Theologie der Barmherzigkeit

KRM-Gutachten zu den Thesen Mouhanad Khorchides veröffentlicht

Das Gutachten des Koordinationsrates der Muslime (KRM) zur „Theologie der Barmherzigkeit“ von Mouhanad Khorchide liegt nun endlich vor. Darin wird Kritik an den Thesen Khorchides geübt. Gleichzeitig sieht der KRM keine Möglichkeit zur weiteren Zusammenarbeit mit dem Münsteraner Professor.

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12
2013

Der Koordinationsrat der Muslime (KRM) hat sein Gutachten zur „Theologie der Barmherzigkeit“ veröffentlicht. Darin wird das Buch des umstrittenen Münsteraner Professors Mouhanad Khorchide von vier verschiedenen Autoren analysiert. Die Autoren beanstanden Fehler in der Methodik und in der wissenschaftlichen Arbeit. Gleichzeitig wird aufgezeigt, dass die „Theologie der Barmherzigkeit“ Grundsätzen der islamischen Glaubenslehre widerspreche. „Wesentliche, als theologisch deklarierte Positionen von ihm sind jedoch von der Meinung der mehrheitlichen sunnitischen Gelehrten abweichend“, heißt es in dem Papier.

Der Koordinationsrat ist in seinem Gutachten zur „Barmherzigkeitstheologie“ zu der Schlussfolgerung gelangt, dass „diese weder mit dem dahinter stehenden wissenschaftlichen Anspruch, noch mit Khorchides Selbstverpflichtung zur bekenntnisgebundenen Islamtheologie konform geht.“. Eine weitere konstruktive Zusammenarbeit mit Mouhanad Khorchide sei für den KRM nicht möglich.

Zusammenarbeit irreparabel beschädigt

Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Mouhanad Khorchide sei zwischenzeitlich nachhaltig „zerrüttet und irreparabel beschädigt worden“, teilte der KRM mit. Khorchide habe dazu beigetragen, dass „Absolventen des Münsteraner Instituts im Allgemeinen und Khorchides Lehrstuhl im Besonderen, bzw. als angehende islamische Religionspädagogen“ bei den muslimischen Gemeinden kein Vertrauen genössen und mit unhaltbaren theologischen Positionen assoziiert würden.

Dazu sagte der KRM-Sprecher Dr. Bekir Alboğa abschließend: „Ungeachtet der notwendigen personellen und thematischen Neuausrichtung des Instituts in Münster ist es dringend geboten in einem Bundesland wie NRW mit weit mehr als einer Million muslimischen Einwohnern eine flächendeckende Versorgung ausgebildeter Islamtheologen und Religionslehrer zu gewährleisten. Dazu bedarf es weit mehr als nur einen Standort in Münster“.


KRM


Koordinationsrat der Muslime in Deutschland (KRM)
Der Koordinationsrat der Muslime wurde im März 2007 von den vier großen Dachverbänden DITIB, VIKZ, Islamrat und ZMD gegründet. Er organisiert die Vertretung der Muslime in Deutschland und ist Ansprechpartner für Politik und Gesellschaft.

DITIB


Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB)
Der DITIB Dachverband vereint bundesweit 896 Ortsgemeinden. Das Vereinsziel ist es, Musliminnen und Muslimen einen Ort zur Ausübung ihres Glaubens zu geben und einen Beitrag zur Integration zu leisten. Darüber hinaus engagiert sich die DITIB intensiv im sozialen Bereich.

Islamrat


Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland
Der Islamrat wurde im Jahre 1986 als bundesweite Koordinierungsinstanz und gemeinsames Beschlussorgan islamischer Religionsgemeinschaften in Berlin gegründet. Er fühlt sich der Geschichte des Islam in Deutschland verpflichtet und betrachtet sich als Brücke zwischen Deutschland und der islamischen Welt.

VIKZ


Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ)
Dem VIKZ sind bundesweit zirka 300 selbstständige Moschee- und Bildungsvereine angeschlossen. Ziel und Zweck der Verbandsarbeit ist die religiöse, soziale und kulturelle Betreuung von Muslimen in Deutschland.

