Bosnienkrieg

Der Genozid in Srebrenica – eine Chronologie

Am 11. Juli 1995 wurde Srebrenica zum Schauplatz der grausamsten Tat in Europa nach dem zweiten Weltkrieg. Eine Chronologie.

11
07
2021
Srebrenica
Srebrenica und seıne Symbolik © Facebook, bearbeitet by iQ.

Das Massaker von Srebrenica gilt als das schlimmste Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Während des Bürgerkrieges (1992-1995) in Bosnien und Herzegowina marschierten serbische Truppen im Juli 1995 in die Stadt ein. Die stationierten UN-Blauhelm-Soldaten konnten die Bevölkerung vor den Serben nicht schützen. Mehr als 8.000 muslimische Bosniaken wurden an diesem Tag zusammengetrieben und getötet.

IslamiQ hat die wichtigsten Etappen des Genozids in Srebrenica  zusammengefasst.

1. März 1992
Volksabstimmung: Mit 99,4 Prozent der Wählerstimmen erklärt Bosnien-Herzegowina seine Unabhängigkeit. Bosnische Serben boykottieren.

6. April 1992
In Folge des Boykotts bricht zwischen den christlich bosnischen Serben und den muslimischen Bosniaken der Krieg aus.

16. April 1993
Die Städte Srebrenica, Sarajevo, Gorazde, Zepa, Tuzla und Bihac werden zu Sicherheitszonen erklärt. Die Stationierung und der Einsatz schwerer Waffen in dieser Zone ist verboten. Für den militärischen Schutz sind vor allem die Blauhelm-Soldaten des niederländischen Bataillons „Dutchbat“ zuständig. Diese sind jedoch nur leicht bewaffnet.

April 1994 – August 1994
Trotz der Warnungen und Drohungen seitens der UNO dringt die bosnisch-serbische Armee vor und führt „ethnische Säuberungen“ gegen Muslime vor.

25. Mai 1995
Serbische Kräfte nehmen mehr als 350 UN-Blauhelmsoldaten als Geiseln. Diese werden einen Monat später wieder freigesetzt.

5.-6. Juli 1995
Die bosnisch-serbische Armee unter General Ratko Mladić bombardiert den Süden Srebrenicas und nimmt in den folgenden Tagen die komplette Stadt ein.

11. Juli 1995
Der Tag des Massakers. Ratko Mladić marschiert, ohne auf großen Widerstand zu treffen, in die Sicherheitszone Srebrenica ein und tötete tausende Menschen, alle bosnisch, muslimisch und männlich. Ihre Leichen wurden zerstückelt und in mehrere Massengräber begraben.

Alle Männer im Alter von 12 bis 77 Jahren wurden von ihren Familien getrennt. Innerhalb von 30 Stunden wurden 33 000 Frauen und Kinder in Busse gesteckt und abtransportiert. Tausende Männer wurden in Lastwagen und Lagerhäusern eingesperrt.

25. Juli 1995
Das Den Haager Tribunal erhebt Anklage gegen den serbischen General Mladić und den Präsidenten der Republika Srpska (RS) Radovan Karadžić.

14. Dezember 1995
Die Kriegsparteien unterschreiben das Abkommen von Dayton, der den Krieg beendete.

24. März 2016
Das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag verurteilt Karadžić wegen Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 40 Jahren Haft. Im Berufungsverfahren im März 2019 erhöhten die Richter die Strafe auf lebenslänglich.

22. Juli 2017
Der ehemalige serbische Armeechef Mladić wurde vom Internationalen Strafgerichtshof wegen Völkermord und Kriegsverbrechen zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Nach Kriegsende war Mladić sechszehn Jahre auf der Flucht und konnte erst 2011 gefasst werden. Seitdem läuft das Verfahren gegen ihn vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal.

20. Juli 2019
Der Oberste Gerichtshof der Niederlande in Den Haag erklärt: Die Niederlande sind mitverantwortlich für den Tod von 350 Muslimen in Srebrenica.

9. Juni 2021
Das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag bestätigt die lebenslange Haftstrafe des früheren bosnisch-serbischen Militärchefs Ratko Mladić wegen Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Bosnienkrieg. Seine Berufung gegen das Urteil von 2017 wurde vom Gericht abgewiesen.

Leserkommentare

Dilaver Çelik sagt:
Der ganze Krieg hätte durch militärisches Eingreifen internationaler Truppen bereits Mitte 1992 gestoppt werden können. Der militärische Eingriff ab der zweiten Jahreshälfte 1995 durch UN-Truppen war nicht nur zu spät, sondern auch ein Armutszeugnis für die internationale Gemeinschaft. Im übrigen kann man 1992 noch nicht von einem Bürgerkrieg sprechen, weil die bosnischen Muslime zu diesem Zeitpunkt kaum bewaffnet waren und sich kaum wehren konnten. Vielmehr war es eine blutige Verfolgung und Genozid an bosnischen Muslimen. So lange das nicht aufgearbeitet wird, wird Bosnien-Herzegowina innerlich ein gespaltenes Land bleiben.
11.07.21
16:22
Vera sagt:
Vielen Dank für diese Chronologie zum Genozid in Srebrenica. Öffentliche Erinnerung ist Teil der politischen Kultur zivilisierter Gesellschaften. Dazu gehört auch das Erinnern an schlimme Ereignisse - und das Eingeständnis historischer Schuld. Hier sollte auch einmal eine Chronologie zu Aghet - den Genozid an den Armeniern - aufgelistet werden. Bei der Bundeszentrale für politische Bildung kann man entsprechendes Material zu diesem durch die Völkermordkonvention der Vereinten Nationen anerkannten Genozid finden.
11.07.21
19:43