Die Schweiz debattiert über ein sogenanntes Vermummungsverbot. Eine Initiative will das Tragen der Burka in der gesamten Schweiz verbieten. Die Initiatoren gelten als islamfeindlich. Gegen die Pläne regt sich jedoch auch Widerstand.
Vor knapp zwei Wochen entschied der Schweizer Kanton Tessin, dass das Tragen einer Burka in der Öffentlichkeit über einen Eintrag in die Bundesverfassung verboten werden soll. Wie auch schon bei der 2009 in Gang gebrachten Anti-Minarett-Initiative, scheint es in der ganzen Schweiz jedoch nur wenige Fälle zu geben, die man verbieten möchte. Kritiker sehen daher in der Initiative erneut eine „Symbolpolitik auf dem Rücken von Muslimen“. Doch anders als 2009 gibt es rechtliche Zweifel und Widerstand gegen die Pläne.
Das Bundesamt für Justiz in Bern prüft, ob die Entscheidung in Tessin überhaupt mit den geltenden Gesetzen der Schweiz vereinbar ist. Experten glauben, dass ein Verhüllungsverbot einen Eingriff in die persönliche Glaubens- und Gewissensfreiheit darstellen kann. Auch würde laut Juristen ein Verbot die Europäische Menschenrechtskonvention verletzen.
Zwar richtet sich die Initiative, wie schon 2009 beim Minarettverbot, nicht explizit gegen Muslime – die Initiatoren sind allerdings als islamfeindliche Akteure innerhalb der Schweizerischen Volkspartei (SVP) bekannt. So kritisierten denn auch sowohl muslimische Vertreter den Vorstoß ebenso wie auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai).
Die Vereinigung Islamischer Organisationen Zürich (VIOZ) erklärte zur Verbotsinitiative, diese richte sich gegen die persönliche und gelebte Glaubensfreiheit des Einzelnen. Stellte die schweizerische Antiminarettinitiative schon ein „beinahe unerträgliches Maß der kollektiven Diskriminierung der muslimischen Gemeinschaft dar“, überschreite nun die „Antiburkainitiative jegliche Form des Akzeptablen.“
Den größten Widerstand gegen das Burkaverbot gibt es aus der Tourismusbranche. Die Zahl der Touristen aus dem Nahen Osten in der Schweiz habe sich, nach Angaben von Branchenvertretern, in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Schätzungen zufolge geben die Touristen aus dem Nahen Osten knapp 1,5 Milliarden Franken (ca. 1,2 Milliarden Euro) in der Schweiz aus. Ein Burkaverbot wäre auch aus Sicht des Hotelleriesuisse-Präsident Guglielmo L. Brentel schädlich für das Image der Schweiz und führe unweigerlich auch zu Einbußen in den Einnahmen.
Innerhalb der SVP gibt es zwar starke Befürworter für ein Burkaverbot, aber die Parteiführung hält sich weitestgehend bedeckt und greift das Thema nicht zu stark auf. Fraktionschef Adrian Amstutz erklärte, man wolle eine Entscheidung über die Verbote den Kantonen selbst überlassen. Und der Zürcher SVP-Nationalrat Gregor Rutz erklärte gegenüber der Zeitung Schweiz am Sonntag: „Nur weil das Anliegen populär ist, ist es noch nicht richtig. Ich halte die Initiative für falsch. Es ist nicht Aufgabe des Staates, Kleidervorschriften zu erlassen. Das greift in die Persönlichkeitsrechte ein. Ich laufe auch herum, wie ich will.“
Die Debatte um ein Verbot scheint aber erst jetzt richtig anzulaufen. Das Thema dürfte in den nächsten Monaten und auch im Vorfeld der Europawahlen wieder in den Vordergrund rücken.