Experte

„Religion oder Kultur ist nie frauenfeindlich“

Sexuell belästigt und ausgeraubt: Die Übergriffe auf Frauen in Köln und auch Hamburg lösen bundesweit Entsetzen aus. Ein Ethnologe schlägt nun aber eher moderate Töne an.

07
01
2016
Demo gegen Gewalt an Frauen © by Urban Explorer Hamburg auf Flickr (CC BY 2.0)

Bei der Frage nach einem Zusammenhang der Übergriffe auf Frauen in Köln mit der Herkunft der Täter rät ein Experte zur Vorsicht. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur sagt Ethnologe Hansjörg Dilger von der Freien Universität Berlin, dass Religion und Kultur per se nichts mit Frauenfeindlichkeit zu tun hätten. Nach Polizeiangaben könnte es sich bei den mutmaßlichen Tätern um Männer aus dem arabischen oder nordafrikanischen Raum handeln.

Antonia Lange: Entsteht durch die Vorfälle in Köln ein Klima der Angst?

Hansjörg Dilger: Ich kann mir vorstellen, dass das kurzfristig Ängste schürt. Gleichzeitig denke ich, dass sich das wieder beruhigen wird, wenn es mehr Informationen zu den Hintergründen gibt. Je mehr Kommunikation stattfindet, desto mehr nimmt auch die Angst ab.

Lange:
Trauen sich manche Frauen nun nicht mehr auf die Straße?

Dilger: Gesellschaftlich ist das vergleichbar mit den Terroranschlägen. Solche tragischen Fälle sollten nicht hochprojiziert werden auf das gesellschaftliche Zusammenleben insgesamt. Man sollte seinen Alltag davon möglichst wenig beeinträchtigen lassen.

Hansjörg Dilger ist Professor für Sozial- und Kulturanthropologie an der Freien Universität in Berlin. Seine Schwerpunkte sind Geschlechter- und Männlichkeitsforschung, Migration und auch Religionsethnologie.

Lange: Bei den Tätern könnte es sich der Polizei zufolge um Männer aus dem arabischen oder nordafrikanischen Raum handeln. Könnten das Rechtsextreme für ihre Zwecke nutzen?

Dilger: Ich glaube schon, dass das jetzt auch genutzt werden könnte. Ich hoffe aber, dass das nicht passiert. Sexuelle Übergriffe gibt es in allen Regionen der Welt. Ich wäre vorsichtig, das einer Kultur oder Religion zuzuschreiben. Eine Religion oder Kultur an sich ist nie frauenfeindlich. Das hat immer sehr viele Seiten. Es wäre viel zu kurz gegriffen, da einen Zusammenhang herzustellen.

Lange:
In wenigen Wochen findet mit der Karneval in Köln statt. Glauben Sie, dass die Vorfälle Einfluss auf die Besucher haben?

Dilger: Das Schreckliche ist, dass man ein solches Ausmaß von Übergriffen in einer einzigen Situation noch nie hatte. Der Überraschungseffekt kann dazu führen, dass die Wirkung besonders durchschlagend ist. Ich hoffe aber nicht, dass sich jemand zu sehr beeinträchtigen lässt. Bis zum Karneval sind es noch ein paar Wochen. Bis dahin können noch viele Informationen hinzukommen.

