Der belgische Verfassungsgerichtshof in Brüssel hat ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bestätigt. Das Schächtverbot ohne vorherige Betäubung ist verfassungskonform.
Zur Enttäuschung der jüdischen und muslimischen Vertreter in Belgien hat der Verfassungsgerichtshof das vorhandene Schächtverbot bestätigt. Das Verbot sei mit der Verfassung im Einklang. Damit folgte der belgische Verfassungsgerichtshof einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs von Dezember vergangenen Jahres. Demnach dürfen EU-Staaten bei rituellen Schlachtungen eine Betäubung der Tiere vorschreiben. Zwar schränke eine solche Vorschrift die Ausübung der Religionsfreiheit ein. Konkret sieht das Gericht aber im flämischen Schächtverbot ein „angemessenes Gleichgewicht“ zwischen Tierschutz und Religionsfreiheit.
Dem stimme auch der Verfassungsgerichtshof zu. Dennoch sei der Schutz von Tieren als Wesen aber ein „legitimes und zwingendes gesellschaftliches Bedürfnis“. Es gebe einen wissenschaftlichen Konsens, der bestätige, dass eine vorherige Betäubung die beste Methode sei, um das Leiden der Tiere so gering wie möglich zu halten.
Nach jahrelangen Debatten hatte sich die flämische Regierung darauf verständigt, das Schächten ohne Betäubung ab dem 1. Januar 2019 zu verbieten. Auch die belgische Wallonie beschloss ab Juni 2018 ein Schächtverbot. Für Religionsgemeinschaften gab es eine Ausnahme bis zum 1. September 2019. Muslimische und jüdische Vertreter klagten gegen diese Entscheidungen.
Mehmet Üstün, Präsident des „Exécutif des Musulmans de Belgique“ (EMB), einer der Kläger in diesem Verfahren, zeigt sich sehr enttäuscht zum vorliegenden Urteil. „Gegen jegliche Erwartungen hat der Verfassungsgerichtshof festgestellt, dass das flämische und wallonische Schächtverbot verfassungskonform ist“. Dieses Urteil entgehe dem Kern der Debatte. Insbesondere ignoriert der Verfassungsgerichtshof, dass das aktuelle Schächtverbot die Essenz einer jahrhunderten religiösen Praxis des islamischen und jüdischen Glaubens beeinflussen.
Die muslimische Gemeinschaft untersucht derzeit ihre nächsten Schritte und schließt die Möglichkeit einer Klage am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg nicht aus, kündigte Üstün an.
In Deutschland war das Schächten lange weitgehend verboten. Nach dem Tierschutzgesetz dürfen warmblütige Tiere nicht ohne Betäubung getötet werden. Anfang 2002 erlaubte das Bundesverfassungsgericht rituelle Schlachtungen mit Blick auf die Religionsfreiheit unter Auflagen. So dürfen nur sachkundige Personen in zugelassenen und registrierten Schlachtbetrieben schächten. Das zuständige Veterinäramt muss dies überwachen. Auch in anderen europäischen Ländern ist das Schächten verboten, so in Polen, Dänemark, Norwegen, der Schweiz, Island und Liechtenstein.