Bundesverfassungsgericht

Gesetzgeber darf Kopftuch bei Rechtsreferendarinnen verbieten

Juristen im Vorbereitungsdienst sollen sich im Gerichtssaal auch in praktischen Aufgaben üben. In Hessen ist das nur ohne Kopftuch erlaubt – zu Recht, hat das Bundesverfassungsgericht entschieden.

27
02
2020
Kopftuch, Bundesverfassungsgericht
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe © Mehr Demokratie @ flickr.com (CC 2.0), bearb. iQ.

Der Gesetzgeber darf muslimischen Rechtsreferendarinnen verbieten, bei ihrer praktischen Ausbildung im Gerichtssaal ein Kopftuch zu tragen. Die Entscheidung für eine Pflicht, sich in weltanschaulich-religiöser Hinsicht neutral zu verhalten, sei zu respektieren, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem Fall aus Hessen. Der Beschluss wurde am Donnerstag in Karlsruhe veröffentlicht. Ein Kopftuchverbot ist demnach aber nicht zwingend. (Az. 2 BvR 1333/17)

Geklagt hatte eine in Frankfurt geborene Deutsch-Marokkanerin. Sie hatte im Januar 2017 ihren juristischen Vorbereitungsdienst angetreten. In Hessen können Referendarinnen ihre Ausbildung zwar mit Kopftuch machen. Sie dürfen damit aber keine Tätigkeiten ausüben, bei denen sie als Repräsentantinnen der Justiz oder des Staates wahrgenommen werden können. Das bedeutet zum Beispiel, dass sie Verhandlungen nicht wie die anderen Referendare von der Richterbank verfolgen dürfen, sondern sich in den Zuschauerraum setzen müssen. Sie dürfen auch keine Sitzungen leiten oder Beweise aufnehmen.

Dagegen hatte die 1982 geborene Frau erst vergeblich Beschwerde eingelegt und dann vor den Verwaltungsgerichten geklagt. Schließlich reichte sie Verfassungsbeschwerde ein – am Ende ohne Erfolg.

Richter: Kopftuchverbot ist gerechtfertigt

Das Verbot greife zwar in die Glaubensfreiheit der Klägerin ein, entschieden die Richter. Dies sei aber durch andere Verfassungsgüter gerechtfertigt – etwa die Verpflichtung des Staates zu religiöser Neutralität und die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege. Anders als etwa in der Schule trete der Staat dem Bürger in der Justiz klassisch-hoheitlich gegenüber. Das Verbot ist für die Richter aber nicht zwingend. Keine der konkurrierenden Rechtspositionen sei von überragendem Gewicht.

