AfD, Pegida und Co.

„Islamfeindlichkeit fast so alt wie der Islam selbst“

Christian Röther, Religionswissenschaftler und Autor, befasst sich seit Jahren mit der Islamfeindlichkeit in Deutschland. Sein Buch “Wenn die Wahrheit Kopf steht. Die Islamfeindlichkeit von AfD, Pegida und Co.“ ist soeben erschienen. Im KNA-Interview spricht er über diffuse Ängste, die bevorstehenden Wahlen und dem Islam.

06
03
2017
Christian Röther © Twitter, bearbeitet by iQ.

KNA: Herr Röther, warum erscheinen momentan so viele Bücher über die AfD – und warum haben Sie darüber geschrieben?

Christian Röther: Das ist sicher eine Folge des Erfolgs der Partei bei den vergangenen Landtagswahlen – gerade im Jahr der Bundestagswahl interessiert dies viele Menschen. Das Thema Islam hat die AfD erst vor ungefähr einem Jahr in den Mittelpunkt gerückt. Vorher hatte sie sich erst auf den Euro und dann auf Flüchtlinge konzentriert. 2009 habe ich mit meinen Recherchen über die antiislamische Szene begonnen. Inzwischen habe ich darüber promoviert und dafür auch Interviews mit Aktivistinnen und Aktivisten geführt. Inzwischen sehen sehr viele von ihnen in der AfD die Partei, die sie politisch vertritt und die auch Chancen hat, ihre islampolitischen Forderungen durchzusetzen.

KNA: Warum ist gerade der Islam zu einem solchen Feindbild geworden?

Röther: Die europäischen antiislamischen Bilder sind fast so alt wie der Islam selbst. Er galt zunächst als militärische Bedrohung für das sogenannte Abendland, und viele Stereotype haben sich gehalten. Diese sind  tief im kulturellen Gedächtnis verwurzelt und wurden in den vergangenen Jahren reaktiviert. 1979 hat ein politisierter Islam im Iran die Macht übernommen. Das wurde im Westen zu Recht negativ aufgenommen, und der politische Islam gelangte ins Bewusstsein der Menschen.

KNA: Welche Rolle spielen die Terroranschläge der vergangenen Jahre?

Röther: Der 11. September 2001 spielt eine große Rolle. Danach gab es auch Anschläge in Europa, der niederländische Filmemacher Theo van Gogh wurde ermordet, 2006 kam es zum Konflikt um die Muhammad-Karikaturen. Diese Ereignisse haben den medialen und politischen Fokus auf den Islam gelenkt. Die ersten Gruppen der antiislamischen Szene entstanden Mitte der 2000er Jahre. Seit ungefähr drei Jahren wird die Diskussion durch die Gräueltaten der Terrormiliz “Islamischer Staat“ (IS) weiter angeheizt.

KNA: Die Angst vor Terroranschlägen ist aber vermutlich nur eine von vielen Ängsten, die den Islam betreffen.

Röther: Die Angst vor dem Unbekannten ist wohl eine menschliche Grundkonstante. Die vermeintliche Fremdartigkeit des Islams wird von manchen Medien betont. Zugleich werden Muslime, die nicht fremd erscheinen, in der Öffentlichkeit oftmals nicht als Muslime wahrgenommen.

KNA: Immer häufiger scheinen Fakten ohnehin kaum eine Rolle zu spielen – Stichwort “postfaktisch“ -, so bei der “Todesfahrt von Heidelberg“ Ende Februar. Wie kann man damit umgehen?

Röther: Das ist in der Tat ein Problem. Im Fall von Heidelberg hat die Polizei schnell klargestellt, dass keine  Extremisten dahinterstecken. Daraufhin behaupteten Menschen, es solle nur verschwiegen werden, dass es eben doch Islamisten waren. Ähnlich ist es bei der Unterstellung, Muslime wollten Europa erobern: Wer ihr widerspricht, gilt in der antiislamischen Szene als Lügner. Dagegen ist argumentativ kaum anzukommen. Dennoch müssen Medien, die Polizei und Parteien weiterhin Fakten verbreiten und hoffen, dass sie sich durchsetzen.

