Kommentar

Youtuber wollen den Islam erklären! Warum?

Die Bundeszentrale für politische Bildung startet mit dem Projekt „Youtuber wollen den Islam erklären“ ein neues Präventionskonzept. Ein kritischer Kommentar dazu von dem Juristen Murat Kayman.

26
08
2015
Youtube erreicht täglich Millionenen von Nutzer. © by Rego Korosi auf flickr.com (CC BY 2.0),

Die Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb) möchte mithilfe dreier Youtuber „den Islam erklären“. Dieses Vorhaben verursacht große Skepsis. Es ist dem ersten Eindruck nach ein weiteres Glied in der Kette, der seit längerer Zeit auch von anderen Akteuren betriebenen Praxis, den Islam ohne den Beitrag der islamischen Religionsgemeinschaften verstehen und erklären zu wollen.

Das heißt, es wird ein Islam als idealtypisch imaginiert, der möglichst frei ist vom Einfluss praktizierender und organisierter Muslime. Wie auch in anderen Bereichen der gesellschaftlichen und/oder staatlichen Interaktion beim Thema Islam sind Muslime, zumal jene, die sich in den etablierten Religionsgemeinschaften organisieren, immer häufiger nur Gegenstand der Betrachtung, Bezugspunkt des Handelns und damit nur Kundschaft, oft nur Zielgruppe, jedoch kaum Partner und mitverantwortlich für Inhalte.

Vor diesem Hintergrund muss man auch wissen, dass die Bundeszentrale für Politische Bildung, anders als landläufig oft assoziiert, keine neutrale Bildungseinrichtung ist. Die bpb ist eine nachgeordnete Behörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Inneren. Sie wurde Anfang der 50er Jahre als „Bundeszentrale für Heimatdienst“ gegründet und hatte die Erziehung zur Demokratie zur Aufgabe.

Das ist nichts Verwerfliches. Im Gegenteil zeigen die jüngsten Ereignisse in Heidenau, dass diese Aufgabe nicht nur mit Blick auf Muslime immer noch aktuell und wichtig ist. Und man würde sich wünschen, dass die bpb auf diesem Feld aktiver zu Werke gehen würde. Wie gesagt, ist diese Prädisposition der bpb kein Makel. Man sollte diese Hintergründe aber kennen, wenn man ihr Engagement bei dem Thema Islam bewertet.

Es wäre nachvollziehbar, wenn die bpb „über den Islam informieren“ würde. Aber nein, sie will „den Islam erklären“. Dabei will sie „Theologie-Experten auf den Zahn fühlen“. Die präsentierten Interviewer sind dabei frei von jeglicher tiefergehenden islamischen Bildung oder Prägung, so dass letztlich wieder nur ein Selbstgespräch der bpb mit Vertretern der theologischen Standorte zu erwarten ist. Die Interviewer werden somit zwangsläufig zu Stichwortgebern, welche die bekannten talking points der Islam-Debatte reproduzieren werden.

Ebenso werden die Interviewer aufgrund der mangelnden Kenntnisse zum und über den Islam nicht in der Lage sein, die Antworten ihrer Interviewpartner durch kritische Fragen intensiver herauszuarbeiten oder prägnante Äußerungen weiter zu entfalten. Oder auch zu widersprechen, wenn diese vielleicht Unsinn erzählen. Letztlich wird ein solches „Auf-den-Zahn-Fühlen“ wohl eher so wirken, wie ein Autofahrer, der die Motorhaube öffnet und sich vermeintlich fachkundig über den Motorblock beugt, aber in Wirklichkeit keine Ahnung hat, was da eigentlich klappert.

Präventionsarbeit?

Das erstrebte Ziel – präventiv auf junge Muslime einzuwirken – ist sicher löblich, wird jedoch mit diesen Mitteln wohl eher nicht zu erreichen sein. Man stelle sich nur einen Dialog zwischen den betroffenen Jugendlichen vor: „Du, der Islam will Frieden und ist gegen IS“ – „Woher willst Du das denn wissen?“ – „LeFloid hat’s mir erklärt.“ Ob das sehr überzeugend auf Jugendliche wirkt, die sich von radikalen Inhalten angezogen fühlen, ist zumindest fraglich.

Wenn man mit diesem Projekt tatsächlich die Frage aufwerfen will, wie man „Anhänger der Religion besser in unsere Gesellschaft integrieren“ will, sollte man vielleicht damit anfangen, auf die etablierten islamischen Religionsgemeinschaften zu hören und sie einzubinden. Einen Kontakt der bpb zu den islamischen Religionsgemeinschaften, scheint es jedoch nicht gegeben zu haben. Es ist eher zu vermuten, dass ganz bewusst ohne die islamischen Religionsgemeinschaften gearbeitet wird, schließlich werden diese ja seit längerer Zeit diskursiv als „konservativ“ markiert, was heißen soll, dass sie als untauglich für gesellschaftliche Debatten betrachtet werden.

