Deutschland und Europa

Make Islam great again!

In Deutschland leben über vier Millionen friedfertige Muslime, doch das Islambild hierzulande ist geprägt von Terror und Gewalt. Bloggerin Merve Kayıkçı ist daher der Meinung, dass die Schönheit des Islams in den Vordergrund gerückt werden muss.

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Symbolbild: Make Islam great again! © r2hox/flickr/CC 2.0

Die aktuellen Debatten um den Islam und die Integrationsfähigkeit der Muslime sind oft von Emotionen und Intoleranz geprägt. In der öffentlichen Diskussion wird es immer salonfähigerö islamfeindliche Haltungen in den Deckmantel der Islamkritik zu verpacken. So wird von vielen Seiten eher Volksverhetzung betrieben, als sachlich Missstände zu analysieren. Wohin führt das?

Alltagsrassismus

Meiner nichtmuslimischen Bekannten Samira wurde von ihren Freunden offen gesagt, dass sie sie wegen ihres islamisch klingenden Namens nicht zur Wohnungsbesichtigung einladen würden.

Auch die angehende Lehrerin Yasmine, die vor zwei Jahren angefangen hat Kopftuch zu tragen, erzählt, dass ein im Rahmen der Antidiskriminierungsarbeit aktiver Lehrer ihr empfahl, das Kopftuch wieder abzulegen.

Ein Doktorand an ihrer Uni erklärte ihr daraufhin, sie könne gar kein Opfer von Rassismus werden, weil der Islam keine Rasse sei und Muslime sollten aus ihrer bequemen Opferrolle rauskommen.

In der Praxis sieht es dann aber so aus, dass die fiktive Bewerbung einer Sandra Müller mehr Einladungen bekommt, als eine gleich gut qualifizierte Bewerberin mit türkischem Namen. Dies geht aus einer Studie der Universität Linz aus. Die Unterschiede sind deutlich und nicht durch Zufall zu erklären.

Gleichbehandlung der Menschen

Ich begegne auch oft die Einstellung „Wieso sollen wir den Islam in Deutschland akzeptieren? Der Islam ist doch etwas Schlechtes!“ oder „Im Islam wird die Frau unterdrückt!“ oder „Der Islam ist rückständig!“ – „Warum sollen wir tolerant gegenüber etwas sein, das nicht gut ist?“

Witzig ist, dass sogar Friedrich der Große, der das osmanische Reich als großen Feind sah, 1740 in einem Brief schrieb, dass alle Religionen gleich gut seien, so lange die Angehörigen der Religion ehrliche Leute seien. Und dass er auch Türken und Heiden glauben lassen wolle, was sie glauben, wenn sie in seinem Land leben würden und ehrlich seien.

Muslime in Deutschland nicht sichtbar

In Deutschland lebt heute eine Ansammlung von vielen verschiedenen Muslimen verschiedenster Konfessionen, Meinungen und Lebensweisen. Das negative Bild über den Islam kommt aber meistens nicht von den Muslimen von hier. Es hat sich hier in den letzten Jahrzehnten eine deutsch-muslimische Identität gebildet mit deutsch-islamischer Wissenschaft, Literatur, Hochschulgruppen und einer Diskussionskultur der Akzeptanz und Offenheit.

Sichtbarer bleiben aber die Bilder von Terror, Extremismus, Zwang und Unterdrückung, die ihren Ursprung eher in der Praxis islamisch geprägter Länder haben.

Reputation des Islams aufpolieren

Vielleicht ist die Lösung des Ganzen, dass die Muslime in Deutschland hier einfach nur viel, viel mehr professionelle PR-Arbeit leisten müssen. Die sechste Säule des Islams: Reputation!

Ich persönlich bin der Meinung, dass der Islam eigentlich die beste Religion ist, um PR mit ihr zu machen. Viele Vorurteile gegenüber dem Islam sind nämlich schon allein mit dem Koran und Hadithen ganz simpel zu widerlegen. Der Islam ist im Grunde eine ziemlich offene und moderne Religion, wenn man bedenkt, dass sie vor mehr als 1.000 Jahren entstanden ist. Und hier und jetzt ist der Islam eben das, was wir Muslime hier und jetzt daraus machen.