Leserkommentare

Marius sagt:
Nun waren die Täter in Köln aber allem Anschein nach nicht Europäer, sondern Araber (woher auch immer) und damit wahrscheinlich auch Muslime (obwohl sie anscheinend dem Alkoholgenuss im Übermaß gefrönt haben). Es mag auch sein, das Kultur und Religion nicht per se etwas mit Frauenfeindlichkeit zu tun haben, begünstigen können sie sie trotzdem. Und eine Religion, die Frauen am liebsten gar nicht aus dem Haus lässt oder wenn es denn sein muss, dass sie das Haus verlassen, die nur mit Kopftuch oder gar Burka möglich ist, erklärt Frauen, die sich nicht so verhalten automatisch zu Freiwild. Da hilft alles Kleinreden nichts. Ebenso, wie man Fremdenfeindlichkeit beim Namen nennen muss, muss man auch Frauenfeindlichkeit durch Zuwanderer oder deren Nachkommen beim Namen nennen.
07.01.16
16:44
Trara sagt:
Leider besteht für Frauen überall auf der Welt die Gefahr sexualisierter Gewalt. Das streitet niemand ab. Wobei es doch auffällt, dass Frauen überwiegend Opfer und Männer überwiegend Täter sind. Warum überwiegend Männer weltweit das Gefühl nach Macht gewaltsam durchsetzen, danach wird der Experte nicht gefragt. Was im Interview nicht erwähnt wird, ist der gesellschaftliche Umgang mit dieser Gewalt an Frauen. Und da gibt es massive Unterschiede. Es gibt Gesellschaften, in denen Sexualität stark tabuisiert und der eigene Körper (gerade der weibliche Körper) als etwas Schmutziges angesehen wird. Auch die untergeordnete Stellung der Frau in diesen Gesellschaften, führt dazu, dass Gewalt gegen Mädchen und Frauen tabuisiert, verdrängt, verdeckt, akzeptiert und dadurch noch mehr gefördert wird. In diesen Gesellschaften werden die weiblichen Opfer für das Verbrechen verantwortlich gemacht, nicht die Täter. Die Folgen können drastisch und vielfältig sein. Das Mädchen/die Frau wird verstossen, sie erlebt körperliche Gewalt als "Bestrafung" und auch das Verheiraten mit dem Täter aus Gründen der Ehre (sic!) existiert in islamischen Ländern, aber auch z. B. in Indien. Übrigens: Ob eine Religion oder Kultur frauenfeindlich ist, das bewerten die Frauen die in ihr leben (müssen), nicht Ethnologen oder andere (männliche) Experten!
07.01.16
17:45
Grege sagt:
Nach Aussage eines Kölner Polizistin wurden die Personalien von über 100 Männern aufgenommen, die größtenteils syrische Flüchtlinge waren. Die sexuellen Belästigungen werden auf ähnliche Weise praktiziert wie in Kairo schon seit längerum üblich. Die Herkunft der Männer zu verschleiern, wie in einigen Medien bereits passiert, oder den Vorfall nach dem Motto zu behandeln "was nicht sein darf, kann nicht sein" hilft nicht weiter und verschlimmert ein Problem. Zur Problemlösung ist zunächst eine umfassende, vollständige und ehrliche Analyse erfordelich, so dass Multikultiträumereien fehl am Platze sind. Wenn muslimische Frauen als Opfer von blauäugigen und blonden Neonazis begraptscht worden wären, wäre die ethnische Herkunft der Täter ebenso erwähnt worden ohne Kritik von Vertretern der Islam- und Ausländerverbände zu ernten.
07.01.16
19:53
Enail sagt:
Mittlerweile haben sich polizeiliche Einsatzkräfte zu den Vorfällen in Köln zu Wort gemeldet. Es waren Syrer, Afghanen, Iraker und nordafrikanische Männer anwesend. Und ich finde schon, dass Menschen aus dieser Region eine Religion und eine Kultur vertreten in denen Frauen nicht dieselbe Achtung und Rechte genießen wie Männer. Und wenn diese Männer so drauf sind, dann kann ich jetzt auch nachvollziehen, warum Frauen sich aus diesen Gegenden verhüllen und verschleiern müssen. Sozusagen als Selbstschutz und nicht um Gott zu gefallen. Das wird ihnen suggeriert um nicht sagen zu müssen, wenn ihr das nicht macht, dann seid ihr nicht sicher vor uns. So sehe ich das. In Europa ist man anders sozialisiert und von solchen Übergriffen in dieser Dimension habe ich noch nichts mitbekommen. Immerhin bin ich schon 60. Verkleidet und verhüllt man sich nicht, ist man Freiwild für diese Leute. Und richtig, auch in Indien sind die Frauen die Benachteiligten. Der Mensch (Mann) ist halt in seiner Entwicklung noch nicht so weit, dass er Artgenossen als gleichberechtigt betrachtet. Manche Tiere sind da schon weiter entwickelt, da haben auch mal weibliche Tiere im Rudel oder Herde das Sagen. Ich rede nicht von allen Männern- wenn ihr bei der Gleichberechtigung schon angekommen seid, liebe Männer, dann fühlt euch nicht von meinen Worten angesprochen. LG Enail
