Anschlag in Hanau

Polizei verzögerte Benachrichtigung der Hinterbliebenen

Der Untersuchungsausschuss zum rassistischen Anschlag von Hanau hat sich mit dem Umgang der Polizei mit Überlebenden sowie Angehörigen der Opfer des Anschlags beschäftigt.

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2023
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Mahnmal in Hanau
Opfer des Anschlags in Hanau © IslamiQ.

Nach dem rassistischen Anschlag in Hanau hat sich die Überbringung der Todesnachrichten an Angehörige nach Aussagen eines Polizisten verzögert. „Wir waren nicht sicher, wie wir vorgehen sollten“, erklärte er am Freitag im Untersuchungsausschuss des Wiesbadener Landtags. Der Beamte war damals für die Information der Familien zuständig gewesen.

Die Angehörigen waren in der Nacht in eine Sporthalle der Polizei in Hanau gebracht worden, dort erhielten sie am Morgen um kurz nach sechs Uhr von dem Polizisten die Todesnachricht. Die Namensliste hatte um 5.15 Uhr vorgelegen.

„Die Halle war dafür nicht geeignet“, sagte der Polizist. So gab es demnach zu wenig Nebenräume, um alle Familien separat unterbringen zu können. Zunächst hatte sich die Polizei dazu entschlossen, die Familien hintereinander für die jeweilige Überbringung der Todesnachricht in einen Raum zu bringen. Doch bei der ersten Familie stellte der Vater des Ermordeten nach Angaben des Polizisten „viele berechtigte Fragen“. „Das hat zu lange gedauert für die übrigen Familien, die schon unruhig wurden“, sagte der Polizist.

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Daraufhin sei das Vorgehen geändert und die Angehörigen der weiteren Todesopfer seien gemeinsam informiert worden. Der Polizist verlas demnach die Namensliste nach den einleitenden Worten: „Sie alle haben einen Angehörigen verloren, was sie zu einer Gemeinschaft macht“. Er berichtete: „Ich habe mir die Wortwahl nicht einfach gemacht und nach den richtigen Worten gesucht. Es war der emotionalste Augenblick in meiner über 30-jährigen Tätigkeit.“

Ein 43-jähriger Deutscher hatte in Hanau am Abend des 19. Februar 2020 neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen. Danach tötete er seine Mutter und sich selbst. Der Ausschuss soll klären, ob es rund um die Tat zu einem Behördenversagen gekommen war. (dpa, iQ)