Wir müssen über Islamfeindlichkeit reden! Nicht nur heute, am Tag gegen antimuslimischen Rassismus, sondern jederzeit. Islamfeindliche Straftaten steigen nämlich in die Höhe. Sind Sie auch davon betroffen? Was Sie tun können und an wen Sie sich wenden sollten, können Sie bei uns lesen.
Am 29. März 2017 sind in Mannheim zwei muslimische Frauen von einem Nachbarn aus rassistischen und fremdenfeindlichen Gründen verbal und körperlich angegriffen worden. Die juristische Auseinandersetzung konnte pünktlich zum Jahrestag mit einer Verurteilung des Täters wegen Körperverletzung abgeschlossen werden.
Solche und ähnliche Angriffe gegen Muslime und Bürger mit Migrationshintergrund kommen in Deutschland und Europa täglich vor, zum Glück bleibt es oftmals bei verbalen Angriffen, aber mit gravierenden Folgen für die Opfer. In einigen Fällen kommt es auch zu schweren Schäden oder gar Tötungen. In den überwiegenden Fällen gehen die Opfer juristisch nicht gegen die Täter vor, was aber sehr wichtig wäre. Weshalb nicht? Das deutsche Rechtssystem bietet hier gute und vielfältige Möglichkeiten.
Durch einen verbalen oder körperlichen Angriff begeht der Täter meist eine Beleidigung oder Körperverletzung, unter Umständen auch eine Volksverhetzung oder gefährliche Körperverletzung, die von Polizei und Staatsanwaltschaft verfolgt werden müssen. Hierbei ist es wichtig, durch Zeugenaussagen, Videoaufnahmen oder andere Beweismittel die Tat möglichst gut nachweisen zu können und durch eine eigene klare, verständliche und sachliche Aussage als Geschädigter zur Aufklärung der Tat beizutragen. Damit die Behörden der Tat nachgehen und nicht, wie leider in einer Vielzahl der Fälle, das Verfahren aus Mangel an Beweisen einstellen. Die Verletzungen, auch psychische, müssen durch ein ärztliches Attest zeitnah dokumentiert und der Polizei übergeben werden.
Das Gewaltschutzverfahren bietet eine schnelle, kostengünstige und einfache Möglichkeit, gerichtlichen Schutz vor dem Täter zu erreichen. Das Gericht spricht zum Schutz des Opfers ein Verbot gegen den Täter aus, sich dem Opfer weiterhin zu nähern oder erneut zu kontaktieren. Verstößt der Täter hiergegen, so macht sich der Täter automatisch erneut strafbar. Die Aussagen des Täters in diesem Prozess werden gerichtlich protokolliert, die damit für das Strafverfahren auch weitere Erkenntnisse und Beweise liefern können. Der Täter muss die Kosten des Verfahrens tragen und das Gericht legt in der Regel spätestens innerhalb von vier Wochen einen Termin zur mündlichen Verhandlung fest, bei dem Opfer und Täter aufeinander treffen und der Täter dem Opfer ins Gesicht schauen muss und mit seiner Tat konfrontiert wird. Das ist im Vergleich zu einem Strafverfahren sehr schnell, das in der Regel mindestens ein Jahr dauert, bis es zu einer Hauptverhandlung gegen den Täter kommt. Auch hat der Täter in einem Strafverfahren das Recht, zur Tat zu schweigen und lässt sich meistens durch einen Anwalt vertreten.
Das Opfer kann gegen den Täter Ansprüche auf Schmerzensgeld beim Zivilgericht geltend machen. Hier muss das Opfer aber selbst beweisen, dass der Täter schuldig ist und trägt das Risiko, den Prozess zu verlieren, falls es nicht nachgewiesen werden kann. Auch ist ein Zivilverfahren wesentlich teurer und dauert länger als ein Gewaltschutzverfahren. Falls die Tat aus rassistischer oder fremdenfeindlicher Motivation heraus begangen wurde, kann das Opfer statt dessen auch eine staatliche Entschädigung beantragen. In diesem Fall erhält es eine Geld-Leistung vom Staat. Der Staat, der bessere Möglichkeiten zur Durchsetzung hat, kann wiederum den Schmerzensgeldanspruch beim Täter geltend machen und sich das Geld so wieder zurück holen. Die Höhe der Entschädigung orientiert sich an den Schmerzensgeldbeträgen, die man in einem Zivilverfahren zugesprochen bekäme: für eine leichte Körperverletzung und Beleidigung beispielsweise 1.500,00 € oder im Falle einer Tötung bis zu 50.000,00 € oder noch mehr.
Die Kosten für die medizinische Versorgung des Opfers wird die Krankenkasse beim Täter zurückfordern, das in der Regel mit hohen Beträgen verbunden ist. Soweit beim Opfer dauerhafte Schäden eingetreten sind, kann das Opfer eine monatliche Rente beanspruchen. Hier gibt es zum
Beispiel mit dem Opferentschädigungsgesetz ebenfalls eine staatliche Leistung, die unabhängig davon ist, ob man diese beim Täter durchsetzen kann. Erforderlich ist, dass ein Grad der Schädigung von mindestens 30 Prozent über mindestens sechs Monate eingetreten ist. Falls das Opfer dauerhaft in der Arbeitsfähigkeit gemindert oder arbeitsunfähig ist, kann es Frührente oder Erwerbsminderungsrente beantragen. Falls die Schäden so gravierend sind, dass eine Funktionsbeeinträchtigung des Körpers vorliegt, kann das Opfer die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft beantragen und hieraus weitere Rechte ableiten.
Es sind je nach Fall eine Vielzahl von weiteren Ansprüchen denkbar. Gibt es beispielsweise eine Wiederholungsgefahr, kann man einen Anspruch auf Unterlassung geltend machen. Sind bei der Tat Gegenstände des Opfers beschädigt worden, so kann man hierfür Schadensersatz beim Täter verlangen.
Zwar sind die Kosten der juristischen Auseinandersetzung hoch. Im Vergleich zu dem vom Opfer erlittenen Leid sind sie allerdings gering und es lohnt sich in jedem Fall gegen rassistische oder fremdenfeindliche Angriffe vorzugehen. Soweit man als Opfer vor Gericht erfolgreich ist, wird der Täter später zur Kostenerstattung verurteilt. Soweit man keine ausreichenden finanziellen Mittel hat, gibt es die Möglichkeit Prozesskostenhilfe zu erhalten, womit der eigene Anwalt und die Gerichtskosten vom Staat bezahlt werden. Rechtsschutzversicherungen ab 2010 bezahlen einen Großteil der Kosten in den allermeisten Verfahren.
Sind Sie von rassistischen oder fremdenfeindlichen Angriffen betroffen? Dann erheben Sie in jedem Fall Strafanzeige und gehen gegen Anfeindungen und Angriffe vor. Wenden Sie sich hierzu an einen spezialisierten Opferschutz-Anwalt, der sie in allen Belangen beraten und vertreten kann und Erfahrung auf diesem Gebiet hat.