Erstmals muss sich Israel dem Vorwurf des Völkermordes im Gaza-Krieg stellen. Südafrika hat Klage erhoben vor dem Internationalen Gerichtshof. Israel weist den Vorwurf zurück.
Die Bundesregierung hat sich in dem Völkermord-Verfahren zum Gaza-Krieg nochmals klar an die Seite Israels gestellt. „Wir wissen, dass verschiedene Länder die Operation Israels im Gazastreifen unterschiedlich bewerten. Den nun vor dem Internationalen Gerichtshof gegen Israel erhobenen Vorwurf des Völkermords weist die Bundesregierung aber entschieden und ausdrücklich zurück», erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin. „Dieser Vorwurf entbehrt jeder Grundlage.“
Hebestreit sagte, die Bundesregierung beabsichtige auch vor Gericht entsprechend Stellung zu beziehen, wenn es zu einer Hauptverhandlung kommt. „Die Bundesregierung intendiert, in der Hauptverhandlung als Drittpartei zu intervenieren“, erklärte er.
Der Regierungssprecher begründete das mit der deutschen Geschichte und der besonderen Verantwortung Deutschlands für Israel. Angesichts des von den Nazis verübten Menschheitsverbrechens des Holocaust sehe sich die Bundesregierung der Konvention gegen Völkermord besonders verbunden. „Diese Konvention ist ein zentrales Instrument des Völkerrechts, um das „nie wieder“ umzusetzen. Einer politischen Instrumentalisierung treten wir entschieden entgegen“, betonte der Regierungssprecher.
Hebestreit verwies auch darauf, dass am 7. Oktober 2023 die Hamas ‚unschuldige Menschen in Israel brutal überfallen, gequält, getötet und entführt‘ hätten. „Das Ziel der Hamas ist es, Israel auszulöschen. Israel verteidigt sich seitdem gegen den menschenverachtenden Angriff der Hamas.“
Israel muss sich seit Donnerstag erstmals wegen des Vorwurfs des Völkermords vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen in Den Haag verantworten. Südafrika hatte Israel Ende 2023 verklagt, weil es in der militärischen Gewalt gegen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen einen Verstoß gegen die UN-Völkermordkonvention sieht. Israel weist den Vorwurf entschieden zurück und fordert die Abweisung der Klage. Die von Südafrika erhobenen Vorhaltungen seien haltlos, sagte der Rechtsberater des israelischen Außenministeriums, Tal Becker, am Freitag in Den Haag. „Israel ist im Krieg mit Hamas, aber nicht mit dem palästinensischen Volk.“
Israel rechtfertigte die Angriffe als Selbstverteidigung nach dem Angriff der Hamas und anderer Extremisten am 7. Oktober vergangenen Jahres. Becker schilderte die Massaker, bei denen rund 1200 Menschen getötet und etwa 250 aus Israel entführt worden waren, von denen bislang etwa die Hälfte wieder freigelassen wurde. „Israel will kein Volk zerstören, sondern ein Volk schützen, sein eigenes“, sagte der Rechtsberater.
Südafrika will, dass die Richter das Ende der militärischen Handlungen anordnen, um weiteren Schaden von den Palästinensern abzuwenden. Das Gericht, das Konflikte zwischen Staaten klären soll, wird darüber in den nächsten Wochen entscheiden. Ein Verfahren zur Hauptsache, dem Völkermord-Vorwurf, kann Jahre dauern. Ein Beschluss wird aber vor dem 6. Februar erwartet, wenn das Richterkollegium neu zusammengestellt wird.
Am ersten Tag der Anhörung, am Donnerstag, hatte Südafrika Israel systematische Taten von Völkermord gegen die Palästinenser im Gazastreifen zur Last gelegt. Israel ziele auf die Zerstörung des palästinensischen Lebens. Als Beleg hatten die Rechtsvertreter Beispiele der militärischen Gewalt sowie Äußerungen von israelischen Politikern und Militärs angeführt. (dpa, iQ)