Islamophobie

Verwundert über Pegida?

Wie ist der große Erfolg der Pegida-Bewegung zu erklären? Auf welche gesellschaftlichen Hintergründe ist sie zurück zuführen? Wie hängt der gesellschaftliche und mediale Diskurs über den Islam mit der zunehmenden Islamophobie zusammen? Diesen Fragen widmet sich der Politikwissenschaftler Dr. Farid Hafez in diesem Artikel.

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2015

Betrachtet man die Geschehnisse der letzten Monate, so schein es, als wäre 9/11 für die MuslimInnen noch ein Zuckerschlecken gewesen. Das Bild des Schläfers verdächtigte den im Geheimen versteckt agierenden Terroristen. Mit dem Diskurs über den Milizstaat ‚Islamischer Staat‘ (IS) ist eine neue Welle geschlagen worden. Das Bild des bösartigen Muslims ist nicht mehr bloß jenes des sich mithilfe der taqiyya („Verstellung“, Anm. d. Red.) versteckenden Terroristen.Bereits der Diskurs über den Salafismus machte es möglich, den ‚bösen Muslim‘ mithilfe markanter Symbole ausfindig zu machen. Der Bart, die Kleidung und vieles mehr ermöglichten mithilfe massenmedialer Verbreitung jedem Einzelnen, Anzeichen für eine mögliche dschihadistische Gesinnung ausfindig zu machen. Staatliche Restriktionen wie das Verbot der Symbolik des IS sind hier nur ein Nebenschauplatz.

Einen tatsächlichen Paradigmenwechsel bildet der öffentliche Diskurs, der den IS zum Dauerthema gemacht hat, den Dschihadisten zum Feind im Inneren auserkoren hat und die gesamte muslimische Jugend zum potentiellen Opfer der Verführer. Ein solcher Diskurs baute auf eine bereits hegemoniale islamophobe Stimmung, die von Personen wie einem Henryk Broder bis hin zu einem Thilo Sarrazin ermöglicht wurde. Dass die Parteien im deutschen Bundestag eine solche Islamophobie nicht mehr bloß mit selektiven Restriktionen ein einfangen können, war nur eine Frage der Zeit.

Islamophobie in der Dominanzgesellschaft

Wie Stefan Zweig einst sagte: „Der Nationalsozialismus hat sich vorsichtig, in kleinen Dosen, durchgesetzt – man hat immer ein bisschen gewartet, bis das Gewissen der Welt die nächste Dosis vertrug“. Eine Frage der Zeit war damit auch, wie lange es noch dauern würde, bis ein islamophobes Programm zur Grundlage einer breiten Bewegung werden würde. Ja, es gibt die Pro-Parteien und auch im rechtsextremen Spektrum hat eine NPD sich in den letzten Jahren der Islamophobie bedient. Da man in Deutschland aber nicht offen rechtsextrem und revisionistisch sein konnte, war es schwer, dass diese Akteure mit der Islamophobie einen Riesenerfolg erzielen würden.

Manche Beobachter in Deutschland blicken mit etwas Verachtung auf die rechtspopulistische österreichische Partei, die lautstark und in aller Deutlichkeit mit Slogans wie ‚Daham statt Islam‘ skandiert und wiegt sich in Sicherheit, dass in einem post-nationalsozialistischen Deutschland die Geschichte sich nicht wiederholen würde. Aber vermutlich ist genau der Umstand, dass die Islamophobie in Deutschland in erster Linie nicht im rechtsextremen oder rechtspopulistischen Spektrum begann, sondern eben in der Dominanzgesellschaft, ein Hinweis auf diese Blindheit gegenüber einem anti-muslimischen Rassismus, der im Bereich der Sicherheitspolitik wie auch in Gesetzgebungen etwa im Bereich der Bildung institutionalisiert wurde.
Eine Reihe an Studien im Jahr 2014 verdeutlichte die Verbreitung islamophober Ideologeme. Daran sind nicht die NPD oder die Pro-Parteien schuld. Das ist das Ergebnis eines hegemonialen Diskurses, der von AkteurInnen der Dominanzgesellschaft verbreitet wird.

Reaktionen der Politiker

Umso verwunderlicher ist es, dass das politische Establishment sich überrascht gibt. Was sonst sollte das Ergebnis einer jahrelangen islamophoben Stimmungsmache, einhergehend mit restriktiver Islampolitik, die meist Sicherheitspolitik und legalistischer Diskriminierung am Ende ergeben?
Ja, es ist sehr begrüßenswert, wenn Kanzlerin Angela Merkel sich klar und deutlich in ihrer Neujahrsrede gegen Pegida ausspricht. Eine glaubwürdige Auseinandersetzung – nicht nur gegenüber dem Ausland, um das internationale Ansehen Deutschlands zu schützen – fordert aber auch eine kritische Aufarbeitung anti-muslimischer Gesetzgebungen wie dem Kopftuchverbot, der islamophoben Sicherheitspolitik der Innenministerien und generell einer Reformation der Islampolitik.