Merve Kayıkçı schreibt regelmäßig auf ihrem Blog: www.primamuslima.de

Ein Vorurteil ist beispielsweise, dass der Islam dogmatisch sei und keine Vielfalt zulasse! Die Antwort darauf findet sich in einem Satz in der Sure 5, Vers 48: „Und wenn Allah wollte, hätte Er euch wahrlich zu einer einzigen Gemeinschaft gemacht. Aber (es ist so,) damit Er euch in dem, was Er euch gegeben hat, prüfe. So wetteifert nach den guten Dingen! Zu Allah wird euer aller Rückkehr sein, und dann wird Er euch kundtun, worüber ihr uneinig zu sein pflegtet.“ Hier steht nicht: „Allah wird fast alle Menschen in die Hölle stecken, weil nur ein kleiner Teil Recht haben kann!“ 

Es gibt z. B. sogar einen Hadith bei dem ein Mann daran zweifelt, dass seine Frau sein Kind geboren hat, weil das Kind eine dunkle Hautfarbe hat, die Eltern aber beide weiß sind. Da sagt der Prophet, dass er einmal ein Kamelfohlen hatte, das ein anderes Fell hatte als Papa- und Mamakamel. Aber das einige Kamelgenerationen vorher ein Kamel in der Familie war mit ebendiesem Fellmuster. Das nennt sich heute Genforschung.

Make Islam great again!

Klar mag niemand Muslime, wenn man immer nur hört, dass sie einem Mann folgen, der Menschen tötete und minderjährige Frauen heiratete. Was viele nicht wissen ist, dass Mohammed zu seiner Zeit aufklärerisch war und Wert auf die Gleichstellung von Menschen verschiedenster Hautfarben und verschiedenster Geschlechter legte. Und, dass sogar die Leute, die keine Muslime waren und den Islam bekämpften, ihn schätzten, weil sie ihn als ehrlichen Menschen kannten.

Ich könnte noch unzählige Beispiele aufzählen und ihr könnt das sicher auch, warum der Islam echt eine tolle und interessante Religion ist. Und je öfter Muslime mit Erfolgen, positivem Verhalten und einer offenen Ausstrahlung auffallen, desto mehr Menschen werden aufhören ihn in einem negativen Licht zu sehen.

