Ramadan

Die Erkenntnis über Anerkennung

Der Ramadan dient der Einkehr, der Gesinnung, der Liebe und der Dankbarkeit. Dass dies den Monat Ramadan besonders macht und letztendlich die Nähe zu Gott wiederherstellt, wird manchen dank einer Erkenntnis klar, wie Sebahat Özcan schreibt.

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06
2015
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Sie ist richtig sauer. Innerlich kocht es in ihr. Sie versucht sich zu beruhigen, aber kein gesunder Gedanke und kein Trost verändert ihre innere Anspannung. Immer wieder muss sie die Enttäuschung erleben, dass all die Energie, die sie in die Beziehung investiert, all die Opfer die sie leise bringt, nicht anerkannt werden. Sie möchte eigentlich gar keine Gegenleistung. Nur ein bisschen Anerkennung. Ganz wenig. Vielleicht ein „Danke, dass du dir so viel Zeit genommen hast, obwohl du eigentlich im Stress bist.“, oder „Es tut so gut, wie du dich um uns kümmerst.“ Nein, nichts. Im Gegenteil. Der Gegenüber erwartet noch mehr. Sie reicht den Finger, sie reißen ihr den Arm aus. Schlimmer noch: Wenn sie mal nicht die Opfer bringt, die sie bisher immer gebracht hat, muss sie sich auch noch gemeine Aussagen antun. Sie will die Gedanken loswerden, aber sie haften an ihr.

Sie setzt sich an den Schreibtisch und versucht ihre Gedanken auf andere Dinge zu lenken. Immerhin hat sie genug Arbeit zu erledigen. Ihre Konzentration ist gleich null. Vielleicht versucht sie das Buch zu lesen, das Maya ihr letztens geschenkt hatte. Am Schreibtisch findet sie keine Ruhe. Sie fastet und will auch mit niemandem darüber sprechen. Hinterher würde es nur im Lästern enden. Das möchte sie nicht. Sie steht auf und geht zur Couch. Ein paar Seiten blättert sie in dem Buch: „Das Leben ist schwierig. Das ist eine große, ja eine der größten Wahrheiten. Es ist eine große Wahrheit, weil wir sie, wenn wir sie wirklich erkennen, transzendieren. Sobald wir ernsthaft wissen, dass das Leben schwierig ist – es wirklich verstehen und akzeptieren-, ist es jedoch nicht länger schwierig. Sobald nämlich einmal die Tatsache akzeptiert ist, dass das Leben schwierig ist, ist dies gar nicht mehr so wichtig.“

Sie klappt es zu, atmet tief in ihren Bauch ein, steht auf und geht ins Bad. Sie wäscht ihre Hände, dann führt sie das kalte Wasser an ihr Gesicht. Ihre Gedanken kreisen immer noch um dieselben Dinge, aber ihre Gedanken werden etwas klarer. Danach wäscht sie ihre Arme und Füße.

Ruhe im Gebet

Schnell geht sie zurück ins Wohnzimmer und holt sich ihren Lieblingsgebetsteppich aus der braunen, antiken Truhe und breitet es aus. Bedacht zieht sie ihr beigefarbenes Gebetsgewand an. „Bismillahirrahmirrahim“…
Später sitzt sie noch auf dem Gebetsteppich. Ihre Hände sind zum Bittgebet gehoben, ihr Gesicht zum Boden gewandt: „O Allah, mein barmherziger Schöpfer. Du weißt, wie es mir geht und was ich alles denke. Bitte befreie mich von all diesen negativen Gedanken und der Last, die ich empfinde. Vor dem Ramadan habe ich dich darum gebeten, dass ich lerne charakterstark und geduldig zu werden. Jetzt merke ich erst, dass du mir immer die Gelegenheit dazu gibst.

Ich wollte die Anerkennung der Menschen haben und sie war mir wichtiger als dein Wohlgefallen. Verzeih mir, ya Rabb. Ich suche Zuflucht bei dir. Es gibt niemanden außer dir, der mir helfen kann. Jederzeit kann ich mich an dich wenden, aber ich habe nach Menschen gesucht, mit denen ich darüber sprechen kann. Ich weiß, dass mir das passiert, damit ich besser werden kann. Bitte leite mich durch diese Phase und lass mich die Dinge erkennen, wie sie wirklich sind. Du bist der Allmächtige, der zu allem im Stande ist. Ich schaffe das alleine nicht.“

In ihr kehrt deutlich Ruhe ein. Sie ist so dankbar. Langsam faltet sie ihren Teppich zusammen und legt ihn zurück in die Truhe. Sie fühlt sich gar nicht mehr hilflos, nicht schwach, nicht ohnmächtig. Probleme sind dazu da, um an ihnen zu wachsen. Sie sind nicht dazu da, um an ihnen zu verzweifeln. Jedes Problem ist eine Herausforderung. Was sie tut, tut sie um das Wohlgefallen ihres Schöpfers zu bekommen. Wichtig ist nicht, was passiert, sondern wie man damit umgeht. Wichtig ist, was sie tut. Nicht das, was andere tun. Denn Rechenschaft wird sie nur für ihre eigenen Handlungen ablegen müssen.