KNA: Könnten die islamischen Religionsgemeinschaft generell mehr in punkto Aufklärung tun?

Röther: Ich habe den Eindruck, dass die islamischen Religionsgemeinschaften sich einerseits von den Extremisten abgrenzen, andererseits aber eine Dämonisierung des Islams fürchten – und sich schwertun, diese Position differenziert zu vertreten. Ihre Aktionen und Äußerungen finden zudem meist weniger Gehör als Terroranschläge oder auch Pegida-Demonstrationen. Derzeit steht etwa die Ditib in der Kritik wegen ihrer Verstrickungen in den türkischen Staat: Wenn die jetzt eine Islam-Aufklärungskampagne starten würden, würden wohl viele Menschen sagen, kümmert euch erst einmal um eure politischen Probleme.

KNA: Wie schätzen Sie das Verhältnis zwischen der AfD und den Kirchen ein?

Röther: In diesem Spannungsfeld wird eine Deutungsfrage verhandelt – nämlich die Frage, was es im 21. Jahrhundert in Deutschland bedeutet, Christ zu sein. Die Kirchen und die AfD geben unterschiedliche Antworten: Die Kirchen betonen, dass wir notleidenden und schutzsuchenden Menschen helfen müssen. Die AfD vertritt dagegen die Position, dass wir uns selbst schützen müssen. Entsprechend verbreitet ist Kirchenkritik in der AfD – bis hin zu der Unterstellung, dass Kirchenvertreter heimlich zum Islam konvertiert seien. Zugleich vertritt die AfD teils radikal-christliche, konservative Positionen.

KNA: Diese Richtungskämpfe – auch innerhalb der Partei – sind ein zentrales Thema Ihres Buchs. Was erwarten Sie im Wahljahr 2017?