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
@Charley Hi. Wir haben es beim islamistischen Terror mit einem politischen Problem zu tun. Mit politischen Extremisten. Leider besteht bei vielen in Deutschland inzwischen die Tendenz, diese Dinge zu religionisieren und zu kulturalisieren. Dass sich diese islamistischen Extremisten auf den Koran berufen, das muss nicht wundern. Wäre seltsam, würden sie sich als Muslime auf die Bibel berufen. Dass bei 1 Million Menschen, die 2015 zu uns kamen, nicht nur Lämmer sind, sondern auch einige schwarze Schafe, das muss nicht wundern. Anis Amri-- der Attentäter von Berlin-- hat nichts mit der Flüchtlingskrise 2015 zu tun. Der war schon seit 2011 in Europa. Was wir im Fall Amri erleben, das ist ein Versagen der deutschen und europäischen Sicherheitsbehörden. Wir sollten uns nur davor hüten, das zu einem Problem "Des Islam", "Der Zuwanderer, "Der Flüchtlinge" zu machen. Wenn man die Dinge global betrachtet, dann stellt man fest: Die meisten Opfer von radikalen Muslimen sind???--- Genau: Muslime. Das stellen Sie in ihrem P ja auch deutlich klar. Im Nahen Osten zerfallen Staaten. Das hat vielfältige Gründe, die wir hier schon oft erörtert haben. Im Zuge von Migration und Flüchtlingswellen kommen nun einmal auch Spinner zu uns. Wir müssen die Spreu vom Weizen rechtzeitig trennen. Und das ist im Fall Amri leider nicht passiert. Aber wir sollten uns hüten, das ganze zu einem Flüchtlingsproblem oder gar zu einem Religionsproblem zu machen.
11.01.17
1:27
grege sagt:
@ Herr Disch in jedem religiös motivierten Verbrechen kann ich eine politische bzw. soziökonomische Ursache sehen. Mit diesem Argument könnte sich das Christentum beispielsweise auch von den Kreuzzügen, der Inqisition oder den Hexenverbrennungen freisprechen. Wenn aus relgiöser Motivation global und massenweise neben terroristischen Taten auch sonstige Unmenschlichkeiten begangen werden, ist ein Zusammenhang zur Religion auch vorhanden. Die friedliche Mehrheit muss sich hier in der moralischen Verantwortung sehen, sich gegen diesen Extremimus zu begünstigen. Insbesondere die WZB Studie zeigt, das extremistischens Potential unter einer großen Minderheit von in Europa lebenden Muslimen verbreitet ist. Auch wenn die Ergebnisse für Anhänger einer multikulturellen Gesellschaft einen herben Gesichtsschlag bedeuten, sollte man sich den Ergebnissen dieser Studie stellen und nach Ursachen und Gegenmaßnahmen Ausschau halten.
12.01.17
20:39
grege sagt:
Hallo Herr Disch "Dass bei 1 Million Menschen, die 2015 zu uns kamen, nicht nur Lämmer sind, sondern auch einige schwarze Schafe, das muss nicht wundern.´" Bitte reflektieren Sie nochmal Ihr Zitat mit folgendem Gedankenspiel: Ein rechtsradikaler Terrorisi fährt zum Ende des Ramadans mit einem Lkw über den Vorplatz einer hiesigen Moschee und tötet 12 feiernde Muslime. Nach der Tat würde sich jemand analog zu Ihrem Zitat wie folgt äußern: "Unter einem Volk von 80 Millionen Einwohnern gibt es nicht nur Lämmer, sondern auch schwarze Schafe" Nach meiner Gefühlsprognose würde so eine Äußerung nicht nur Unverständnis, sondern auch Empörung hervorrufen, ich glaube auch nicht ganz zu Unrecht!! Vielleicht sollten Sie hier nochmal nachdenken....
12.01.17
20:50
Johannes Disch sagt:
@grege Ihr Gedankenspiel widerlegt nicht meine Aussage. Unter 84 Millionen Deutschen waren ja auch einige Neo-Nazis, die jahrelang ungestört durch Deutschland konnten Migranten und umbringen. Ich meine die NSU. Das war möglich, weil die Ermittlungsbehörden auf dem rechten Auge blind waren und in rassistischer Haltung davon ausgingen, dass es sich um Kriminalität innerhalb des Migrantenmilieus handeln würde. Jetzt würde sich aber kein vernünftiger Mensch empören, wenn man sagt, logisch, dass unter 84 Millionen Deutschen nicht nur Lämer sind, sondern auch einige rechtsradikale schwarze Schafe.
13.01.17
18:47
Johannes Disch sagt:
