Jerusalem

Muslime besorgt über Gewalt in Jerusalem

Drohende Zwangsräumungen in Ost-Jerusalem sorgen derzeit für Zündstoff. Zum Ende des Fastenmonats Ramadan eskaliert die Gewalt.

09
05
2021
Jerusalem Tempelberg
Symbolbild: Jerusalem © shutterstock, bearbeitet by iQ.

Die Lage in Jerusalems Altstadt hat sich am Wochenende gefährlich zugespitzt: Nach Angaben von Sanitätern wurden etwa 300 Palästinenser von israelischen Besatzungskräften verletzt. Die gewaltsamen Angriffe wiederholten sich auch in der Nacht zum Sonntag. Mehrere Menschen wurden festgenommen.

Ein israelischer Polizeisprecher sagte am Sonntag, es sei sowohl am Damaskustor – einem der Eingänge zur Altstadt – als auch im Bereich des Tempelbergs (Al-Haram al-Scharif/Das edle Heiligtum) zu Konfrontationen gekommen. Auf dem Tempelberg versammelten sich am Samstagabend mehr als 90 000 Gläubige zur „Nacht der Bestimmung“. In dieser Nacht begann die Offenbarung des Korans an den Propheten Muhammad (s).

In der Nähe des Damaskustors setzten die Besatzungskräfte nach Medienberichten Gummigeschosse, Tränengas und Blendgranaten ein. Bereits in der Nacht zum Samstag war die Lage rund um die Altstadt und das Viertel Scheich Dscharrah eskaliert. Von mehr als 200 Verletzten war danach die Rede.

Lage in Jerusalem seit Beginn des Ramadan angespannt

Die Lage im Westjordanland und im arabisch geprägten Ostteil Jerusalems ist seit Beginn des Fastenmonats Ramadan angespannt. Viele Palästinenser sind wütend, weil die Polizei Bereiche der Altstadt abgesperrt hatte, um Versammlungen zu verhindern. Außerdem drohen palästinensischen Familien in Scheich Dscharrah Räumungen.

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) ist besorgt über die Gewaltausschreitungen in Jerusalem. „In Österreich müssen MuslimInnen und JüdInnen als Minderheiten in unserem Land auch weiterhin zusammenhalten und für eine plurale, demokratische Gesellschaft einstehen, in der Hoffnung, dass wir damit auch einen Beitrag für die Erreichung eines wahren Friedens im Heiligen Land und eines umfassenden Ausgleichs zwischen PalästinenserInnen und Israelis leisten können“, äußert sich die IGGÖ in einer Meldung.

