Rechtspopulismus

Wissenschaftler kritisiert „Feindbild Islam“ bei der AfD

Der Politikwissenschaftler Michael Lühmann hat den Aufbau eines „Feindbilds Islam“ seitens der AfD kritisiert. Ihren islamfeindlichen Kurs hat die Partei beim Bundesparteitag in Stuttgart bestätigt.

01
05
2016
Führende Politiker der AfD. © James Rea auf flickr, bearbeitet by IslamiQ.

Der Politikwissenschaftler Michael Lühmann hat den Aufbau eines „Feindbilds Islam“ kritisiert. „Es ist zum einen natürlich populistisch, weil man mit dem Islam ein neues Feindbild aufbaut“, sagte Lühmann am Samstag im Deutschlandradio Kultur. Die Positionen der AfD zum Islam seien aber auch inhaltlich begründet.

Sie gingen bei der Parteivorsitzenden Frauke Petry auch auf frühere gute Kontakte zur mittlerweile aufgelösten „extrem islamfeindlichen“ Partei „Die Freiheit“ zurück. Partei-Vizevorsitzende Beatrix von Storch habe als radikale Evangelikale ein „ganz klares Feindbild Islam“, weil dieser ihrer eigenen auf Missionierung angelegten Religion entgegenstehe, sagte der Politikwissenschaftler vom Göttinger Institut für Demokratieforschung.

Die Positionen der AfD im Entwurf für das Parteiprogramm, in dem vom Verbot von Minaretten, Muezzin-Rufen und Ganzkörperverschleierung die Rede ist, kritisierte Lühmann aber auch als geplante und gezielte Provokation: „Es ist ein typisches Spiel der AfD, Ängste und vor allem Ressentiments aufzugreifen, zu verschärfen und dem politischen Gegner vor die Füße zu werfen“. Damit versuche die Partei eine starke Differenz zum Establishment zu suggerieren, um sich erneut als „die andere Alternative“ präsentieren zu können. Tatsächliche Sorgen um kulturelles Zusammenleben könnten aber nicht durch Verbote von Minarett- oder Muezzin-Rufen gelöst werden, erklärte der Politikwissenschaftler.

Unterdessen warnt der stellvertretende CSU-Vorsitzende Manfred Weber davor, die Anhänger der AfD auszugrenzen. Es gebe eine „berechtigte Sorge der Menschen vor Wohlstandsverlusten, Veränderungen oder Folgen der ungeregelter Zuwanderung“, sagte Weber den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Diese Sorgen müssen wir aufgreifen und lösen. Man darf sie nicht einfach als rechtspopulistisch abstempeln und tabuisieren.“ Gleichzeitig müsse man das radikale Gedankengut, das es teilweise in der AfD gebe, anprangern, forderte der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament. Dazu gehöre auch das offene Sympathisieren mit Extremen wie mit Marine Le Pen in Frankreich.

Ihren islamkritischen Kurs hat die Alternative für Deutschland (AfD) beim Bundesparteitag in Stuttgart bestätigt. In dem am Sonntag nach zweistündiger Debatte verabschiedeten Teil des Grundsatzprogramms heißt es wörtlich: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“ Die Vollverschleierung in der Öffentlichkeit will die AfD komplett verbieten. Islamischen Religionsgemeinschaften soll auch nicht der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen werden können.

(KNA,iQ)

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Die etablierten Parteien sollten zwar keinesfalls undifferenzierte Hetze gegen Islam betreiben. Wünschen würde ich mir jedoch eine stärkere - sachliche - Konfrontationsbereitschaft mit so manchen Glaubenslehren, die sich innerhalb des Islams wiederfinden.Das würde Dampf ablassen und der AfD das Wasser abgraben. In den 1970er-Jahren gab es eine offene Konfrontation der Sozialdemokratie mit der katholischen Kirchen betreffend der politischen Position zum Schwangerschaftsabbruch. War das schlecht? So waren die Grünen Anfang der Neunziger Jahre im Zusammenhang mit den Kruzifix-Prozessen für die Abnahme des Kreuzes in Schulklassen. Waren sie deshalb christianophob? Freuen würde ich mich auch, wenn liberale Moslems z.B. das Berliner Neutralitätsgesetz einmal verteidigen würden anstatt immer nur zu mauern für Einzelinteressen einiger Unnachgibiger. Es darf ja nicht vergessen werden, dass es in Deutschland viele muslimische Lehrerinnen gibt, die der strikten Trennung von Staat und Kirchen sehr positiv eingestellt werden.
02.05.16
7:38
Manfred sagt:
@Ute Fabel: Das berliner Neutralitätsgesetz ist nicht neutral, weil es nur eine Religion wirklich betrifft.
02.05.16
18:56
Ute Fabel sagt:
Das Berliner Neutraliätsgesetz betrifft alle gleich und sollte ein Vorbild auch für andere Bundesländer sein. Auch z.B. Buddhisten, die sich während des Unterrichts auch nicht so stylen können wie der Dalai Lama, privat selbstverständlich schon. Derzeit gibt es scheinbar einige unnachgibige und dogmatische Kopftuchträgerinnen, denen es gelingt, sich medial sehr bemerkbar zu machen. Aber sind sie deshalb wirklich schutzwürdiger? Nein! In zehn Jahren können das ganz andere Gruppen sein, z.B. Atheisten und Anhänger der Kurdenpartei, die bestimmte Abzeichen oder Symbole immer und überall tragen wollen. Da kann nicht der Staat von niemanden erpressen lassen. Es gilt die Gleichheit vor dem Gesetz. Von seinem Wesen her schafft das Neutralitätsprinzip exakt gleiche Spielregeln für alle.
03.05.16
12:44
Manuel sagt:
@Manfred. Das Berliner Neutralitätsgesetz passt genau einer Religion nicht, die anderen haben damit offenbar keine Probleme, zumindest gab es bisher keine Klagen. Also warum soll jetzt Berlin alles ändern, nur weil eine Religion offenbar nicht mit dem Säkularismus zu recht kommt.
04.05.16
12:18
Moni sagt:
Wer von einem Gesetz nicht betroffen ist, kann auch kein Problem damit haben. Weder Christen noch Buddhisten haben Kleidungsvorschriften. Der Dalai Lama ist ein schlechtes Beispiel, weil er ein Mönch ist, für den selbstverständlich eine Kleiderordnung gilt. Muslime glauben hingegen teilweise, dass es für eine Frau eine Pflicht ist, sich zu verhüllen, um Ehebruch gleich im Keim zu ersticken. Man muss diese Auffassung nicht teilen, kann aber dennoch die Frauen, denen es wichtig ist, ein Kopftuch tragen lassen. Der Vergleich mit irgendwelchen Abzeichen und Symbolen ist unzutreffend. Der Staat verliert seine Neutralität nicht dadurch, dass er Frauen, die in seinen Diensten stehen, das Kopftuch nicht verbietet. Im Grundgesetz steht im übrigen auch nicht, dass Religion nicht sichtbar sein darf. Im Gegenteil stet da, dass die Religion frei ausgeübt werden kann.
04.05.16
14:00
Manuel sagt:
@Moni: Achso und weil es genau einer Religion nicht passt, muss sofort das Gesetz geändert werden. Wieso müssen wir uns plötzlich den Moslems anpassen, nur weil diese offenbar nicht mit mit Säkularismus umgehen kann. Wenn ich in anderes Land auswandere, dann habe ich mich deren Kultur anzupassen und kann nicht ständig verlangen, die anderen müssten sich mir anpassen.
05.05.16
18:40