Deutsche Islam Konferenz

Religionsgemeinschaften kritisieren Zusammensetzung und Ausrichtung der DIK

Um Prävention, Extremismus und Muslimfeindlichkeit soll es am Dienstag beim vorerst letzten Plenum der Deutschen Islam Konferenz gehen. Doch im Vorfeld rücken immer mehr muslimische Religionsgemeinschaften vom Innenminister und seiner Agenda ab.

06
05
2013
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Aydan Özoğuz, Integrationspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bundestag, forderte bereits im März 2011 die muslimischen Religionsgemeinschaften auf, die Deutsche Islam Konferenz (DIK) zu boykottieren. Als Grund führte Özoğuz damals den Vorstoß von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) für eine „Sicherheitspartnerschaft“ mit den muslimischen Religionsgemeinschaften an.

„Die Muslime sollten nicht mehr an der Islamkonferenz teilnehmen, bis ein anderer die Leitung übernimmt“, sagte Özoğuz und warf dem Innenminister vor die Teilnehmer der Islam Konferenz, zur Schärfung seines eigenen politischen Profils als Hardliner, zu missbrauchen. Die DIK wirke wie ein „alljährliches Kaffeetrinken von Verbands- und Würdenträgern – ohne Ergebnisse, ohne Fortschritt für die Gesellschaft.“

Kein Sinn mehr?

Fast zwei Jahre später scheint die Kritik von Özoğuz noch immer Gültigkeit zu besitzen. Mittlerweile kritisieren auch immer mehr Vertreter von Islamischen Religionsgemeinschaften öffentlich, dass es zu keinen konkreten und wichtigen Ergebnissen bei der DIK käme. Auch die Ausrichtung und der Sinn der DIK werden mittlerweile stark in Frage gestellt.

Die Deutsche Islam Konferenz wurde vom damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ins Leben gerufen, um den Dialog zwischen Staat und Muslimen zu verbessern. Anfangs wurden Themen der rechtlichen Gleichstellung von Muslimen und Islamischer Religionsgemeinschaften mit Kirchen, Religionsunterricht an Schulen und der Bau von Moscheen erörtert. Später legten die Nachfolger von Schäuble einen stärkeren Fokus auf Themen der Inneren Sicherheit.

So sagte etwa Erol Pürlü, Dialog-Beauftragter des Verbands der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) gegenüber der Süddeutschen Zeitung am Wochenende: „Die Konferenz ist nur sinnvoll als Dialog mit islamischen Religionsgemeinschaften – und nur mit diesen.“ Damit spielt Pürlü auf die Zusammensetzung des DIK-Plenums an. Neben Vertretern von islamischen Religionsgemeinschaften sitzen auch Vertreter des Staates, aber auch Islam-Kritiker und Einzel-Personen mit am Tisch und in den Arbeitsgruppen.

Muslime mit Islam-Kritikern

Die noch teilnehmenden islamischen Religionsgemeinschaften kritisieren zudem, dass der Innenminister das Thema Sicherheit zu stark in den Fokus gerückt habe. Die Tagesordnung dürfe nicht allein vom Ministerium diktiert werden, so eine zentrale Forderung. Gleichzeitig werden durch die Religionsgemeinschaften und Teilnehmer der DIK, die Erwartungen an wichtige Ergebnisse gedämpft.

Kritisiert werden auch mehrere Einzelpersonen und die Alevitische Gemeinde in Deutschland, die Mitglied der DIK sind. Diese nehmen auch an der „Kritischen Islam-Konferenz“, die von sogenannten „Ex-Muslimen“ durchgeführt wird, teil. Die „Kritische Islam-Konferenz“ wurde nach eigener Darstellung ausgerufen um sich bewusst von der Deutschen Islam Konferenz abzugrenzen. Sie ist in der Vergangenheit mit antimuslimischen Ressentiments aufgefallen.

Islamrat und ZMD nicht dabei

Seit längerem verzichten der Islamrat für die Bundesrepublik und der Zentralrat der Muslime (ZMD) auf eine weitere Teilnahme an der DIK. Der ZMD, kritisierte, dass die Anerkennung der Religionsgemeinschaften nicht genug verfolgt werde und verabschiedete sich aus der DIK. Stattdessen nahm sie jedoch an der „Sicherheitspartnerschaft“ von Innenminister Friedrich teil.


