MUSLIMISCHE VORBILDER

Al-Kawsarî – ein kritischer Gelehrter seiner Zeit

Vorbilder, die uns positiv stimmen, sind heute wichtiger denn je. In dieser IslamiQ-Reihe möchten wir unsere Leser zu Autoren machen. Taha Tarık Yavuz schreibt über sein Vorbild: Muhammad Zâhid al-Kawsarî.

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2018
Symbolbild: Kairo, lange der Lebensraum Al-Kawsarîs. © shutterstock
Symbolbild: Kairo, lange der Lebensraum Al-Kawsarîs. © shutterstock

Muhammad Zâhid al-Kawsarî wurde am 14. Oktober 1879 im Dorf Hacı Hasan Efendi, nahe der Stadt Düzce (Türkei) geboren und verstarb am 11. August 1952 in Kairo.

Die islamischen Grunddisziplinen wie Fikh, Hadith, Tasawwuf und Dogmatik lehrte ihn sein Vater Hasan Hilmi. Während seines Aufenthaltes in Düzce lernte al-Kawsarî bei Muhammad Nazım Efendi neben den islamischen Wissenschaften auch die arabische Sprache (Sarf, Nahw), Geschichte, Mathematik, Persisch und Geographie.

Studium al-Kawsarîs

Der damals 15-jährige Muḥammad Zâhid al-Kawsarî verließ anschließend seine Heimatstadt Düzce und reiste nach Istanbul, wo er Vorlesungen von angesehenen muslimischen Gelehrten besuchte und von diesen unterrichtet wurde. Bei näherer Betrachtung wird deutlich, dass die arabische Sprache einen besonderen Stellenwert bei al-Kawsarî hatte. Sein einflussreichster Lehrer war wohl der aus Kastamonu stammende Hasan Hilmi Efendi (gest. 1328/1911). Von ihm bekam al-Kawsarî eine allgemeine Lehrerlaubnis (Idschâza). Hasan Hilmi Efendi war auch ein guter Freund seines Vaters.

Mit 26 Jahren beendete Kawsarî seine Zeit als Student. In dieser Zeit war es üblich, dass Studenten am Ende ihres Studiums einen Test absolvieren, der aufgrund seines hohen Schwierigkeitsgrades sehr schwer zu bestehen war und deshalb nur jedes fünfte Jahr stattfand. Al-Kawsarî musste noch drei Jahre warten, um diese Prüfung abzugeben. Durch diese Prüfung wird verdeutlicht, dass nicht jeder Absolvent einer Madrasa auch zugleich eine Lehrerlaubnis bekommt, da der Islam und die islamische Gelehrsamkeit ein gewisses Niveau mit sich bringen.

Aufenthalte in Istanbul, Syrien und Ägypten

Nachdem er die Prüfung erfolgreich bestand, erhielt er den Rang eines „Ders-i âm“, d. h., dass er von nun an die Erlaubnis bekam, andere Studenten zu unterrichten. Schließlich unterrichtete er an der Fatih Moschee (Istanbul) ungefähr sieben Jahre lang, bis er als „Mudarris“ anerkannt wurde.

Zwischen 1923 und 1928 reiste er zweimal nach Syrien, wo er ca. ein Jahr verbrachte. Auf die Frage, warum al-Kawsarî nicht in Syrien geblieben ist, sondern nach Ägypten reiste, antwortete er wie folgt: „Der größte Teil der syrischen Bevölkerung sind fromme Diener. Sie setzten sich mit dem Wissen auseinander, jedoch ist ihr Darwisch-Sein im Vordergrund. In Kairo sind viele Gelehrten und die Azhar-Universität ist auch dort. Mir gefällt es sehr, in der Umgebung von Wissen und Wissenden zu sein.“ Seine in der Türkei zurückgelassene Familie konnte jedoch erst dann zusammengeführt werden, als er die Prüfung zum Übersetzer erfolgreich bestanden hatte und in einer angesehenen Institution eingestellt worden ist.

Kritik reformistischer Ansätze

Vor allem aber zeichnete sich al-Kawsarî dadurch aus, dass er zeitgenössische reformistische Ansichten, die er nicht als richtig empfand, in seinen Artikeln zu widerlegen versuchte. Zahlreiche Gelehrte profitierten von ihm, vor allem aus seinen vorliegenden Handschriften.

Des Weiteren wird ihm zugeschrieben, dass er strikt der hanafîtischen Rechtsschule folgte. Er selbst sagt jedoch, dass das fanatische Festhalten an einer Rechtsschule ein Hindernis für einen Wissenschaftler ist. „Denn Fanatismus zeigt den Schwachen stark und den Starken schwach, starke Beweise kraftlos und kraftlose Beweise stark. Dies ist nichts, was jemand, der Allah und den jüngsten Tag fürchtet, tun kann.“

Abschließend ist zu sagen, dass sich die Beschäftigung mit diesem Gelehrten, der noch vor ca. 70 Jahren gelebt hat, in der Aufbauphase befindet. Das breite Spektrum seiner wissenschaftlichen Kompetenzen erschweren die Arbeit über ihn, da man in diesen bewandert sein muss, um über diese Kompetenzen urteilen zu können. Vor allem modernistischen Strömungen bieten seine Werke eine Quelle, da diese damals erstmalig aufkamen und von Kawsarî kritisch aufgegriffen wurden. Festzustellen ist, dass die in der islamischen Theologie diskutierten Themen sich bis heute nicht so sehr verändert haben.

