Schleswig-Holstein

Kampagne für einen Gottesbezug in Landesverfassung

Verschiedene Religionsgemeinschaften in Schleswig-Holstein starteten eine Kampagne für einen nachträglichen Gottesbezug in der Landesverfassung. Die Unterschriftensammlung scheint erfolgversprechend. Politiker plädieren nun für eine Kompromisslösung.

27
05
2015

Kommt Gott doch noch in Schleswig-Holsteins Landesverfassung. Eine Volksinitiative dürfte in Kürze 20 000 Unterschriften dafür vorlegen, dann muss der Landtag sich mit dem Thema erneut befassen.

Zu den Initiatoren der Kampagne für einen Gottesbezug in der Landesverfassung gehören verschiedene Religionsgemeinschaften, wie beispielsweise die evangelische und katholische Kirche, die Schura der islamischen Religionsgemeinschaften und der Landesverband der jüdischen Gemeinden. In Schleswig-Holstein leben rund 2,8 Millionen Menschen. Mehr als die Hälfte der Einwohner gehören einer religiösen Glaubensgemeinschaft an, die den Glauben an Gott predigt. 1,5 Millionen Einwohner sind evangelisch, rund 175 000 katholisch. Die Zahl der Muslime beträgt etwa 50 000 bis 60 000. Die jüdischen Gemeinden etwas
weniger als 2000 Mitglieder.

Politiker plädieren für eine Kompromisslösung

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Ralf Stegner sieht realistische Chancen, dass ein Gottesbezug nachträglich in die Landesverfassung Schleswig-Holsteins aufgenommen wird. Es scheint offenkundig zu sein, dass die Volksinitiative für einen Gottesbezug die notwendigen 20 000 Unterschriften gesammelt hat, betonte Stegner
am Dienstag in Kiel. Dann müsse sich der Landtag, der im vergangenen Oktober eine neue Landesverfassung ohne eine solche Formulierung verabschiedete, erneut mit dem Thema befassen.

Eine Zwei-Drittel-Mehrheit könnte nach Einschätzung Stegners eine Formulierung finden, die sowohl Christen, Muslime, Juden, Vertreter anderer Religionen, aber auch nichtgläubige Menschen akzeptieren könnten. Letztlich gehe es um eine Demutsformel, dass Menschen sich nicht selbst als einziges Maß der Dinge betrachten. Vorbild für mögliche Formulierungen könnten die Verfassung der Europäischen Union oder die polnischen Verfassung sein, sagte Stegner.

Einen entsprechenden früheren Vorschlag der SPD habe die CDU vor
Jahren verworfen. Jetzt habe der frühere CDU-Ministerpräsident Peter
Harry Carstensen als Mitinitiator der Volksinitiative diesen SPD-Vorschlag aufgegriffen. Sollte sich die CDU-Landtagsfraktion in diese Richtung bewegen, wäre eine Zwei-Drittelmehrheit voraussichtlich im Parlament erreichbar. Die SPD-Fraktion befasste sich laut Stegner am Dienstag mit dem Thema. Hier herrsche die Gewissensfreiheit jedes Abgeordneten. Er sehe aber in seiner Fraktion eine Mehrheit für einen Kompromiss.

EU-Verfassung als Vorbild

Die Präambel der EU-Verfassung beginnt mit den Worten: „Schöpfend aus dem kulturellen, religiösen und humanistischen Erbe Europas, aus dem sich die unverletzlichen und unveräußerlichen Rechte des Menschen sowie Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit als universelle Werte entwickelt haben (…)“. In der polnischen Verfassung heißt es :“…beschließen wir, (…) sowohl diejenigen, die an Gott als die Quelle der Wahrheit, Gerechtigkeit, des Guten und des Schönen glauben, als auch diejenigen, die (…) diese universellen Werte aus anderen Quellen ableiten, im Bewusstsein der Verantwortung vor Gott oder vor dem eigenen Gewissen, uns die Verfassung (…) zu geben (…)“

Die Volksinitiative für die Aufnahme eines Gottesbezuges in die Landesverfassung von Schleswig-Holstein will noch vor der Sommerpause die erforderlichen 20 000 Unterschriften einreichen. Anfang Mai – acht Wochen nach dem Start – hatten sie bereits mehr als 17 000 Unterschriften gesammelt. Im Oktober 2014 hatte der Landtag eine neue Landesverfassung verabschiedet. Für einen Gottesbezug gab es damals keine Mehrheit.(dpa/iQ)

Leserkommentare

Tobi sagt:
Was soll ein solcher Gottesbezug in einer Verfassung? Sollen damit auch diejenigen, die gar nicht an Gott glauben, dazu gezwungen werden, doch an einen Gott zu glauben? Sind Christen und Muslime nicht in der Lage, nach den Regeln ihres Gottes zu handeln, ohne dass es in einer Verfassung steht?
01.06.15
10:57