Gewalt an Betende in heiliger Stätte ist inakzeptabel

Auch die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) beobachtet die jüngsten Entwicklungen mit großer Sorge. „Der Ramadan ist ein Monat des Teilens, Mitgefühls, der Vergebung, des Fasten, der Gegenseitigkeit. Die Einschränkung des Rechts auf Gottesdienste sowie Gewaltakte in der heiligen Stätte der Al-Aksa-Moschee sind inakzeptabel. Für die Verwundeten bete ich um schnellstmögliche Genesung“, äußert sich Kemal Ergün, Vorsitzender der IGMG. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Tarik sagt:
Israel, dessen grundlegende Ideologie und tagtägliche Praxis ethnische Dominanz ist. Israels zionistische Ideologie geht davon aus, dass nur ein ethnischer Staat mit einer tonangebenden jüdischen Mehrheit den Juden eine wahre Zufluchtsstätte bietet. (Yakiv Rabin) Das ist der Kern des Problems, den auch Leopold Wess in den 1920ern als Besucher Palästinas hellsichtig erkannte - deshalb fassten Araber diesen Staat und dessen genuines Konzept der ethnischen Dominanz von vornherein als eine weitere Version eines westl. Kolonialstaates. Richtig ist, dass im Laufe der Zeit auch Muslime leider Gottes sich der klassischen abendländischen Antisemitismus bedient haben. Dies ist jedoch ein aus dem Westen importiertes und kein autochtones Produkt. Wer anserwertiges behauptet darf sich gerne von solch einer Institution wie Shlomo Gotein in dessen fünfbändigem epochalen Geschichtswerk eines besseren belehren lassen („die Geschichte der Juden in islamischen Ländern war grlßtenteils eins islamisch- jüdische Symbiose“). Es waren bekanntlich die aufgeklärten Briten, die die Stadtteile Jerusalems nach Ethnien/Religionen separierten und darauf Werk legten, dass die Religionszugehörigkeit im Pass eingetragen war und zusätzlich durch die willkürliche neue Grenzziehungen Probleme schufen (teile und herrsche), die auch heute noch bestehen. „Kolonialismus“ und alle was darunter fällt (u.a. Politik der ethnisch-religiösen Separierung) - erst in jüngere Zeit hat manernstlich damit begonnen, dies aufzuarbeiten (almkademisch, politisch) - im Falle von Palästina jedoch noch nicht politisch. Siehe Yakov Rabin.
10.06.21
19:14
Johannes Disch sagt:
@Schlomo Sand Dessen steile Thesen zu Israel und zum Zionismus gelten wissenschaftlich längst als widerlegt. Näheres findet man in vielen guten Artikeln im Netz unter dem Stichwort Schlomo Sand. @Antisemitismus im Islam Dass der Antisemitismus kein autochthones Produkt des Islam sei, sondern erst durch den bösen imperialen Westen in die islamische Welt hinein getragen wurde, das ist eine beliebte Lesart der islamischen Geschichte, besonders bei Muslimen-- nur ist sie leider falsch. Antisemitismus gab es in der islamischen längst, bevor der Islam mit dem Westen Bekanntschaft machte. Als sich die Juden Mohammed nicht anschließen wollte, vertrieb er sie und teilte den Besitz unter seinen Anhängern auf. Nur eine von vielen antisemitischen Episoden in der islamischen Geschichte. Der renommierte Antisemitismus-Forscher Samuel Salzborn kommt in einen Untersuchungen zu dem Schluss, dass Antisemitismus geradezu zur religiösen DNA des Islam gehört.
12.06.21
19:40
Johannes Disch sagt:
Dass der Antisemitismus in der islamischen Welt kein autochthones Produkt sei, sondern vom Westen in die islamische Welt importiert, das ist eine beliebte Lesart unter Muslimen. Aber es ist eine falsche bzw. eine verzerrte und vereinfachte Version. Sie ist Teil jener Geschichtsklitterungen, die Muslime gerne vornehmen. Das Narrativ lautet: Alles Böse wurde von außen in eine harmonisch-friedfertige islamische Welt hinein gebracht, natürlich vom imperialistischen Westen. Im Koran und in den Hadithen finden sich problemlos antisemitische Verse. Und auch die Geschichte des Islam weißt antisemitische Einstellungen und Handlungen auf, lange bevor es einen Kontakt mit dem bösen kolonialistischen Westen überhaupt gab. Sayyid Qutbs Hetzschrift "Unser Kampf mit den Juden" erschien 1950. Sie ist heute konstitutiv für die Haltung der islamischen Welt gegen das Judentum. Entscheidend ist das heute, das hier und jetzt: Und da ist festzustellen, dass der Antisemitismus im Islam ein bestimmendes Element ist. Das Palästina-Problem ist da nur eine billige Ausrede. Der heutige Islam ist antisemitisch. Der Islam hat die letzten 200 Jahre zivilisatorisch komplett versagt. Und die Schuld dafür sucht er bei allen anderen-- vorzugsweise beim imperialistischen Westen--, aber nicht bei sich selbst.
13.06.21
12:40
Tarik sagt:
Absolut richtiges Vorgehen: Wozu Sand, Elhaik, Rabin, Gotein oder Sidney Goldstein lesen? Wozu überhaupt irgendetwas von zig jüdischen Historikern (nicht Sozialwissenschaftlern) lesen, die die Mär vom "autochtonen Antisemitismus" in mehrbändigen Standardwerken akribisch dokumentieren? Wozu sich mit Gegenthesen beschäftigen? Es gibt ja Sekundärliteratur, die Autor xyz "widerlegen". Also dann doch lieber wieder zurück zur üblichen - tatsächlich widerlegten - Phrasendrescherei. "Der Islam ist", "Der Islam hat", "Der Islam muss" "ach ja, der böse Westen" etc.pp. Das Wichtigste zu dem Thema wurde bereits zuvor gesagt und mit Quellen und Zitaten - von denen ich nur ein Bruchteil aufgeführt habe - belegt. Man diskutiert jedoch lediglich mit Mitdiskutanten. Sich gegenseitig bestätigende und bestärkende islamophobe Phrasendrescher lässt man achselzuckend in der Wüste zurück und zieht mit der Karawane weiter. Viel Spaß und Alles Gute ;-)
14.06.21
14:46
grege sagt:
Bevor man sich in einem deutlichen Anflug von Unumt über das Fehlverhalten anderer beklagt, sollte man dieses selber abstellen. Autoren, Wissenschaftler oder Quellen, die zB. glaubhaft und fundiert den Antisemitismusi im Islam des Hier und Jetzt belegen, werden als islamfeindlich oder islamophob denunziert. In diesem Zusammenhang werden wieder einmal Kritkresistenz und der Mangel an Selbstreflexionsfähigkeit überdeutlich. Zu Guter letzt sollte man die Ergebnisse von Studien mit realen Vorgängen spieglen. Wenn der Westen Millionen von Muslimen nach dem 2 Weltkrieg als Gastarbeiter und Flüchtlinge aufgenommen hat, entledigen sich Verfechter einer historischen Islamfeindlichkeit in dieser Pauschalität ihrer Glaubwürdigkeit.
20.06.21
12:20
Johannes Disch sagt:
@Flagge der Hamas wird in Deutschland verboten! Darauf haben sich Union und SPD verständigt. Dafür wurde es höchste Zeit. Israel ist ein völkerrechtlich anerkannter demokratischer Staat. Die Hamas hingegen eine islamistisch-terroristische Organisation. Das ist der entscheidende Unterschied. Die Palästinenser lassen sich von einer Terror-Organisation vertreten.
20.06.21
13:06
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