07.01.16
21:02
Marco Krieger sagt:
Ich spare mir hier die üblichen Zitate aus den "heilige" Schriften der großen Drei. Aber wer so eine Aussage trifft, angesichts der Dinge, die religiöse Regeln Frauen auferlegen, die sie quasi aus dem Gesellschaftlichen Leben von mehr als einem Duzend Ländern streicht, einer RKK mit einer No-Woman-in Office Politik und einer Wunschvorstellung von der permaneten Mutter, die klein Gläubige produziert und sich ihrem Mann unterordnet, kriege ich bei Ihrem relativistischen Gequatsche Pickel an Stellen, an denen ich mich nicht kratzen kann. Menschen wie Sie verspielen gerade unsere Freiheit und Demokratie, weil Sie als Intellektueller und Geistesarbeiter nicht den Mut haben Roß und Reiter zu benennen. Die Religionen, von denen hier die Rede ist, habe Frauen immer schon als Besitztum des Mannes gesehen und nichts anders steht in diesen Schriften, nichts anderes wird von den Priestern gepredigt und im Ergebnis wird das so von den Männern gelebt. Siehe Köln, Hamburg, Berlin, München.
07.01.16
23:29
Charley sagt:
"Religion oder Kultur ist nie frauenfeindlich" Ist ja klar, dass in diesem Den-Islam-Reinwasch-Forum man sich auf so ein Zitat stürzt, aber dadurch wird es nicht "wahrer"! Die gesellschaftlich prägende islamische Scharia diskriminiert Frauen. Dazu gibt es profunde Untersuchungen. Und da die Scharna als ewiges, gottgegeben es Gesetz über jedem Menschen Gesetz steht, ist es eher ein taktisches Stillhalten als ein angepasster, moderner Islam, der uns begegnet bei "modernen" Moslems. Was das bedeutet, wie man da aufräumen muss, bis der Islam kompatibel mit dem Grundgesetz ist, ahnt kaum jemand. Was dann noch von dem bislang "bekannten Islam" übrig bleibt, .... Oder ob er sich nicht besser selbst abschafft?
08.01.16
8:13
Charley sagt:
Tolles Foto oben,... aber bestimmt nicht von einer Moslemdemo!!!!!
08.01.16
8:14
Paul F. sagt:
Hr. Dilger ist ein Experte? Die abrahamitischen Religionen sind schon immer frauenfeindliche bzw. patriarchale Machtkonstrukte gewesen - früher wie heute. Zu behaupten, (eine von Männern dominierte) Religion sei nicht frauenfeindlich ist eine Lüge, die an Unverschämtheit kaum zu überbieten ist. Hr. Dilger ist ein Experte? Wohl ein Experte in Sachen Frauenfeindlichkeit und Religionsweichspülerei. Ekelhaft.
08.01.16
10:23
Miriam sagt:
"Eine Religion oder Kultur an sich ist nie frauenfeindlich." Das stimmt einfach nicht und solange Muslime noch nicht einmal einsehen, dass dort ein Problem besteht, wird sich nichts ändern. Leider gibt es auch zu viele linke Deutsche, die die Realität nicht anerkennen. Hierzu ein interessanter Artikel von der FAZ: "Muslimisches Frauenbild Sie hassen uns Die giftige Mischung aus nordafrikanisch-arabischer Kultur und Religion, die sich in der Kölner Silvesternacht Bahn brach, wird in Deutschland noch immer beschönigt oder beschwiegen. Islamkritik ist überfällig. Ein Gastbeitrag."
11.01.16
18:43
Johannes Disch sagt:
Die Aussage, Religion und Kultur wären per se nie frauenfeindlich, ist sehr abenteuerlich, und Herr Dilger bleibt die Belege dafür schuldig. Sicher, von monokausalen Erklärungen sollte man sich hüten, aber es es liegt auf der Hand, dass ein gewisses Frauenbild, das in manchen islamischen Ländern vorherrscht, nicht ganz unschuldig ist an dem, was in Köln passiert ist. Um es mal ganz dezent zu formulieren. Solche Probleme sind aber kein Alleinstellungsmerkmal des islamischen Kulturkreises. Indien hat ebenfalls eine sehr hohe Rate an sexuellen Übergriffen / Vergewaltigungen. Und Indien ist hinduistisch geprägt. Dasselbe lässt sich von Südamerika sagen. Und das ist überwiegend christlich geprägt. Wir sollten Köln also nicht zu einer "Islamdebatte" machen. Eine Straftat ist eine Straftat, unabhängig von der Herkunft und der Religion der Täter. @Charley -- "Das ist hier ein Islam-Reinwasch-Forum." (Charley) Das finde ich nicht. Im Gegensatz zu vielen anderen Seiten im Netz-- wo die "Debatte" hysterisch und in einem verletzenden Vokabular erfolgt-- wird hier in aller Regel sehr sachlich und rational diskutiert, was ich sehr angenehm finde. lg Johannes Disch
13.01.16
8:20
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