Niedersachsen

Grüne: Polizei soll Islamfeindlichkeit erfassen

141 Straftaten seit 2001 in unmittelbarer Nähe von Moscheen. Das ist das Ergebnis einer Kleinen Anfrage der Grünen an die niedersächsische Landesregierung. Jetzt fordern Sie: Islamfeindlichkeit muss als eigenständiger Tatbestand der Politisch-Motivierten Kriminalität erfasst werden. Sorgen bereiten islamfeindliche Blogs.

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09
2014
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Im Juli 2014 stellten die Abgeordneten Belit Onay, Filiz Polat, Meta Janssen-Kucz, Helge Limburg und Julia Wilie Hamburg (GRÜNE) eine Kleine Anfrage (Az. II/725-856) zur schriftlichen Beantwortung an die niedersächsische Landesregierung. Jetzt hat Innenminister Boris Pistorius (SPD) die Fragen beantwortet (23.23-01425/2-2014) und legt ein massives Problem mit Islamfeindlichkeit in Niedersachsen offen. Insgesamt wurden seit dem Jahr 2001 etwa 141 Straftaten verübt, bei denen eine Moschee als Tatort verzeichnet war. In 33 dieser Fälle wurden 42 Personen als „Geschädigte“ oder „Opfer“ erfasst. Eine Person wurde zudem als „verletzt“ gekennzeichnet.

„Die meisten Geschädigten wurden Opfer von Schmähschreiben mit beleidigendem, bedrohendem oder volksverhetzendem Inhalt oder finanziell geschädigt. Personenschäden nach Körperverletzungen wurden nur vereinzelt erfasst“, erklärt der Innenminister in seiner Antwort. Der Innenminister macht aber auch deutlich: Eine gesonderte Erfassung antimuslimischer bzw. islamfeindlicher Straftaten erfolgt bei der Politisch-Motivierten Kriminalität (PMK) nicht. Ein Umstand den Experten und Religionsgemeinschaften wie die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) scharf kritisieren.

Grüne: Islamfeindlichkeit erfassen!

Die Grünen fordern ebenso wie Experten und muslimische Religionsgemeinschaften eine eigenständige Erfassung von islamfeindlich motivierten Straftaten in der PMK. Gegenüber NDR Info plädierte der Grünenabgeordnete Belit Onay für eine präzisere Erfassung der Straftaten. Es sei notwendig, auch das Kriterium der Islamfeindlichkeit in die Erfassung politisch motivierter Straftaten einzuführen. Die aktuelle Situation sei unbefriedigend: „Im Augenblick muss man von einer selbst gemachten Dunkelziffer sprechen.“ Onay sieht dringenden Handlungsbedarf.

Kaum Aufklärung bei den Taten

Islamfeindlichkeit kann, durch das Fehlen einer eigenen statistischen Erfassung, nicht in Gänze erfasst werden. Ebenso geben auch die 141 von Pistorius aufgeschlüsselten Straftaten längst keine Auskunft über das wahre Ausmaß des Phänomens. „Anschläge auf Moscheen“ stellen ebenso wie die „Schändung von Moscheen“ kein eigenständiges Delikt der PMK dar. „Vielmehr werden durch einen Anschlag bzw. eine Schändung – je nach den Umständen des konkreten Einzelfalles – unterschiedliche Straftatbestände verwirklicht“, erklärt der Innenminister. Pistorius legte seiner Antwort zudem eine Anlage bei, die Informationen zu den Tatorten, Tatzeiten und den Namen der Moscheen enthält.

Daraus wird ersichtlich, dass neben der Erfassung der Straftaten, die ermittelnden Behörden auch Probleme bei der Aufklärung der Taten zu haben scheinen. Laut Innenminister konnten nur zu 46 Straftaten Tatverdächtige ermittelt werden. Das entspräche, sollten tatsächlich alle 46 Straftaten auch vor Gericht gelöst worden sein (dazu macht der Innenminister keine Angaben) einer Aufklärungsrate von 32 %. Das heißt weniger als jeder dritte Fall wird in Niedersachsen einem möglichen Täter oder mehreren Tätern zugeordnet.

Pistorius: Islamfeindliche Blogs sind ein Problem

In seiner Antwort macht der Innenminister auch auf ein weiteres Problem aufmerksam: Das von einschlägigen islamfeindlichen Blogs. „Aktuelle politische Themen wie Ausländerkriminalität, der Anstieg der Flüchtlingszahlen oder auch das Themenfeld des Salafismus werden dabei vor dem Hintergrund einer angeblich zunehmenden Islamisierung Deutschlands hetzerisch dargestellt“, erklärt der Innenminister.

Als Blog dargestellte redaktionelle Beiträge dienten vor allem als Grundlage für generell ausländer- und speziell islamfeindliche Kommentare der User. Darüber hinaus dienten die Seiten der islamfeindlichen Szene als Kontaktbörse zu anderen islamfeindlichen und auch rechtsextremen Organisationen.

Als Landesregierung arbeite man daher an einem „Landesprogramm gegen Rechtsextremismus“. Gleichzeitig sieht Pistorius auch im geplanten Staatsvertrag mit den muslimischen Religionsgemeinschaften ein wichtiges Signal für Vielfalt und die Akzeptanz von Muslimen in Niedersachsen.