Nahostkonflikt

Völkermord-Klage vor UN-Gericht: Deutschland verteidigt Israel

Erstmals muss sich Israel dem Vorwurf des Völkermordes im Gaza-Krieg stellen. Südafrika hat Klage erhoben vor dem Internationalen Gerichtshof. Israel weist den Vorwurf zurück.

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2024
Internationaler Gerichtshof verhandelt Völkermord-Klage
Internationaler Gerichtshof verhandelt Völkermord-Klage © AA, bearbeitet by iQ

Die Bundesregierung hat sich in dem Völkermord-Verfahren zum Gaza-Krieg nochmals klar an die Seite Israels gestellt. „Wir wissen, dass verschiedene Länder die Operation Israels im Gazastreifen unterschiedlich bewerten. Den nun vor dem Internationalen Gerichtshof gegen Israel erhobenen Vorwurf des Völkermords weist die Bundesregierung aber entschieden und ausdrücklich zurück», erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin. „Dieser Vorwurf entbehrt jeder Grundlage.“

Hebestreit sagte, die Bundesregierung beabsichtige auch vor Gericht entsprechend Stellung zu beziehen, wenn es zu einer Hauptverhandlung kommt. „Die Bundesregierung intendiert, in der Hauptverhandlung als Drittpartei zu intervenieren“, erklärte er.

Der Regierungssprecher begründete das mit der deutschen Geschichte und der besonderen Verantwortung Deutschlands für Israel. Angesichts des von den Nazis verübten Menschheitsverbrechens des Holocaust sehe sich die Bundesregierung der Konvention gegen Völkermord besonders verbunden. „Diese Konvention ist ein zentrales Instrument des Völkerrechts, um das „nie wieder“ umzusetzen. Einer politischen Instrumentalisierung treten wir entschieden entgegen“, betonte der Regierungssprecher.

Hebestreit verwies auch darauf, dass am 7. Oktober 2023 die Hamas ‚unschuldige Menschen in Israel brutal überfallen, gequält, getötet und entführt‘ hätten. „Das Ziel der Hamas ist es, Israel auszulöschen. Israel verteidigt sich seitdem gegen den menschenverachtenden Angriff der Hamas.“

Israel weist den Vorwurf zurück

Israel muss sich seit Donnerstag erstmals wegen des Vorwurfs des Völkermords vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen in Den Haag verantworten. Südafrika hatte Israel Ende 2023 verklagt, weil es in der militärischen Gewalt gegen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen einen Verstoß gegen die UN-Völkermordkonvention sieht. Israel weist den Vorwurf entschieden zurück und fordert die Abweisung der Klage. Die von Südafrika erhobenen Vorhaltungen seien haltlos, sagte der Rechtsberater des israelischen Außenministeriums, Tal Becker, am Freitag in Den Haag. „Israel ist im Krieg mit Hamas, aber nicht mit dem palästinensischen Volk.“

Israel rechtfertigte die Angriffe als Selbstverteidigung nach dem Angriff der Hamas und anderer Extremisten am 7. Oktober vergangenen Jahres. Becker schilderte die Massaker, bei denen rund 1200 Menschen getötet und etwa 250 aus Israel entführt worden waren, von denen bislang etwa die Hälfte wieder freigelassen wurde. „Israel will kein Volk zerstören, sondern ein Volk schützen, sein eigenes“, sagte der Rechtsberater.

Südafrika hat Klage erhoben

Südafrika will, dass die Richter das Ende der militärischen Handlungen anordnen, um weiteren Schaden von den Palästinensern abzuwenden. Das Gericht, das Konflikte zwischen Staaten klären soll, wird darüber in den nächsten Wochen entscheiden. Ein Verfahren zur Hauptsache, dem Völkermord-Vorwurf, kann Jahre dauern. Ein Beschluss wird aber vor dem 6. Februar erwartet, wenn das Richterkollegium neu zusammengestellt wird.