Einige Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern und Berlin haben ähnliche Vorschriften. In anderen Ländern ist die Frage gar nicht geregelt, weil sich das Problem entweder noch nie stellte oder sich im Einzelfall eine einvernehmliche Lösung fand. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
Das Urteil ist richtig. Es gibt Orte, da muss die staatliche Neutralität zweifelsfrei gewährleistet sein. Der Gerichtssaal ist so ein Ort. Deshalb kann man von bei der Justiz beschäftigten Musliminnen erwarten, dass sie in solchen Fällen auf das Kopftuch verzichten.
27.02.20
14:49
IslamFrei sagt:
Liebe Leser Na endich. KopftuchFrauen haben bei Gericht nichts verloren. Muslims sind nicht frei von Vorurteilen. Für die steht nicht das Deutsche Gesetz über alles sondern Mächenfiguren und Ideologie. KopftuchFrauen sind das fanatischte Viertel aller MuslimFrauen. Bei Gericht muss sämtliche Werbung verboten sein, auch auf der Zuschauerbank. auch für Richter Referendare mit Kopftuch. nicht einmal eine Werbefigur in CFC*-Opa-Dress* kein Karnevalist in Häss kein Fussball-fan in Spielerdress des örtlichen XFC und eben auch keine Islamsüchtige mit Kopftuch. * Werbefigur für eine US-Hänchen-Restaurant-Kette. IslamFrei
27.02.20
17:22
Ute Fabel sagt:
Wenn ich als Nicht-Muslimin eine Moschee betreten möchte, bin ich gerne bereit mir die Schuhe auszuziehen. Genauso selbstverständlich sollte es für Musliminnen sein, auf das Kopftuch zu verzichten, wenn sie für die Justiz tätig sind. Es ist einfach respektlos, der religiösen und weltanschaulichen Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit weniger Bedeutung beizumessen als engstirnigen, ideologisch motivierten Bekleidungsbefindluchkeiten.
27.02.20
17:50
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel (27.02.2020, 17:50) Das ist ein guter Vergleich, das Schuhe ausziehen vor der Moschee und der Verzicht auf das Kopftuch als Bedienstete bei Gericht. Und wir schreien nicht "Diskriminierung", sondern ziehen aus Respekt vor der Moschee die Schuhe aus. An den reflexartigen Reaktionen der islamischen Verbände ("Muslime kritisieren Kopftuchverbot", "islamiq" 27.02.2020) lässt sich mal wieder deutlich erkennen, dass diese Lobbyisten ein Integrationshindernis sind.
28.02.20
8:12
Johannes Disch sagt:
Es ist zu begrüßen, dass das höchste deutsche Gericht wenigstens auf einem Sektor-- dem der Justiz-- endlich Klarheit und Rechtssicherheit geschaffen hat über leidige Thema Kopftuch. Diskriminierung zu schreien-- wie es gewohnt reflexartig die islamischen Verbände tun-- ist Unsinn. Das Gericht hat kein pauschales Kopftuchverbot ausgesprochen. Das Gericht hat ein Kann-Urteil, gesprochen, kein Muss-Urteil. Die Bundesländer müssen das Kopftuch vor Gericht nicht verbieten, aber sie können es. Es ist eine Einschränkung der Religionsfreiheit, wie das Gericht freimütig einräumt. Aber es ist eine zulässige Einschränkung, da die Neutralitätspflicht des Staates vor Gericht höher zu werten ist als die Religionsfreiheit, so das Gericht. Eine klassische "Rechtsgüterabwägung", so der juristische Fachbegriff für solche Urteile. Liebe Islamverbände, es handelt sich hier nicht um Diskriminierung, sondern um eine Rechtsgüterabwägung. Und die fiel in diesem Fall halt nun mal zuungunsten der Religionsfreiheit aus. Alle religiösen Symbole sind vor Gericht verboten. Auch das Kreuz und auch die Kippa. Das ist Gleichbehandlung und keine Diskriminierung. Hat man schon einmal von einer christlichen Referendarin gehört, die das Tragen des Kreuzes vor Gericht einklagt? Oder von einem jüdischen Referendar, der das Tragen der Kippa einklagt? Meines Wissens nicht. Nur (manche) Musliminnen machen aus dem Kopftuch einen Fetisch und klagen-- ermuntert durch die Islamverbände-- inzwischen bei so ziemlich jeder Gelegenheit wegen dieses Stück Stoff. Manchmal sind die Klagen berechtigt. In diesem Fall aber nicht. Einer Muslimin, die Jura studiert und im deutschen Justizwesen tätig sein will, der sollte die Materie so vertraut sein, dass ihr das aktuelle Urteil nicht seltsam vorkommen sollte. Es ist folgerichtig. Es sollte einer Muslimin, die bei uns Jura studiert, klar sein, was die staatliche Neutralität bedeutet. Wie das Verhältnis ist zwischen staatlicher Neutralität und Religionsfreiheit. Was Vorrang hat, wenn man für den Staat und für die Justiz arbeitet. Seltsam ist an diesem Fall nur eines, nämlich die Klage. So, auf diesem Sektor herrschen endlich Klarheit und Rechtssicherheit. Es ist zu wünschen, dass das Gericht auch auf anderen Gebieten endlich für Rechtssicherheit sorgt, damit die Flut der Kopftuch-Klagen endlich aufhört oder wenigstens abnimmt. Das Kopftuch ist nicht der Nabel der Welt und auch nicht der Nabel des Islam. Man muss kein Kopftuch tragen, um eine gläubige Muslimin zu sein.
