Missbrauchsbeauftragter

Prävention an Schulen soll verbessert werden

In Berlin stellte der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, seine Agenda für die Jahre 2014-2019 vor. Schulen sollen künftig bei Prävention von Missbrauch eine besondere Verantwortung übernehmen. Eine unabhängige Aufarbeitung von Missbrauch bleibe zentrales mittelfristiges Ziel.

30
04
2014
0

Es brauche „Tempo und Ausdauer“, wenn man den zigtausendfachen Missbrauch an Mädchen und Jungen in den kommenden Jahren besser verhindern und den Betroffenen schneller helfen wolle. Das erklärte der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (Missbrauchsbeauftragter), Johannes-Wilhelm Rörig, bei der Vorstellung seines neuen Fünf-Jahres-Plans in Berlin.

Nach der Kriminalstatistik seien die Fallzahlen beim Kindesmissbrauch weiterhin sehr hoch, betonte Rörig. Es gebe jährlich rund 12.500 Verfahren. „Das Netz aus Prävention und Hilfen muss in den kommenden Jahren weiter ausgebaut werden. Ich appelliere deshalb an alle gesellschaftlich Verantwortlichen, die mit Kindern und Jugendlichen umgehen, ihr bisheriges Engagement zu steigern“, erklärte Rörig.

Rörig war erst im März in seinem Amt als Missbrauchsbeauftragter bestätigt worden. Seine Stelle ist über die Legislaturperiode hinaus für zunächst fünf Jahre festgeschrieben.

Schulen stärker im Fokus

Prävention soll in Schulen künftig einen festen Platz haben. Denn nur dort könnten alle Kinder erreicht werden. Schutzkonzepte müssten daher selbstverständlich werden, erklärte Rörig. In den rund 30.000 Schulen sollten aus der Sicht des Missbrauchsbeauftragten in den kommenden Jahren Fachkräfte besser fortgebildet und Eltern besser informiert werden.

Alle Kinder sollten zudem eine altersangemessene Aufklärung über Missbrauch erhalten, erklärte Rörig. „Wir müssen uns immer vor Augen halten, dass die perfiden Strategien der Täter umso besser greifen, je ahnungsloser Kinder, Eltern und Fachkräfte sind“, sagte Rörig. Hier sei eine enge Zusammenarbeit mit der Kultusministerkonferenz und den jeweiligen Landesbehörden angestrebt.

Verträge mit Verbänden der Zivilgesellschaft

Noch in 2014 will Rörig neue Vereinbarungen mit Verbänden der Zivilgesellschaft zu einem verbesserten Schutz der Kinder und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch schließen. Er strebe hierbei einen noch höheren Grad der Verbindlichkeit an und werde u.a. auch auf weitere Religionsgemeinschaften und den privaten Sektor zugehen. Ein Vertrag mit Juden und Muslimen werde angestrebt. Wer auf muslimischer Seite als Ansprechpartner in Frage kommen könnte, wurde nicht mitgeteilt. Es bestehen bereits geschlossene Verträge mit den Kirchen.

Das Monitoring, die bundesweiten Befragungen in Einrichtungen zu Schutzkonzepten gegen sexuelle Gewalt, werden fortgeführt und um qualitative Erhebungen vor Ort ergänzt werden. Erste Ergebnisse sollen 2016 vorliegen. Auch die Kampagne „Kein Raum für Missbrauch“ wird laut Rörig fortgesetzt und weiterentwickelt werden.

Rörig drängt zudem darauf, das Beratungsnetz dichter zu knüpfen. Die besondere Kompetenz der spezialisierten Beratungsstellen müsste künftig umfassender in bestehende Beratungsstrukturen einfließen. „Wir brauchen ein unterstützendes Netzwerk, insbesondere dort, wo die Versorgungdefizite bei der spezialisierten Beratung bestehen“, so Rörig. Um die Verbesserung des Beratungsangebots mit jedem Land erörtern zu können, soll noch 2014 eine Studie zur spezifischen Ländersituation in Auftrag gegeben werden.

Opfer von Missbrauch unterstützen

Der Missbrauchsbeauftragte kündigte zudem an, stärker und enger mit Opfern zusammenzuarbeiten. Dazu soll möglichst noch in diesem Jahr ein „Betroffenenrat“ konstituiert werden. Dieser solle dann schnell über anstehende Entscheidungen informiert werden und könne auch eigene Stellungnahmen abgeben. Mittelfristiges Ziel bleibe weiter die Bildung einer Kommission zur Aufarbeitung von Missbrauch. Erste Gespräche dazu seien bereits mit dem Bundestag geführt worden. Rörig verwies darauf, dass beim Hilfetelefon zum sexuellen Missbrauch, das vor vier Jahren startete, bislang 19.000 Gespräche geführt worden seien.

Zugleich kritisierte der Missbrauchsbeauftragte, dass der Fonds für die Opfer aus dem familiären Bereich nach wie vor noch nicht mit 100 Millionen Euro ausgestattet sei. Bislang haben sich daran nach seinen Angaben nur der Bund mit 50 Millionen Euro sowie das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern beteiligt. Auch Bayern habe inzwischen verbindlich zugesagt, seinen Anteil zu zahlen. Die Erklärungen der anderen Bundesländer stünden noch aus. (KNA/iQ)

Weitere Informationen
www.beauftragter-missbrauch.de
www.hilfeportal-missbrauch.de
www.kein-raum-fuer-missbrauch.de