Röther: Seit dem Jahreswechsel habe ich den Eindruck, dass das Thema Islam bei der AfD etwas in den Hintergrund tritt. Womöglich haben sie genug mit internen Konflikten zu tun. Insofern bin ich gespannt, was für eine Kampagne die Partei zum Wahlkampf starten wird. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Selbst ganz pauschal gegen den Islam zu sein ist grundsätzlich nichts Schlechtes. Es ist in unserer pluralitischen Gesellschaft auch legitim pauschal gegen das Christentum, die AfD oder die Linkspartei zu sein. So war der Philosoph Kelsos schon in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts ganz pauschal gegen das Christentum: Hier einige seiner interessanten Aussagen: Es sei absurd zu glauben, dass sich die höchste Gottheit in einen menschlichen Körper begebe, noch dazu einen normalen und unauffälligen, dem man das Göttliche nicht ansieht, und dass Gott sich mit Bösem und Hässlichem abgebe und dem Leid aussetze. Außerdem sei nicht einsichtig, dass Gott dies erst zu einem bestimmten Zeitpunkt getan habe und nicht schon früher. Es sei unsinnig zu glauben, dass Gott sich um die Juden und die Christen mehr kümmere als um die übrige Welt und nur zu ihnen seine Boten entsende. Ebenso könnten Würmer oder Frösche sich einbilden, dass das Weltall ihretwegen bestehe und dass Gott sie gegenüber allen anderen Wesen bevorzuge. Seine Schriften wurden von christen Glaubensverfechtern schließlich im 4. Jahrhundert vernichtet. Entschlossene Gegnerschaft zum Islam wie sie Hamed Abdel-Samad, Ayan Hirsi-Ali oder Salman Rushdie betreiben halte ich für fruchtbar.
07.03.17
10:34
Andreas sagt:
Liebe Frau Fabel, natürlich ist es grundsätzlich erlaubt, gegen irgendetwas zu sein. Die Frage ist aber, welche Konsequenzen man daraus zieht. Kommt man dann mit Diskriminierung und Verboten daher, ist das in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft eben nicht mehr in Ordnung. Zumindest, solange da, gegen das man ist, sich nicht gegen diese freiheitlich-demokratische Gesellschaft richtet.
07.03.17
18:42
Enail sagt:
Da der Islam, egal auf welchem Winkel der Welt er sich ausbreitet, den Menschen nichts Gutes und Positives bringt, sieht man an den islamischen Ländern, braucht man sich doch nicht zu wundern, wenn man Verhältnisse wie man sie aus islamischen Ländern kennt, in der westlichen Welt nicht haben möchte. Zudem der Islam nicht nur eine Religion sondern auch eine Ideologie ist, die sich negativ auf das ganze Leben der Gesellschaft und des Einzelnen auswirkt. Und dass die sogenannte Islamfeindlichkeit fast so alt wie der Islam selbst ist kann auch daher kommen, dass sich der Islam von Beginn an mit Gewalt ausgebreitet hat und das auch heute noch immer versucht. Es gibt kein islamisches Land in dem religiöse Minderheiten ihre Religion so leben können, wie Muslime es in nicht islamischen Ländern immer wieder für sich fordern.
07.03.17
23:48
gregek sagt:
Mittlerweile wird schon der Vorwurf der Islamfeindlichkeit ausgesprochen, obwohl hierzulande lediglich sachliche Kritik ohne die Forderung von Verboten oder Diskriminierung geäußert wird. Im Gegensatz zu Rasse, sexueller Orientierung oder ethnischen Zugehörigkeit ist Religion genauso kritikwürdig wie eine politische Weltanschauung. Alles andere wäre eine Defizit an Demokratie, wie sie in den muslimischen Ländern zutage tritt.
08.03.17
19:54
Ute Fabel sagt:
Tolerant war ist ist der Islam immer nur dann, wenn er keine politische Macht hat. Ähnliches gilt übrigens auch für das Christentum und selbst für den Buddhismus. Das dies so bleibt, und in Ländern, wo der Islam politische Macht hat, so kommt, dafür sollten wir kämpfen! Der oft zitierte Koranvers „Euer Glauben für Euch, mein Glaube für mich“ hat seinen Ursprung in einer Zeit militärische Schwäche. Es ist kein Kunststück religiöse tolerant zu sein, wenn man ohnedies keine politische Macht hat. Die Sure 9, Vers 29, die aus einer Zeit größerer militärischer Stärke, lässt die Maske fallen: „Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Gott und den jüngsten Tag glauben und nicht verbieten was Gott und sein Gesandter verboten haben, und nicht der wahren Religion angehören – von denen, die die Schrift erhalten haben – kämpft gegen sie, bis sie kleinlaut aus der Hand Tribut entrichten"
