
4:22
Johannes Disch sagt:
Die meisten islamistischen Terroristen kommen nicht von außerhalb, sondern sind in Frankreich geboren. Es handelt sich um ein Phänomen, das die Politikwissenschaft "Homegrown Terrorism" nennt. Der Laizismus hat das nicht verhindert. Im übrigen kann man in Deutschland sehr wohl Verbote erlassen. So wurden in den letzten Jahren zahlreiche islamistische Einrichtungen geschlossen und radikale Prediger ausgewiesen, die unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit gegen die FDGO agierten. Ein säkularer Staat ist also sehr wohl in der Lage, gegen Extremismus zu reagieren. Wie bereits erwähnt, gibt es nicht wenige Experten, die Frankreichs strikten Laizismus mit verantwortlich machen für die Probleme mit dem islamistischen Terror. Siehe "Das Schweigen in den Straßen" ("FAZ", 2015) -- "Es ist klüger, religiöse Kräfte zu binden, statt sie zu verbannen" (Aus dem Artikel) So ist es. Und genau das tut das säkulare Deutschland: Religiöse Kräfte mit einbinden durch verschiedene Maßnahmen ("Islamkonferenz", etc.) Es ist klug, dass Präsident Macron einen neuen Ansatz und einen Dialog mit den französischen Muslimen auf die Tagesordnung setzt.
16.07.18
11:11
Manuel sagt:
@Johannes Disch: Gegenfrage, hat in Großbritannien die große Toleranz das Land gegen Terroranschläge geschützt???? Dem islamistischen Terror ist das sehr egal!
20.07.18
18:23
grege sagt:
In allen europäischen Ländern hat es Anschläge und Anschlagversuche gegeben, wo eine nennenswerte muslimische Community lebt. Daher halte ich eine Vequickung mit der Staatsform für fragwürdig. Auch die Studie von Koopermanns bestätigt, dass unabhängig von länderspezifischen Besonderheiten leider ein Islamverständnis in der Mitte der muslimischen Communities dominiert, dass von Extremismus und einer archaischen Sichtweise durchsetzt ist und daher dem Gedanken der Integration zuwiderläuft. Die Erkenntnisse, die Konstantin Schreiber beipielsweise zu Tage gefördert hat, sind daher kein Zufall, sondern Audruck eines generellen Misstands. Aber wie gehen Islamverbände damit um? Anstatt diese Missstände anzuerkennen und gegen diese anzukämpfen, werden Islamkritiker als islamfeindlich abgestempelt und schon kann man wunderbar die Hände hinter dem Rücken zusammenfalten. Den Muslimen muss es endlich gelingen, extremistische Kräfte und Einflüsse aus ihren Reihen zu verbannen, damit sie Vertrauen im nichtmuslimischen Umfeld gewinnen können.
22.07.18
15:52
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