ZMD


Zentralrat der Muslime (ZMD)
Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) ist eine Dachorganisation von derzeit 22 muslimischen Dachorganisationen und umschließt auch Einzelmitglieder.

Gutachten kritisiert Methode und Thesen

Auf 71 Seiten analysieren vier vom KRM benannten Personen die „Theologie der Barmherzigkeit“. Dabei machen die Autoren auf die vermeintlich eigensinnige Übersetzung von Versen durch Mouhanad Khorchide aufmerksam und legen dar, wie bestimmte islamische Termini durch Khorchide einer gewissen Willkür zum Opfer fallen sollen.

Das Gutachten ist auch entstanden, weil sich laut KRM die anderen übrigen Zentren für islamische Theologie mit den Thesen von Khorchide öffentlich nicht beschäftigt haben. Es ist insofern auch ein Debattenpapier, dass die Diskussion um die islamische Theologie in Deutschland vorantreiben soll.

Kein Kommentar

Auf Anfrage von IslamiQ teilte das nordrhein-westfälische Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung mit, dass es das Gutachten des KRM und die Erklärung nicht kommentieren werde. Zur Zukunft der Universität Münster angesprochen wurde erklärt, man könne nur nachdrücklich betonen, dass es nicht den geringsten Anlass zur Sorge oder auch nur den kleinsten Zweifel an der Qualität der Hochschule gebe.

Leserkommentare

Emine Elemenler sagt:
Ich würde gerne mal Auszüge oder am besten sogar das Buch "Theologie der Barmherzigkeit" lesen. Wo kriegt man das?
17.12.13
21:55
Iman sagt:
Das ist sehr zu empfehlen. Es gibt es - in jedem Buchladen!
18.12.13
2:26
Stefan sagt:
@Emine: Genaugenommen geht es zum zwei Bücher, deren Titel "Islam ist Barmherzigkeit" und "Scharia - der missverstandene Gott" sind. Zielgruppe dieser Bücher sind am Thema Interessierte Normalos wie du und ich (also keine Theologen, auch wenn man ein wenig theologisches Vorwissen nicht schadet). Wie Iman sagt: sehr empfehlenswert.
19.12.13
8:58
Abdulkerim sagt:
Das wurde echt Zeit, dass Prof. Khorchide mit seiner falschen Islamvorstellung gestoppt wird. Ich bin froh, dass es ein KRM in Deutschland gibt. Sonst könnte ja jeder irgendwelche Phantasie Thesen aufstellen.
19.12.13
14:50
Tariq sagt:
"Bernhard Uhde, einer der angesehensten Professoren für Katholische Theologie und Leiter des Instituts West-Östliche Weisheit an der Universität Freiburg, hat eine Stellungnahme zum Gutachten des Koordinationsrates der Muslime über Mouhanad Khorchide geschrieben - mit einem sehr klaren Fazit: »Das Gutachten selbst ist wissenschaftlich einseitig, falls es diesem Anspruch – der Wissenschaftlichkeit – überhaupt genügt, und selbstwidersprüchlich. Auch erweckt es den Eindruck, nicht neutral-ergebnisoffen – wie es bei einem universitären Gutachten unerlässlich ist – verfasst zu sein, sondern ein bereits zuvor festgelegtes Ergebnis nur noch begründen zu wollen. Damit verliert es den Rang eines unabhängigen Gutachtens und wird zu einer Art Plädoyer, dessen Verfasser sich dem Vorwurf von Befangenheit aussetzen müssen. Khorchide vertritt eine Position, die nicht außer dem Rahmen der islamischen Theologie liegt. Damit ist Khorchide eine Bereicherung der deutschen universitären Landschaft: Manches ist zwar provokant und gelegentlich sehr allgemein vorgetragen, aber Khorchide vertritt diskussionswürdige Positionen, sowohl universitär wie auch innerhalb des Islam. Das „Gutachten“, wie es jetzt vorliegt, schwächt die vom KRM vorgetragene Haltung. Der KRM hat sich mit diesem „Gutachten“ keinen Gefallen getan, sondern sich selbst angreifbar gemacht.« http://blog.jankuhlmann.net/wp-content/uploads/2013/12/Uhde_Stellungnahme.pdf
05.01.14
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