Am ersten Tag der Anhörung, am Donnerstag, hatte Südafrika Israel systematische Taten von Völkermord gegen die Palästinenser im Gazastreifen zur Last gelegt. Israel ziele auf die Zerstörung des palästinensischen Lebens. Als Beleg hatten die Rechtsvertreter Beispiele der militärischen Gewalt sowie Äußerungen von israelischen Politikern und Militärs angeführt. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Dilaver_Ç. sagt:
Deutschland wird mit auf der Anklagebank sitzen wegen Komplizenschaft an einem Völkermord. Deutschland hat seine Ehre verloren und wird teuer dafür büßen. Wer heute noch an der Seite Israels ist, der wird äußerst hart dafür bestraft werden. Ob er das nun will oder nicht. Armes Deutschland.
12.01.24
18:51
Salim Spohr sagt:
Den nun vor dem Internationalen Gerichtshof gegen Israel erhobenen Vorwurf des Völkermords weist die Bundesregierung entschieden und ausdrücklich zurück», erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin. „Dieser Vorwurf entbehrt jeder Grundlage.“ Deutschland will Israel vor dem Gericht beistehen, und Hebestreit begründete das mit der deutschen Geschichte und der besonderen Verantwortung Deutschlands für Israel. Im Klartext heißt das: Weil Deutschland vor vielen Jahren den Juden so viel Schlimmes angetan hat, ist es unmöglich, daß Israel an den Palestinensern heute Völkermord begeht. — Hier zeigt sich die Dummheit der deutschen Position, von der ich hoffe, daß sie auch vor dem Gericht in aller Klarheit offengelegt werden wird. Vor der verrückten Idee, daß eine Unterstützung Israels zur deutschen Staatsräson gehöre, hatte Bundeskanzler Helmut Schmidt eindrücklich gewarnt. Und schon Albert Einstein hatte Shepard Rifkins Bitte um Unterstützung seines zionistischen Vereins mit folgendem Brief beantwortet: ______________________________________________________________ April 10, 1948 Mr.Shepard Rifkin Exec. Director of American Friends of the Fighters for the Freedom of Israel 149 Second Ave. New York 3,N.Y Dear Sir: When a real and final catastrophe should befall us in Palestine the first responsible for it would be the British and the second responsible for it the Terrorist Orgaqnisations build up from our own ranks. I am not willing to see anybody associated with those misled and criminal people. Sincerely youre, Albert Einstein. ______________________________________________________________ Die Zionisten haben seit beinahe 80 Jahren die Palestinenser beraubt, vertrieben, ermordet und tag-täglich in schäbigster Weise terrorisiert: Und es sollte inzwischen auch deutschen Politikern klar sein, daß ein beinahe 80-jähriges intendiertes Weggucken davon sie daran mitschuldig werden läßt. Daß sie mit Blick auf den Gaza-Terrorismus völlig zu Recht erhobenen Vorwurf des Völkermords gegen Israel bestreiten, setzt dem ganzen nun die Krone auf. Es ist wie eine Beihilfe zum Völkermord. Deutschland und halb Europa gehören deshalb recht eigentlich mit auf die Anklagebank, zumindest wegen unterlassener Hilfeleistung. Und es sollte inzwischen jedermann klar sein, daß Kritik am zionistischen Israel mit Antisemitismus nun absolut nichts zu tun hat.
12.01.24
23:13
Minimalist sagt:
Eine Frage treibt mich schon um, wieso fliehen nicht schleunigst manche erklärten Islamanhänger aus diesem von ihnen so sehr verachteten und auch so von ihnen bezeichneten 'Völkermord-Beihilfe-Staat' Deutschland in eine menschenfreundliche, radikale und extremistisch ausgerichtete islamische Volks-Republik? Solche gibt es doch auf dieser Welt, die über muslimische Zuwanderung hoch erfreut sind. Dort gibt es vielleicht die Erfüllung aller islamischen Träumereien und Gerechtigkeitsfantasien nach strengem Scharia-Reglement unter dem Joch höchster, autoritärer Polit-Geistlichkeit vom Feinsten. Eine Aufarbeitung von all dem Schlimmen, was je in der Geschichte des Islam und im Namen des Islam geschah, wäre