Weinachtsmarkt-Anschlag

Fall Amri: Schwere Vorwürfe gegen Innenministerium

Wollte das Innenministerium einen V-Mann mundtot machen? Im Fall Anis Amri sorgt die Zeugenaussage eines Polizisten für viel Wirbel.

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2019
Symbolbild: Polizei, Polizeibeamten
Symbolbild: Polizeibeamte © Shutterstock, bearbeitet by iQ.

Polizisten aus Nordrhein-Westfalen haben im Untersuchungsausschuss zum Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz schwere Vorwürfe gegen das Innenministerium, das Bundeskriminalamt und die Berliner Polizei erhoben. Ein Kriminalhauptkommissar wurde am Donnerstag im Bundestag als Zeuge befragt. Er sagte, ein Beamter des Bundeskriminalamtes (BKA) habe ihm am Rande einer Besprechung beim Generalbundesanwalt am 23. Februar 2016 gesagt, der Informant des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes, der damals auf die Gefährlichkeit des späteren Attentäters Anis Amri hingewiesen habe, „mache zu viel Arbeit“.

„Erschütternder Skandal“

Diese Auffassung werde auch von „ganz oben“ vertreten, habe ihm der BKA-Beamte in dem Vier-Augen-Gespräch gesagt. Auf seine Nachfrage, wer mit „ganz oben“ gemeint sei, habe der Beamte damals entweder das Innenministerium oder den damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) selbst genannt sowie einen leitenden Kriminaldirektor des BKA im Bereich Staatsschutz. Er sei nach diesem Gespräch „konsterniert und geschockt“ gewesen und habe darüber auch direkt im Anschluss mit zwei Staatsanwälten gesprochen. Er habe den Eindruck gewonnen, dass der ihm sonst als sehr kompetent bekannte BKA-Beamte „sozusagen als verlängerter Arm diese Meinung so wiedergegeben hat, wie es ihm vorgegeben wurde“.

„Wenn eine V-Person, die als einzige Quelle auf die Gefahr von Anis Amri aufmerksam gemacht hat, mundtot gemacht werden sollte und das auch vom Innenminister ausgegangen sein soll, wäre das ein erschütternder Skandal“, erklärte der FDP-Obmann im Untersuchungsausschuss, Benjamin Strasser. Somit sei eine Befragung von Ex-Innenminister de Maizière zu dem Vorfall nun unausweichlich geworden.

Innenministerium weist Vorwürfe zurück

Das Bundesinnenministerium wies den Vorwurf zurück. Der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Steve Alter, sagte am Freitag, diese Aussage „wurde weder wörtlich noch sinngemäß durch den Beamten getätigt“. Zudem sei auszuschließen, dass der damalige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) oder führende BKA-Mitarbeiter entsprechende Weisungen erteilt hätten.

Der abgelehnte Asylbewerber Anis Amri hatte am 19. Dezember 2016 in Berlin einen Lastwagen gekapert, mit dem er über den Weihnachtsmarkt raste. Er tötete zwölf Menschen. Anschließend floh er nach Italien, wo ihn die Polizei erschoss. Der Tunesier hatte Kontakte im deutschen Salafisten-Milieu und war ein Anhänger der Terrormiliz “IS“. Sein Fall war 2016 mehrfach Thema im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum von Bund und Ländern gewesen.

Leserkommentare

Brad Lewis sagt:
Gibt es Erkenntnisse darüber, wie weit das deutsche Salafisten-Milieu auch Zugang zu Moschee-Verbänden und islamischen Vereinen hat? Vor 2 Tagen erst ist eine siebenköpfige deutsch-irakische Familie in Berlin eingetroffen, die dem salafistischen Milieu zugerechnet wird. Das meldete die Deutsche Presse-Agentur.
16.11.19
12:24