Da diese auf verschiedensten Ebenen perpetuierte Betrachtungsweise gegenwärtig argumentativ kaum zu durchbrechen ist, muss man die bpb und alle ähnlich orientierten Akteure wohl ihre Fehler machen lassen. Nachdem diese Ansätze im Sande verlaufen, wird man sich vielleicht daran erinnern, dass es ja islamische Religionsgemeinschaften gibt, die vielleicht doch eingebunden werden sollten, wenn man „den Islam erklären“ will.

Wirksam kann dieses Format allerdings sein, wenn es die Neugier nichtmuslimischer Zuschauer auf den Islam weckt, Fragen beantwortet, die sich Nichtmuslimen bei diesem Thema stellen und damit vielleicht einen Impuls setzt, sich mit Muslimen auszutauschen und sich mit ihnen über ihren Glauben zu unterhalten. Auch wenn man sich die Frage stellen mag, ob es ein konstruktiver Ansatz ist, sich einer als fremd wahrgenommenen Religion problemorientiert zu nähern und somit auch die Betrachtungsweise vorzubestimmen, kann ein solcher Ansatz durchaus Hemmschwellen abbauen und nichtmuslimische Jugendliche vielleicht dazu motivieren, sich ihren muslimischen Altersgenossen offener und dialogbereiter zu nähern.

Das wäre eine vielleicht von der bpb nicht vorrangig intendierte Wirkung dieses Formats aber angesichts der zunehmenden Islamfeindlichkeit in unserer Gesellschaft durchaus eine sinnvolle Erziehung zur Demokratie. Denn präventive Arbeit tut nicht nur muslimischen Jugendlichen gut.

Leserkommentare

NoReligion sagt:
Die Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb) sind die Allerletzten, die den Islam erklären können. Der IS kann den Islam erklären, mit guten Beispielen, denn der IS lebt genau Mohameds Vorschriften, agiert wörtlich nach den Suren und Hadithen. Das ist allerdings eben nicht der "gelebte Islam" So wie viele Christen eben auch nicht alle Vorschriften befolgen. Die Aktion des bpb ist völlig sinnfrei und eher Taqiyya für die Deutsch Eingeborenen, damit Ruhe im Volk bleibt. Die Seite der praktizierenden und organisierten Muslime wäre in der Tat sehr interessant für uns "Ungläubige" oder wie der Koran sagt "Kufr" , also Verbrecher. Ihr Muslime solltet uns nicht recht Geleiteten schon einiges erklären, wenn Ihr uns im Herzen eben nicht alle als Verbrecher betrachtet, wie es laut Koran Eure Pflicht wäre. Es tut mir leid, aber als Verbrecher bezeichnet und zum Abschuß freigegeben durch Euer Glaubensbekenntnis macht uns nicht eben tolerant gegenüber Muslimen. Der Dialog sollte auch nicht von Mayzek geführt werden, Ihr Muslime solltet Euch mehr zu Wort melden, alle die trotz ihres Glaubens den universellen Menschenrechten auch für Nichtmuslime zustimmen sollten mehr in den Vordergrund treten. Der praktizierte Islam, wie der Autor so schön sagt, ist für Ungläubige völlig unsichtbar-logisch daß die radikalen Moslems wie Vogel das Bild bestimmen und wir Ungläubige bei Allem abwinken und sagen: klar, Taquiyya.
26.08.15
22:10
otto sagt:
Youtuber wollen den Islam erklären! Warum? tja vielleicht sollte man mal einen Praxis-test machen und "Islam" auf Youtube als Suchbegriff eingeben. Wer erklärt einem denn dann den Islam ? Pierre Vogel & Co oder ZDM ?
03.09.15
0:29
@NoReligion sagt:
Ich finde es witzig, wie Sie Taqiya und Pierre Vogel in einen Zusammenhang bringen. Wüssten Sie Bescheid über den Islam, würden Sie es nämlich nicht tun. Ich zweifle selbst an Ihrem Verständnis von Taqiya. Was heißt "zweifeln", ich weiß sogar, dass Sie 0 Ahnung davon haben! Übrigens bin ich es leid, immer hören zu müssen, dass der IS doch genau das vorlebt, was Moahmmed getan hat. Wenn Sie diese Aussage tätigen, müssten Sie doch ein anerkannter Hadithwissenschaftler, Koranexeget und Islamexperte sein. Wahrscheinlich sind Sie einfach zu bescheiden und wollen hier nicht mit Ihrem gewichtigen Echtnamen prahlen.
01.11.15
22:40