Brandanschläge auf Moscheen

Fassungslosigkeit und scharfe Kritik

Nach dem erneuten Brandanschlag auf eine zweite Bielefelder Moschee binnen acht Tagen haben sich muslimische Vertreter kritisch über die Vorgänge und das Verhalten der Politik geäußert. Die Polizei Bielefeld ermittelt weiter, bittet Muslime aber auch um Hilfe.

20
08
2014
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Nachdem in Bielefeld gestern (19.08.2014) erneut eine Moschee gezielt in Brand gesteckt wurde, war die Anteilnahme für die Bielefelder Gemeinschaft groß. Neben dem Islamratsvorsitzenden und aktuellen Sprecher des Koordinationsrates der Muslime (KRM), Ali Kızılkaya, und dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime (ZMD), Aiman Mazyek, kamen der Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, Thorsten Klute (SPD), sowie der türkische Generalkonsul in Münster, Nafi Cemal Tosyalı, nach Bielefeld, um sich ein Bild von der Situation vor Ort zu machen und direkt das Gespräch mit den Betroffenen zu suchen.

Im Laufe des Tages veröffentlichte das Integrationsministerium in NRW eine Erklärung zu den Brandanschlägen. Darin sagte der Staatsminister, dass es „besorgniserregend“ sei, dass in den vergangenen Tagen zwei Moscheen in der Stadt Bielefeld Ziele von Brandstiftungen geworden sind. „Brandstiftungen sind in jedem Falle zutiefst zu verurteilen. In den beiden jüngsten Fällen haben die Täter ganz bewusst ein Gotteshaus und das heilige Buch des Islam, den Koran, angegriffen. Eine solch perfide Tat trifft nicht nur die gläubigen Muslime, sie trifft uns alle, die wir in unserer Verfassung die Religionsfreiheit verankert wissen und in Respekt vor Religionen und Gläubigen aller Religionen leben und weiter leben wollen.“ Der Staatssekretär ergänzte, das Land Nordrhein-Westfalen werde es nicht zulassen, dass Menschen alleine wegen ihres Glaubens zur Zielscheibe von Gewalttätern werden.

Yeneroğlu: Politik und Sicherheitsbehörden müssen handeln

Der Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), Mustafa Yeneroğlu verurteilte den dritten Brandanschlag auf eine Moschee in Deutschland binnen einer Woche. Er forderte, dass „Politik und Sicherheitsbehörden endlich handeln und die gegenwärtige Bedrohungslage ernst nehmen.“ Yeneroğlu sieht in dem Vorgehen zur Tat ein Muster. Aus seiner Sicht erhärte sich der Verdacht, die Tat könne „einen Islamfeindlichen Hintergrund haben“.

„In diesem Zusammenhang sind das lasche Vorgehen der Polizei und der ausgebliebene öffentliche Aufschrei mittlerweile besorgniserregend. Funktionäre der bisher betroffenen Moscheegemeinden vermissen nicht nur nötige Aufmerksamkeit vonseiten der Sicherheitsbehörden, sie fühlen sich auch allein gelassen. Anteilsbekundungen kommen – wenn überhaupt – nur zögerlich und in ganz wenigen Ausnahmefällen“, erklärte Yeneroğlu. Der IGMG-Generalsekretär sieht darin aber auch den Hinweis darauf, dass das „Problem nicht in seiner gesamten Dimension erkannt wurde.“ Angriffe auf Gotteshäuser müssten mit aller Entschiedenheit unterbunden werden. „In diesem Zusammenhang wäre nicht verkehrt, wenn auch Politiker die notwendigen Worte finden“, sagte Yeneroğlu.

Beck: Anschläge auf Religionsfreiheit

Der Grünenpolitiker Volker Beck, Sprecher für Religions- und Innenpolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen erklärte zu den Brandanschlägen auf Moscheen in Bielefeld und Berlin: „Brandanschläge auf Gotteshäuser sind Anschläge auf die Religionsfreiheit und damit auf die Grundlagen unseres Rechtsstaates und unserer Demokratie. Wenn Gotteshäuser brennen, fühlten sich ganze Gemeinden von Gläubigen angegriffen und verunsichert.“

Noch sei es zu früh, um die Anschläge von Berlin und Bielefeld einzuordnen. Man wisse nicht, wie es zu den Bränden gekommen sei, wenn auch viel auf vorsätzliche Brandstiftung deute. „Wer eine Moschee, eine Synagoge oder eine Kirche anzündet, beschmiert oder anderweitig angreift, will einer ganzen Glaubensgemeinschaft den Krieg erklären.“ Doch Beck macht deutlich: „Aber die Muslime in Deutschland sollen wissen: Wir verurteilen jeden Angriff auf ihre Religionsfreiheit.“

Polizei ermittelt weiter: Warnungen und Empfehlungen für Muslime

Die Polizei Bielefeld arbeitet unterdessen weiter an der Aufklärung der beiden Brandstiftungen. Die Ermittlungskommission führt am heutigen Mittwoch Umfeldermittlungen und Vernehmungen durch und wertet Spuren und Videoaufzeichnungen aus. Die Tatortaufnahme war gestern abgeschlossen worden. Hinweise auf den Zeugenaufruf der Polizei seien nicht eingegangen.

In einer Erklärung heißt es zudem: „Die Polizei nimmt die Brandstiftungen sehr ernst und zeigt an allen Bielefelder Moscheen und Gebetsstätten verstärkt Präsenz. Außerdem verteilen Bezirksdienstbeamte in Moscheen und Gebetsstätten Flyer mit Sicherheitsempfehlungen. Die Polizei ist auf die Mithilfe der türkischen Gemeinden, Vereine und Zentren angewiesen und gibt Empfehlungen, mit denen diese selbst für den Schutz in ihren Moscheen und Gebetsstätten sorgen können.

Unter anderem soll verstärkt auf auffällige Personen in den Moscheen geachtet werden und man soll diese aufgrund ihres Aufenthalts ansprechen. Die Polizei empfiehlt ferner in jedem Raum einer Moschee einen Rauchwarnmelder zu installieren und Alarm- und Sicherungseinrichtungen auf ordnungsgemäße Funktion zu überprüfen. Türen und Fenster sollen gegen Einbruch gesichert werden, aber auch Fluchtwege beachtet werden. Die Bielefelder Polizei appelliert zudem an alle Muslime, gemeinsam für die freiheitlich demokratische Gesellschaft einzutreten und aktiv einen besonnenen Umgang mit der Situation zu unterstützen.