KRM


Koordinationsrat der Muslime in Deutschland (KRM)
Der Koordinationsrat der Muslime wurde im März 2007 von den vier großen Dachverbänden DITIB, VIKZ, Islamrat und ZMD gegründet. Er organisiert die Vertretung der Muslime in Deutschland und ist Ansprechpartner für Politik und Gesellschaft.

DITIB


Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB)
Der DITIB Dachverband vereint bundesweit 896 Ortsgemeinden. Das Vereinsziel ist es, Musliminnen und Muslimen einen Ort zur Ausübung ihres Glaubens zu geben und einen Beitrag zur Integration zu leisten. Darüber hinaus engagiert sich die DITIB intensiv im sozialen Bereich.

Islamrat


Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland
Der Islamrat wurde im Jahre 1986 als bundesweite Koordinierungsinstanz und gemeinsames Beschlussorgan islamischer Religionsgemeinschaften in Berlin gegründet. Er fühlt sich der Geschichte des Islam in Deutschland verpflichtet und betrachtet sich als Brücke zwischen Deutschland und der islamischen Welt.

VIKZ


Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ)
Dem VIKZ sind bundesweit zirka 300 selbstständige Moschee- und Bildungsvereine angeschlossen. Ziel und Zweck der Verbandsarbeit ist die religiöse, soziale und kulturelle Betreuung von Muslimen in Deutschland.

ZMD


Zentralrat der Muslime (ZMD)
Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) ist eine Dachorganisation von derzeit 22 muslimischen Dachorganisationen und umschließt auch Einzelmitglieder.

Ali Kızılkaya, Vorsitzender des Islamrates, bewertete die DIK mit den Worten: „Schon immer war die Asymmetrie der Zusammensetzung, der Struktur, der Finanzausstattung und der Themenbesetzung eine kennzeichnende und von uns monierte Schwäche.“ Seine Organisation verzichtete bewusst auf eine weitere Teilnahme an der DIK, nachdem das Innenministerium dem Islamrat eine „ruhende“ Mitgliedschaft zugetragen hatte.

Der VIKZ und die DITIB sind zur Zeit die einzigen Islamischen Religionsgemeinschaften, die noch bei der DIK verblieben sind.

Sicherheitsaspekte und Haarspaltereien

Das die Sicherheitsaspekte bei der DIK überwiegen, wird auch durch die Agenda des letzen Plenums deutlich. Im Mittelpunkt sollen die Ergebnisse der AG „Präventionsarbeit mit Jugendlichen“ stehen.

Gleichzeitig wurden auch Debatten über Begrifflichkeiten bekannt. So hat die DIK daran gearbeitet Begriffe zu präzisieren. Unter anderem wurde bekannt, dass die muslimischen Vertreter den Begriff „Islamismus“ durch die Formulierung „religiös motivierter Extremismus unter Muslime“ ersetzen möchten. Dadurch würde der Begriff „Islam“ nicht mehr so negativ konnotiert, so die Meinung.

Auch bei anderen Begriffen wie „Islamfeindlichkeit“ wurden Änderungen bekannt. So soll künftig von „Muslimfeindlichkeit“ gesprochen werden, um zu verdeutlichen, dass Muslime die Opfer sind. In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung überwiegt jedoch derzeit die Tendenz zum Begriff „Antimuslimischer Rassismus“.

Mustafa Yeneroğlu, stellvertretender Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG), erklärte gegenüber IslamiQ, dass er sich dem Eindruck nicht verwehren könne, dass die Teilnehmer nichts dazugelernt hätten. Yeneroğlu erklärte: „Mit dem Vorstoß, den Begriff ‚Muslimfeindlichkeit‘ anstelle von ‚Islamfeindlichkeit‘ zu etablieren, wollen die Deutsche Islamkonferenz (DIK) und das Bundesinnenministerium (BMI) die negative Haltung gegenüber ‚den Muslimen‘ problematisieren, jedoch nicht den Hass auf den Islam als Religion. Damit sorgt das BMI entgegen ihrer Behauptung nicht für begriffliche Klarheit, sondern dafür, dass die mit rassistischen Stereotypen arbeitenden sogenannten Islamkritiker legitimiert werden.“

Ob und in welcher Form es mit der Islam Konferenz in Zukunft weitergeht, wird sich erst nach den Bundestagswahlen klären.