Die Regierung begründet das geplante Kopftuchverbot mit dem Schutz von Mädchen. Muslimische Vertreter sehen darin vor allem Ausgrenzung. Ob das Gesetz vor dem Verfassungsgericht standhält, ist offen.

Die Pläne der österreichischen Regierung, Mädchen unter 14 Jahren das Tragen eines Kopftuchs an Schulen zu verbieten, stoßen bei Muslimen auf entschiedene Kritik. Die Koalition aus konservativer ÖVP, sozialdemokratischer SPÖ und den liberalen Neos hat sich auf einen entsprechenden Gesetzesentwurf geeinigt. Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) bezeichnete das Kopftuch als „Zeichen von Unterdrückung“, das die Freiheit und Sichtbarkeit von Mädchen einschränke.
Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) sprach von „Symbolpolitik“ und einem Bruch mit dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes, der ein ähnliches Verbot 2020 aufgehoben hatte. Schon damals hatten die Richter festgestellt, dass das Gesetz einseitig auf muslimische Mädchen zielte und damit den Gleichheitsgrundsatz verletzte. „Ein erneuter Anlauf schwächt das Vertrauen in den Rechtsstaat und gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Anstatt Kinder zu stärken, werden sie stigmatisiert und ausgegrenzt“, teilte die IGGÖ mit.
Auch die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) übte deutliche Kritik und betont, dass das neue Gesetz die Gesellschaft noch mehr spalten werde. „Das Gesetz von 2019 wurde bereits vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Diesen Weg noch einmal zu gehen, schadet dem Rechtsstaat und verletzt den Gleichheitsgrundsatz. Politik sollte Kinder schützen, nicht stigmatisieren oder ausschließen. Bildung muss Kinder stärken“, erklärte die Vorsitzende der IGMG-Frauenorganisation Handan Yazıcı.
Die Islamischen Föderationen in Österreich verurteilten ebenfalls die Regierungspläne scharf. In einer Pressemitteilung sprachen sie von einem „Attentat auf Grundrechte sowie Demokratie“. Das Kopftuch werde mit Schlagworten wie „Unterdrückung“ oder „extremistischen Tendenzen“ verknüpft, wodurch eine islamfeindliche Stimmung weiter befördert werde. „Allein diese Rhetorik zeigt, dass es nicht um das Kindeswohl geht, sondern um politisches Kleingeld“, heißt es in der Erklärung.
Statt Kinderrechte zu stärken, drohe die Politik „Spaltung und Ausgrenzung“ zu vertiefen. Als Beleg verwiesen die Organisationen auf eine Zunahme rassistischer Übergriffe auf Musliminnen und Muslime. Maßnahmen zur Förderung von Chancengleichheit und Selbstbestimmung seien wirksamer als Verbote, betonten sie. Ob das Gesetz diesmal einer Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof standhält, ist offen.