Leserkommentare

alim sagt:
Danke für den Beitrag. Zwei Anmerkungen/Fragen zu den Begrifflichkeiten: 1. Ist es angemessen von "Islamophobie", also Angst vor dem Islam, zu sprechen? Es ist menschlich, Angst vor etwas zu haben. Ich finde, man müsste viel eher von Islamfeindlichkeit sprechen. 2. Als Muslime wehre mich gegen die - auch hier vorgenommene - Verwendung von "Dschihad" mit Kriegsvokabular.
04.01.15
18:13
david sagt:
Was ich sehr schade finde ist, das sich auch viele Muslime von Christen distanzieren. Die Religion hat nichts mit einem Menschen an sich zu tun. Es gibt in jeder Religion schwarze Schafe. Nicht die Relgion zählt sondern, kann ich vor meinen Gott treten und mit reinem Gewissen sagen das ich ein guter Mensch war und reinen Herzens bin. Ich ziehe auch den Hut vor Menschen die sich hier voll und ganz zu Deutschland bekennen und sich integrieren wollen. Hier einen Beruf ausüben und Steuern zahlen und es zu was gebracht haben. Was Deutsche garnicht verstehen ist, wenn jemand Jahre lang vom deutschen Staat lebt und sich nicht in die Gesellschaft einfügen will und dann noch kriminell ist. Die Angst der deutschen ist auch vor der Gewaltbereitschaft die leider auch von jungen Muslimen ausgeht. Kommentare von jungen Muslimen wie zb. ich will keine deutschen Freunde die fressen Schweine, sind auch nicht gerade ein Zeichen der Integration oder man wird sofort als Nazi verschrien sobald man sich kritisch äußert. Ich als deutscher habe kein Problem mit Ausländern und ich diskutiere auch mit meinen türkischen Freunden die ich auch seit über 20Jahren habe. Eine türkische Freundin von mir ist mit einem Deutschen verheiratet und auch gläubig aber deswegen muß ihr Mann nicht zum Islam konvertieren. Vielleicht sollte man auch im Islam nach Möglichkeiten der Veränderung suchen. Das Christentum war vor über hundert Jahren auch noch nicht soweit Veränderungen zu akzeptieren. Man trug auch hier Kopftücher, trug lange Kleider und heiraten durfte man auch nicht jeden und schon keinen anderen Glaubens. Und wenn sich zwei Menschen lieben sollte keine Religion oder Herkunft eine rolle spielen, denn alle Religionen predigen Liebe und nächsten Liebe.
04.01.15
21:49
Malte sagt:
an alim: 1. Der Begriff "Islamfeindlichkeit" wird leider inflationär gebraucht und hat keinerlei Aussagekraft, weil jede Kritik, unabhängig davon, ob sie berechtigt ist oder nicht, bereits als islamfeindlich abgetan wird. Im übrigen haben die Menschen ja Angst vor dem Islam, also ist der Begriff "Islamophobie durchaus zutreffend. Es geht nicht darum, ob die Angst berechtigt ist oder nicht, zumindest ist sie da. 2. Eine Auslegung des Begriffes Dschhad ist nun einmal auch kriegerisch. Und so wird der Begriff auch von den Jungs der ISIS und anderer Terrororganisationen, die sich auf den Koran berufen, verwendet. Warum sollte das nter den Teppich gekehrt werden? Abgesehen davon ist der Dschihad auch in der Anfangszeit des Islam durchaus mit Krieg in Verbindung gestanden. Sicherlich mag es verfehlt sein, hier den christlich geprägten Begriff des heiligen Krieges zu verwenden, aber letzlich wäre das nur Wortklauberei. Am Ende bleibt, dass Dschihad eben auch Krieg beinhaltet.
05.01.15
16:55
Thomas sagt:
Dass die Ängste der Islamophoben nicht ganz unbegründet sind, haben heute (07.01.2015) die Menschen in Paris erleben dürfen. Dort haben nämlich die Friedenstruppen des Islam einen blutigen Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo verübt, bei dem es bislang immerhin 12 Tote gab.
07.01.15
13:43
Volker sagt:
Folgendes schreibt das Deutsche Institut für Menschenrechte bereits 2008 über den gefährlichen Begriff "Islamophobie", bevor Boko Haram 2000 unschuldige Nigerianer umbrachte, bevor in Dijon ein Mann mit dem Ruf "Allah ist groß" 11 Menschen mit seinem Pkw tötete und auch vor dem ebenfalls schändlichen Attentat in Paris. Das Dokument ist als PDF-Datei unter dem Titel "Das Islambild in Deutschland; Zum öffentlichen Umgang mit der Angst vor dem Islam" im WWW abrufbar. Also - Mißtrauen ist bereits geboten, wenn jemand das Wort "Islamophobie" in den Mund nimmt. Ich empfehle allerdings die Lektüre des gesamten Dokuments. "Ein Instrument zur Durchsetzung von Zensurmechanismen? Der Begriff der Islamophobie stößt teilweise auf starke Bedenken. Im Kontext des Streits um die Mohammed-Karikaturen pu blizierte die französische Wochenzeitschrift „Charlie Hebdo“ im März 2006 ei nen offenen Brief von zwölf bekannten Schrift stellerinnen und Schriftstellern, die vor Einschränkungen der Meinungsfreiheit unter dem Vorwand der Bekämpfung von Islamophobie warnen; zu den Unterzeichnenden zählen Ayaan Hirsi Ali, Bernard-Henri Levy, Taslima Nasreen und Salman Rushdie. Im Brief heißt es: „We refuse to renounce our critical spirit out of fear of being accused of ‚Islamophobia’, a wretched concept that confuses criticism of Islam as a religion and stigmatisation of those who believe in it.”69 Auch in Deutschland warnen manche vor dem Begriff der Islamophobie, den Bassam Tibi als “eine Waffe der Muslimbrüder in einem Pro pagandakrieg des politischen Islam gegen Europa und den Westen” bezeichnet hat.70"
13.01.15
13:50