Hessen

Eilantrag gegen neuen Islamunterricht scheitert

Die Zukunft des Islamunterrichts in Hessen bleibt weiterhin offen. Das Alternativangebot in Eigenregie des Landes wird vom Verwaltungsgericht gestützt.

10
09
2019
Symbolbild: Religionsunterricht, Islamunterricht, Wahlpflichtfach, IRU
Symbolbild: Islamunterricht, Wahlpflichtfach, IRU

Der Zentralrat der Muslime (ZMD) ist mit einem Eilantrag gegen den neuen Islamunterricht an Hessens Schulen gescheitert. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden wies den Antrag in einem am Montag veröffentlichen Urteil als unbegründet zurück, weil die Rechte des Antragstellers durch den Unterricht nicht verletzt würden.

Der Zentralrat der Muslime hatte argumentiert, das Land Hessen verstoße mit dem Unterricht gegen die Verfassung, weil dieser ohne Beteiligung von islamischen Religionsgemeinschaften angeboten werde. Außerdem sei der Staat zur religiösen Neutralität verpflichtet und dürfe keinen Islamunterricht an den Religionsgemeinschaften vorbei einrichten.

Staatliche Neutralitätspflicht wird nicht verletzt

Die Rechte des Antragstellers würden durch den Unterricht nicht verletzt, da das Fach keinen Religionsunterricht im herkömmlichen Sinne darstelle, erklärte dagegen das Gericht seine ablehnende Entscheidung. Nach der Konzeption des Faches diene es der Information über den Islam, solle also Wissen vermitteln und nicht bestimmte religiöse Bekenntnisinhalte als wahr darstellen.

Insgesamt ähnelt das Fach nach Einschätzung des Gerichts eher dem Ethik- als einem Religionsunterricht. Dem Land gehe es nicht darum, über Glaubensinhalte zu bestimmen. Es solle stattdessen über den Islam als solchen und seine zahlreichen Bezüge informiert werden. Die staatliche Neutralitätspflicht werde dadurch nicht verletzt. Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde zum Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingelegt werden.

Islamunterricht: Hessen startet Pilotprojekt

Der neue Islamunterricht wird seit dem Sommer in einem Schulversuch für Kinder der Jahrgangsstufe sieben in Hessen angeboten. Hintergrund für die Einführung ist die ungeklärte Zusammenarbeit mit der DITIB beim islamischen Religionsunterricht. Sollte die Kooperation enden, will das Land ein Angebot in alleiniger staatlicher Verantwortung starten.

Der bekenntnisorientierte Islamunterricht wurde in Hessen zum Schuljahr 2013/2014 mit DITIB als Partner eingeführt. Wegen der Nähe zur türkischen Religionsbehörde Diyanet und damit letztlich zum türkischen Staat hatte Kultusminister Alexander Lorz (CDU) zuletzt Zweifel an der Unabhängigkeit von DITIB geäußert. Um die bestehenden Vorwürfe zu entkräften, hat die DITIB  zahlreiche Unterlagen beim Land eingereicht.

Islamunterricht bis Klasse 6

Eine finale Entscheidung über die Fortsetzung der Zusammenarbeit soll nach Angaben des Ministeriums auf jeden Fall noch im Herbst oder Winter diesen Jahres fallen. Als Konsequenz aus dem schwebenden Verfahren wird der bisherige bekenntnisorientierte islamische Religionsunterricht nur noch für Schüler bis zur Jahrgangsstufe sechs angeboten. Die Schüler der Jahrgangsstufe sieben können das neue Fach Islamunterricht in alleiniger staatlicher Verantwortung nutzen. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Brad Lewis sagt:
Eine richtige Entscheidung hinsichtlich konstruierter Glaubensinhalte, die irgendwelche Verbände festlegen wollen. Die Schule ist kein Tummelplatz zur Verkündung angeblicher islamischer Wahrheiten, die Schulkindern eingetrichtert werden sollen. Verbandsstrukturen mit türkischem Background haben an deutschen Schulen nichts verloren.
13.09.19
14:08
Salim Spohr sagt:
Ich bin entsetzt!! Daß das Bundesland Hessen einen Islamunterricht in, wie es heißt, "alleiniger staatlicher Verantwortung" starten will, halte ich für einen klaren Verstoß gegen eine für alle Religionsgemeinschaften und nicht nur in Hessen geltende Ortnung, nach der ein "bekenntnisorientierter Religionsunterricht" nicht Angelegenheit allein des Staates sein kann und darf. – Wie sieht es hier für die Christen und wie für die Juden aus? Man sollte prüfen, ob der Staat auch bei ihnen in den Religionsunterricht in vergleichbarer Weise hineinpfuscht. – Grundsätzlich muß klar sein: Ein Staat, der sich in dieser Weise um die Sinnfrage bekümmert, ist dabei, eine wichtige Grenze auf ein Gebiet hin zu überschreiten, das ihm nicht zur (alleinigen) Verantwortung gegeben ist und etwas zu tun, was nicht seine Aufgabe sein kann. Das Bundesland Hessen ist, indem es das tut, was es angekündigt hat, geradewegs dabei, totalitär zu werden. – Die Frage lautet: Oh, ihr Leute in Hessen, wollt ihr gemeinsam mit eurem Kultusminister wirklich den totalen Staat?
29.04.20
1:01