28.02.20
18:51
Fatma Sentürk sagt:
Wenn man sich die Kommentare unter diesem Artikel anschaut, kann man sehen wie widersprüchlich manche Sachen auf dieser Welt einfach sind. Es werden muslimische Frauen unhöflicher Weise als "Kopftuchfrauen" bezeichnet. Im Satz darauf folgt ein Vorurteil mit der Aussage " Muslime seien nicht frei von Vorurteilen". Es wurde ein Vorurteil kritisiert, was ebenfalls durch einen Vorurteil geprägt ist. Daran sehen wir, dass die nötige Informationen und Kenntnisse über das Thema fehlen. Auf das Niveau der Argumentationsweise möchte ich gar nicht eingehen.
28.02.20
23:45
Johannes Disch sagt:
Es ist ungerechtfertigt, bei dem Urteil von Diskriminierung und Ausgrenzung oder gar Berufsverbot zu sprechen. Das Urteil ist differenziert und sauber begründet. Wie der Artikel selbst feststellt, handelt es sich um kein pauschales Kopftuchverbot. Pauschale Kopftuchverbote sind unzulässig, wie das oberste deutsche Gericht schon häufiger feststellte, beispielsweise im Falle von Lehrerinnen. Es gilt aber auch umgekehrt: Es gibt kein pauschales Recht auf das Tragen des Kopftuchs. Es gibt Fälle, da ist ein Verbot aus guten Gründen rechtens. Beispielsweise bei gewissen Tätigkeiten vor Gericht.
29.02.20
10:47
Johannes Disch sagt:
Wie gesagt, viele scheinen sich gar nicht wirklich mit der Urteilsbegründung zu beschäftigen. Rechtsreferendarinnen ist das Kopftuch während ihrer Ausbildung nicht grundsätzlich verboten, sondern nur, wenn sie in bestimmten Funktionen auftreten, beispielsweise auf der Richterbank. Da ist es verboten, weil man in dieser Funktion Staat und Justiz in hoheitlicher Funktion repräsentiert. Hier muss die staatliche Neutralität ohne auch nur einen Hauch von Zweifel gewährleistet sein. Es ist also ein sehr differenziertes Urteil. Es ist lächerlich und infam, hier von Diskriminierung zu sprechen oder dem Gericht gar ideologische Gründe zu unterstellen, wie es der "Islamrat" getan hat.
29.02.20
17:11
Dilaver Çelik sagt:
Von einer Muslima zu verlangen, ihr Kopftuch abzulegen, zeugt von Dummdreistigkeit. Sonst nichts.
01.03.20
2:38
Johannes Disch sagt:
@Dilaver Celik (01.03.2020, 2:38) Wie ich bereits sagte: Ihr Muslime beschäftigt euch nicht mit dem Urteil. Ihr beschäftigt euch nicht mit der Urteilsbegründung. Und ihre Äußerung zeigt auch mangelnden Respekt vor unserer Rechtsordnung, vor unserer Rechtsprechung und vor unserem obersten Gericht. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Vergangenheit auch schon zu Gunsten von Musliminnen entscheiden. Zu Gunsten des Kopftuchs, zum Beispiel, als es ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrerinnen als nicht verfassungskonform beurteilte. Interessiert euch offenbar alles nicht. Kaum fällt ein Urteil mal nicht zu euren Gunsten aus, kommen die üblichen Reflexe: "Diskriminierung" oder "Dummdreistigkeit", wie in ihrem Fall. Die Fähigkeit und der Wille zur differenzierten Betrachtung sind bei vielen von euch leider nicht zu erkennen. (Es gibt auch andere. Ich habe mich in den letzten Tagen mit vielen Muslimen/innen über das Urteil unterhalten. Viele können es nachvollziehen und nicht wenige finden es sogar richtig. Diese Stimmen finden sich natürlich aber nicht bei den islamischen Verbänden). Egal, was manche davon halten mögen: Das Urteil ist rechtskräftig und nicht mehr anfechtbar, da das Bundesverfassungsgericht in diesem Fall die oberste und letzte Instanz ist. Falls jemand mit dem EUGH kommt: Der ist hier nicht zuständig. Die betroffene Referendarin hat nur 2 Möglichkeiten: Sie befolgt das Urteil oder sie bricht ihre Ausbildung vorzeitig ab. Unser Haus. Unsere Regeln.
02.03.20
13:55
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