09.03.17
12:29
Sven sagt:
Gesamte Analyse nachprüfbar unter: Extreme Kriminalität und Gewalt als direkte Folge der Flüchtlingspolitik: Zahlen, Fakten, Beweise von Frau Ines Läufer ,Hamburg . Ergebnisse der Korrekturfaktoren- Analyse. Die Flüchtlinge = eine der kriminellsten und gewalttätigsten Gruppen welt- weit. Mit der Summe der Fakten aus der Analyse, lassen sich die 2015 nach Deutschland gelang- ten Flüchtlinge ganz konkret beschreiben. Es lässt sich ein abschließendes Gesamtbild wie folgt zeichnen: Die Bundesregierung und die Bundeskanzlerin haben im Jahr 2015 durch die eigenmächtige Aussetzung euro- päischer Abkommen und die faktische Außerkraft- setzung des deutschen Asylrechts eine Situation gescha en, in deren Folge fast eine Million Flüchtlinge teilweise unkontrolliert und unregistriert, oftmals mit falschen oder Mehrfachidentitäten nach Deutschland einreisen konnten. Diese Gruppe der Flüchtlinge besteht zu knapp 3/4 aus - jungen Männern, die - zum überwiegenden Teil aus extrem gewalttätigen Familienumfeldern stammen und deshalb - in einem im Vergleich zu Deutschen massiv überhöh- ten Maß jene Persönlichkeitsstrukturen ausgebildet haben, die extreme und besonders brutale Gewalt und Kriminali- tät psychologisch überhaupt erst möglich machen, nämlich die Verinnerlichung von Täter-Introjekten sowie die Aus- bildung antisozialer und psychopathischer Persönlichkei- ten. In welchem Ausmaß dies der Fall ist, lässt sich direkt in den Vergleichen der proportionalen Beteiligung an schweren Gewaltdelikten, Verge- waltigungen etc. erkennen. - 3/4 dieser jungen Männer folgen mit dem Islam einem ideologisch religiösem Dogma, zu dessen erklärten Feind- bildern Christen und Juden zählen - bzw. Ungläubige allgemein - gegen die u.a terroristische Anschläge als probate Art vorzugehen gelten. In dieser Ideologie haben sich Frauen den Männern unterzuordnen und gleichzeitig stets verfügbar zu sein. Sie haben demnach ein felsenfestes Argument im Gepäck, um die extremen Gewalttaten, einschließlich islamistischer Attentate, auf der sachlichen Ebene zu legitimieren und ein Schuldbewusstsein zu verunmöglichen. - Die große Mehrheit dieser jungen Männer bringt weder die Voraussetzungen noch die Bereitschaft mit, mittel- oder langfristig in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft integriert zu werden. Sie werden dauerhaft in den sozial schwächsten Schichten der Gesellschaft verblei- ben und dabei auch unser Sozialsystem über die Maßen belasten, Alle diese Faktoren potenzieren die Wahrscheinlichkeit, kriminell und gewalttätig zu werden, in enormem Ausmaß
09.03.17
14:55
Johannes Disch sagt:
@Sven Flüchtlinge sind nicht krimineller als andere Gruppen. Nachprüfbar u.a. bei Ulf Küch: "Soko Asly." Ulf Küch ist Landesvorsitzender des BDK Niedersachsen.
13.03.17
9:48
Johannes Disch sagt:
Die Kommentare hier bestätigen Christian Röther. Es sind die immer gleichen Stereotypen: Historische Halbwahrheiten, aus dem Kontext gezogene Suren, etc. Diese Art von "Islamkritik" dient nur dazu, Muslime und ihre Religion zu stigmatisieren. Die Sache ist ganz einfach: Unsere Verfassung garantiert Religionsfreiheit als Grundrecht nach Art. 4 GG. Un dieses gilt auch für Muslime und ihren Glauben, genannt Islam. Und solange sie diesen im Rahmen der Gesetze praktizieren ist alles okay. Und es ist ihr gutes Recht, sich gegen pauschale "Islamkritik" zur Wehr zu setzen.
13.03.17
9:53
Johannes Disch sagt:
@Sven (Ihr P vom 09.03.2017, 14:55) Sie beziehen sich auf Ines Läufer und einen Artikel im erzreaktionären "Tichys Blog." Ines Läufers Umgang mit Statistik ist nicht anders als dilettantisch zu bezeichnen. Ich werde bei Gelegenheit mal ausführlich darlegen, warum es ziemlich schwierig bis unmöglich ist, statistisch einen seriösen Zusammenhang herzustellen zwischen der Ethnie / der Religion eines Menschen und Straftaten.
13.03.17
20:03
Manuel sagt:
@Johannes Disch: Und im Zuge der Meinungsfreiheit ist auch legitim den Islam zu kritisieren und seine mittelalterlichen Dogmen abzulehnen!
14.03.17
10:41
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