@grege Natürlich ist beim islamistischen Terror ein Zusammenhang mit der Religion (des Islam) vorhanden. Kein vernünftiger Mensch wird das bestreiten, und das bestreite auch ich nicht. Zu den Kreuzzügen: Sie finden in jedem kriegerischen Konflikt eine Fülle von Motiven, die sich überlagern und gegenseitig beeinflussen. So finden sie auch bei den Kreuzzügen neben religiösen Motiven politische und sozioökonomische. Aber die Kreuzzüge wurden religiös legitimiert. Ebenso wie Djihadisten ihren Terror religiös legitimieren. Aber ebenso wenig wie die Kreuzzüge etwas mit der Lehre Jesu gemeinsam hatten, ebenso wenig ist das vulgäre "Religionsverständnis" des IS und anderer djihadistischer Islamisten kennzeichnend für "Den Islam" und "Die Muslime." Dieser Kurzschluß wird von vielen Islam-Angsthasen aber gerne gemacht. Die suchen nach einfachen Erklärungen. Und da bietet sich "Der Islam" dann ja gradezu an. Damit erfüllen wir aber vorbildlich das Geschäft der Islamisten. Der IS hat schon vor Jahren ein Strategiepapier herausgebracht. Ziel ist es, mit punktuellen kleinen Anschlägen die westliche Gesellschaft zu polarisieren und gegen Muslime und ihre Religion, den Islam, aufzubringen. Infolge dieser Polarisierung sollen die Sanktionen im Westen gegen Muslime zunehmen, was zu deren Radikalisierung führen soll und sie letztlich in die Arme des IS treiben. Wenn wir aus dem islamistischen Terrorismus eine Religionsdebatte / eine Islamdebatte machen, dann gehen wir dem IS auf den Leim.
13.01.17
18:56
grege sagt:
@ Herr Disch "Jetzt würde sich aber kein vernünftiger Mensch empören, wenn man sagt, logisch, dass unter 84 Millionen Deutschen nicht nur Lämer sind, sondern auch einige rechtsradikale schwarze Schafe." Die Aussage zielt an der Realität vorbei. Wenn kurz nach einem rechtsradikalen Anschlag ein Politiker eine derartige Aussage tätigen würde, würden ihm in der Öffentlichkeit Verantwortungslosigkeit, fehlende Sensibilität und Bagelellisierung eines Problems von historischer Tragweite vorgeworfen werden. Auf aufgrund der Vergangenheit wäre der Aufschrei auch im Ausland so groß, dass derjeinige seine Karriere beenden könnte. Im Gegenzug dazu konnten sich Islamvertreter analoge Aussagen sehr wohl erlauben und sich sogar noch als Opfer in der Öffentlichkeit inszenieren, was sich nach Bekannmtwerden der NSU Misere kaum einer getraut hätte.
14.01.17
20:53
grege sagt:
@ Herr Disch Alle Weltanschauungen und Religionen müssen es aushalten, anhand der Realzustände im Hier und Jetzt sich negativer, ja sorger harscher Kritik zu stellen. Wer den Kommunismus, das Christentum oder den Islam aufgrund negativer Realausprägungen ablehnt, macht sich nicht der Feindseeligkeit schuldig. Hier muss insbesondere bei führenden Repräsentaten islamischer Verbände und Glaubensrichtungen ein Umdenken stattfinden, da bisher bissige Kritik in Verbindung mit Forderungen nach rigorosen Reformen mit Feindseeligkeit häufig gleichzusetzt wird. In der Hinsicht folgen die führenden, eher konservativ ausgerichteten Islamverbände genau dem Gedankengut dhjihadistischer Strömungen, so dass hier der größte Handlungsbedarf bei der Bekämpfung mit den dhjihadistischen Strömungen entsteht. Daher sollte im Zusammenhang mit dem Terrorismus sehr wohl auch eine Debatte über die Religion geführt werden, was von Islamvertretern widersinnigerweise bisher mit dem Vorwurf der Islamfeindlichkeit tabuisiert wird. Ergebnisse der WZB Studie, die auch meinen persönlichen Alltagserfahrungen entsprechen, zeigen leider, dass radikale Einstellungen auch außerhalb des Umfelds von terroristisch agierenden Muslimen in der Mitte verbreitet sind. Auf einem deartigen Boden kann die Saat Terrorimus vorzüglich gedeihen. Von daher zeugt es eben nicht von Angsthasentum, sondern von einer realistischen Einschätzung, eine Verbindung zwischen Religion und Extremismus zu sehen. Offene und auch schonungslose Kritik und Ablehnung von Religionen und Weltanschauungen sind ein Grundpfeier unserer Lebensweise in einer freien, demokratisch geprägten Gesellschaft. Hier Einschränkungen vorzunehmen, um den IS ja nicht auf den Leim zu gehen, würde erst recht unsere Erpressbarkeit und Verwundbarkeit zeigen.
15.01.17
8:57
Johannes Disch sagt:
@grege Es gibt einen Unterschied zwischen rationaler (Islam)Kritik und rassistischer Hetze. Die meisten "Islamkritiker"; vor allem aus der Ecke "Pegida" & Co; betreiben letzteres.
17.01.17
20:28
grege sagt:
woher wissen Sie denn, dass die meisten sogenannten "Islamkritiker" rassistische Hetze betreiben? Von Pegida muss man nicht auf alle Islamkritiker schließen. Hier im Forum kann ich beispielsweise bei keinen Teilnehmern rassistische Hetze ausmachen. Die Kritik fällt teilweise sehr massiv und rigoros aus, aber als Hetze würde ich das bei weitem nicht bezeichnen.
18.01.17
19:58
Charley sagt:
@Johannes Disch: "Es gibt einen Unterschied zwischen rationaler (Islam)Kritik und rassistischer Hetze. Die meisten "Islamkritiker"; vor allem aus der Ecke "Pegida" & Co; betreiben letzteres." Nun, dann würde es mich mal interessieren, wen Sie für einen "rationalen" Islamkritiker ansehen. Bislang habe ich eher nur erlebt, dass genannte Namen abgelehnt wurden.
19.01.17
20:25
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