grundsätzlich sehr zu begrüßen. Man muß sich dazu nur trauen. Recht aufschlußreich ist es schon, wenn hier Deutschland wegen einer Völkermord-Komplizenschaft das Sitzen auf einer Anklagebank prophezeit wird - mit einem teuren Büßen und Verlust der Ehre. Der besonders eifrige Kommentierer Dilaver kündigt schon eine äußerst harte Bestrafung an. Echt jetzt? Durch ehrbare Freiheitskämpfer bzw. islamistische Terroristen oder durch zukünftige Scharia-Richter, die irgendwo im Geheimen darauf lauern, in Europa staatliche & religiöse Macht und Herrschaftsgelüste ausüben zu können? Gerne erfahre ich mehr über die Zukunft Deutschlands und Europas.
14.01.24
3:15
Martina Lauer sagt:
Mehr als 11000 Kinder wurden in Gaza von Israel getötet. Ich habe vom Dritten Reich nicht gelernt, dass ich solches Morden ignoriere oder sogar unterstütze. Wir haben doch vom Dritten Reich gelernt, dass moralische und rechtliche Prinzipien alle Opfer vor dem Terrorismus eines Staates schützen müssen. Israel und die USA wollen über dem internationalen Recht stehen. Wenn Deutschland mitmacht, zeigt das einen gewissenlosen Opportunismus. Haben wir wirklich vom Dritten Reich gelernt, dass Massaker und ethnische Säuberung in Ordnung sind, wenn Israel oder die USA soche Verbrechen begehen?
23.01.24
4:23
Tarik sagt:
Habecks umgehende und lapidare Zurückweisung der von Südafrika rhetorisch wie sachlich detailliert glänzend vorgetragenen Klage vor dem ICTY hat durchaus etwas von Monty-Python-Humor. Es darf bezweifelt werden, dass er sich inhaltlich mit den in Den Haag präsentierten Fakten beschäftigt hat. Für ihn sei "Völkermord etwas anderes", nämlich das gezielte Auslöschenwollen von Ethnien oder religiösen Gemeinschaften, das gezielte Auslöschen. Nun, erst vorgestern schlug der neue israelische Außenminister (Katz) dem EU-Außenbeauftragten (Borrell) vor, die Einwohner Gazas auf eine eigens künstlich angelegten Insel umzusiedeln - dies erinnert durchaus die Bosnien 1992, wo die serbische Führung damals die Konzentrationslager - als sie nicht mehr wegzuleugnen waren - als "Zentren für humane Umsiedlung" bezeichneten. All das ist Wortklauberei. 250 Moscheen wurden schwer beschädigt in Gaza, 150 zerstört. Sämtliche Kultureinrichtungen wie Museen, Schulen und Universitäten werden komplett gesprengt, Gräber geschändet. Der Bevölkerung, die jetzt auf 20 Prozent des ohnehin dicht bevölkerten schmalen Streifens zusammengepfercht wurde, wird - so die UN - gezielt Lebensmittel vorenthalten. Noch dazu werden genau jene Lager, die per IDF-Flugblätter als "Safe Zones" deklariert werden, gezielt bombardiert. Noch dazu wiederholen Minister aus Netanjahus Kabinett, dass Ägypten die Bewohner Gazas aufnehmen solle. Es steht außer Frage, dass hier mittels Kriegsverbrechen - siehe Zerstörung von Krankenhäuser, siehe Zerstörung, die Dresden 45 weit übertrifft, eine Bevölkerung umgesiedelt werden und verhindert werden soll, dass sie je zurückkehren, da alles plattgemacht wird. Nein, stattdessen sei "Völkermord etwas ganz anderes" (dabei hat das Urteil in Srebrenica gezeigt, dass es gar nicht nötig ist alle Bewohner auszulöschen, sondern einen signifikanten Teil sowie das, was als "ethnische Säuberung" einst von den Serben verharmlosend bezeichnet wurde). Und wenn es kein Genozid sein sollte, so erfüllt Israel alle Tatbestände von "Crimes againgst Humanity" Aber ein, was sagt Habeck? die Hamas habe diese Absichten eines Genozids: Sie könnten, wenn sie wollten. Angesichts des – um ein einziges Beispiel von vielen herauszugreifen – israelischen Umgangs mit Krankenhäusern ist es ein verführerischer Gedanke, dem Ministerdarsteller es mit ein wenig Nachdruck zu ermöglichen, sich persönlich ein Bild vor Ort in Gaza zu machen.
25.01.24
12:04
addi sagt:
Die Verhältnisse in Hamas sind geradezu paradiesisch im Vergleich zum Zustand der deutschen Großstädte vor und nach dem 2. Weltkrieg. Ebenso wie damals hat die von den Kriegshandlungen betroffene Zivilbevölkerung durch die Wahl eines Terrorregimes die Ursache für die eigene Misere geschaffen. Schließlich hat dieses Terrorregime diese kriegerische Auseinandersetzung begonnen und war auch zuvor nie an einem Neben- oder miteinander interessiert, ganz wie die Vorfahren, die die Juden ins rote Meer schmeißen wollten und sogar über eine Fortsetzung des Holocoust frohlockten.
29.01.24
19:20
Tarik sagt:
Die Hamas gewann vor 17 Jahren die Wahl - und, was offenbar viele hier gerne ignorierten, ihre Verantwortichen schraubten als erste Reaktion ihre Rhetorik runter und waren durchaus zu diplomatischen Verhandlungen bereit - Jedoch liegt Israel nichts an einem überlebensfähigen palästinensischen Staat. Auch vom Westen die übliche Reaktion: Man erkennt die Regierung nicht an, akzeptiert ihn nicht als Verhandlungspartner und wundert sich über das Ergebnis. Das Desaster des Westens in der Ukraine - gigantisches Milliardrngrab, während das Land selbst durch Großkonzerne a la Blackrock faktisch enteignet wurde - ist wi anderes Beispiel. Lieber den Gegner verteufeln, statt die Demokratie zu leben, die man predigt. Helmut Schmidt sagte mal, dass die Fähigkeit zum Kompromiss dir größte Errungenschaft der Demokratie sei. Doch der heutige Kader in der westlichen polituschen Landschaft besteht größtenteils insbesondere an den wichtigen Stellen aus „Young Global Leaders“ Absolventen des World Economic Forums - und die ziehen ihre Agenda durch, ohne demokratische Prozesse. Netanjahu hat immer wieder bekräftigt und jüngst auch offen zugegeben, von sich aus alles getan zu haben, die Zweistaaten-Llsung zu verhindern. Statt die demokratische Wahl der Hamas anzuerkennen, ermunterte man den unterlegenen Abbas zu einem Putschversuch. Man nennt das „Teilen und Herrschen“. Das „Terrorregime“ ist Israel, das Gaza seit 15 Jahren von der Außenwelt abgeschottet hat und schon vor dem 7.10. die Versorgung schlecht war. Abgesehen davon, dass Israel gerne vor Knesset-Wahlen den Gaza gerne grundlos bombardierte, man informiere sich etwa bei der „Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost“. Und diese Zustände in Gaza als „vergleichsweise paradiesisch“ zu bezeichnen, zeugt von Unkenntnis und Ignoranz. Ein gerade hierzulande äußerst beliebter Cocktail-Mix.
02.02.24
10:50
addi sagt:
Ohne den Westen gäbe es heute keine Muslime auf dem Balkan.
04.02.24
22:13
Tarik sagt:
"Der Westen" hat dreieinhalb-Jahre lang der serbischen Führung de facto freie Hand gelassen - zwischenzeitlich sogar den kroatischen Seitenwechsel hin zu den Serben akzeptiert. Man erinnere sich: Die bosnische Führung forderte jahrelang keine Intervention, sondern lediglich die Aufhebung des Embargos, um sich selbst verteidigen zu können. Irgendwann war das Maß der serbischen Massaker derart voll, dass man praktisch für zeitlich begrenzte Luftschläge gezwungen war. Aber faktisch akzeptierte man die von den Serben "auf den Feld" geschaffenen Fakten, obwohl bereits im Sommer 1992 die ganze Welt wusste, die diese Fakten zustande kamen. Und jeder - von den Serben abgelehnte Friedensplan ging stückweise mehr auf die Forderungen von Karadzic und Co. ein (man vergleiche den Vance-Owen-Plan 1993 mit dem Dayton-Abkommen 1995). Bill Clinton zitierte übrigens selbst in seinen Memoiren, dass er - nachdem er 1993 das Amt antrat immerwieder bei seinen EU-Partner auf taube Ohren stieß, sich mehr für Bosnien einzusetzen - Francois Mitterand. Dieser lehnte dies ab, und zwar, so Clinton selbst, weil "Europa einen Staat unter muslimischer Führung nicht hinnehmen könne". Und das ist des Pudels Kern.
05.02.24
18:58
addi sagt:
ebenso sollte man als Muslime bedenken, wie viele Flüchtlinge der Westen aus Syrien aufgenommen hat.
05.02.24
19:07
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