Al-Kawsarî zeichnet aus, dass er sich offenherzig und wissenschaftlich mit kontroversen Fragen seiner Zeit beschäftigt, wobei er jedoch der islamischen Gelehrsamkeit treu geblieben ist. Das macht ihn zu einem Vorbild für mich.

 

Leserkommentare

Kritika sagt:
L.S. Insoweit sich Al-Kawsarî mit Astrologie, dem Islam oder andere unbewiesene Esoterik beschäftigte, war er höchstens mit Hypotesen beschäftigt. Einen Beweis, dass einer dieser Hypotesen zutrifft, hätte diese Hypotese zu Tatsache erhoben, die man wissenschaftlich studieren kann. Wissenschaftler war er also nicht. Die Wissenschaft über die Entwicklung des Universums, dass das Sonnensystem mit Erde und schliesslich den Menschen hervorbrachte hat bereits grosse Fortschritte gemacht. Ständig werden weitere PuzzleStückchen entdeckt, welche die Kenntnis über unser Weltbild voran bringen. Was uns dabei in keinerWeise geholfen hat sind die Heilige Schriften der vielen Religionen der Welt, von denen der Islam auch eine ist. Alle wurden bekannterweise von Menschen erstellt, zu einer Zeit als die Menschen und deren Priester noch glaubten die Erde sie ein Pfannkuchen. Darüber schwebe eine Käseglocke mit kleinen Löchern, die das Licht draussen punktförmig durch lässt. Auch die 3 Buchreligionen kannten zur EntstehungsZeit nicht die wahre Struktur von Erde, Planetensystem, von Sternen und Galaxiëen mal zu schweigen. Keine der Göttlichen Botschaften enthüllte das; konnte auch nicht denn sie alle waren Menschenwerk. So bleibt als Erkenntnis, dass Al-Kawsarî sich ein Leben lang mit FantasieGebilden beschäftigt hat und dass er "offenherzig " war. Das waren hoffentlich auch viele andere zu der Zeit. Menschen, welche Menschheit und Wissenschaft voran gebracht haben zB diejenigen, die ► Seuchen beseitigt haben, ► Wissenschaft entwickelt haben, ► Herausgefunden haben, wann das Universum begann, ► Die Formel E=mc² entdeckt haben ► Die NahrunsmittelProduktion für die wachsenden Erdbevölkerung förden ► Aberglauben an- und Angst für Geister und Götter entlarvten und beseitigen ► Entdekten, dass die Lichtgeschwindigkeit endlich ist und den Wert bestimmten und so weiter das sind KritikasVorbilder; das waren andere, ganz andere als Al-Kawsarî . Gruss, Kritika
14.01.18
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Ute sagt:
Kritisch war dieser Gelehrte offenabr aber nur dem Versuch gegenüber, den Islam in die Gegenwart zu holen. Er hat also Entwicklung verhindert und Verharren in einer Art Mittelalter begünstigt. Was es daran zu loben gibt, ist mir ein Rätsel. Da sieht man aber, dass Moslems eben nicht zu Europa gehören, weil sie nicht die Weiterentwicklung der Menschheit voranbringen, sondern den Rückschritt loben. Das ist es dann auch, was Integration der Moslems verhindert, da sie sich in einer feindlichen Welt wiederfinden, die nicht so funktioniert, wie es in der gusten alten islamischen Zeit war. Da hilft dann eigentlich nur, dass sie in ihren eigenen Ländern bleiben und uns nicht weiter belästigen.
15.01.18
13:09
Dilaver Çelik sagt:
Vielen Dank für diesen Beitrag. Es macht einmal mehr deutlich, dass Glaube und Wissen sich einander ergänzende Hälften sind, die untrennbar zusammengehören, um die Wahrheit als Ganzes zu zeigen. @Kritika Es ist nur noch peinlich, wie Sie und Ihresgleichen hier Ihre Dummheit gepaart mit Arroganz immer wieder zu Tage fördern.
16.01.18
18:16
Frederic Voss sagt:
Kritische Gelehrte kommen womöglich auch auf die Frage, wie kann es sein, daß ein liebender Gott meine Erlösung davon abhängig machen soll, daß ich auf echte Beweise seiner durch längst verstorbene Prediger verkündeten Glaubenswahrheiten verzichten soll? Nächste kritische Fragen an gelehrige Personen: Gibt es tiefere religiös-spirituelle Erfahrungen und Erkenntnisse, die jeglichen Dogmatismus in Verbindung mit Erforschung alter Texte weit übertreffen? Sind dogmatische Glaubenssysteme grundsätzlich auch gefährlich?
16.01.18
22:29
Manuel sagt:
@Dilaver Çelik: Wer an irgendwelche übernatürliche Wesen glaubt und auch noch tiefmittelalterliche Dogmen befolgt, sollte den Mund nicht so voll nehmen.
21.01.18
17:29