Nordrhein-Westfalen

Wenn das Kopftuch zur Hürde für die Justiz wird

Bei „Wer wird Millionär?“ reagierte Günther Jauch ehrlich auf seine eigenen Vorurteile gegenüber einer kopftuchtragenden Juristin. Doch in NRW ist die Realität ernster: Volljuristinnen mit Kopftuch finden ihren Platz meist abseits des Gerichtssaals.

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2025
Muslimin mit Kopftuch im Dienst © shutterstock, bearbeitet by iQ
Muslimin mit Kopftuch im Dienst © shutterstock, bearbeitet by iQ

In der jüngsten Ausgabe der RTL-Quizsendung Wer wird Millionär? kam es zu einer bemerkenswerten Szene. Eine muslimische Frau aus dem Publikum half einem Kandidaten bei der Beantwortung einer Frage zum Grundgesetz. Souverän erklärte die Volljuristin, dass Artikel 4 die Glaubens- und Gewissensfreiheit schützt – und wählte damit die richtige Antwort. Erst nach der richtigen Antwort fragte Moderator Günther Jauch nach,ob sie Anwältin, Richterin oder Staatsanwältin sei.

Eine Volljuristin ist eine Person, die beide juristischen Staatsexamina abgeschlossen hat und damit grundsätzlich die Befähigung besitzt, als Richterin, Staatsanwältin oder Rechtsanwältin zu arbeiten. Doch in Nordrhein-Westfalen ist das für Frauen mit Kopftuch kaum möglich. Das dort seit 2021 geltende Justizneutralitätsgesetz verbietet Richtern, Staatsanwälten und ehrenamtlichen Richtern das Tragen religiöser Symbole im Gerichtssaal – darunter auch das muslimische Kopftuch.

Viele hochqualifizierte Juristinnen finden deshalb nur außerhalb des Gerichtssaals berufliche Perspektiven – etwa in der Verwaltung oder in nachgeordneten Behörden. Wie weit diese Regelung reicht, zeigt der Fall einer ehrenamtlichen Richterin aus Dortmund, die 2023 wegen ihres Kopftuchs von der Schöffenliste gestrichen wurde. Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts Dortmund und sah im Kopftuch einen Verstoß gegen die Pflicht zur weltanschaulichen Neutralität.

Die junge Frau hat gegen die Entscheidung Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt. Dort wird nun geprüft, ob das nordrhein-westfälische Gesetz mit der im Grundgesetz garantierten Religionsfreiheit vereinbar ist – und ob das Kopftuch im Gerichtssaal künftig ausgeschlossen bleibt oder nicht.

Juristen gegen Kopftuchverbot in der Justiz

Auch der deutsche Juristenband e.V. forderte im Mai dieses Jahres die Aufhebung des Kopftuchsverbots. In einem dazu veröffentlichten Policy Paper sowie einem FAQ fordert der Verband Bund und Länder dazu auf, einen diskriminierungsfreien Zugang für Muslimezu allen Tätigkeitsfeldern innerhalb der Justiz sicherzustellen, auf den Erlass neuer Verbotsregelungen zu verzichten und bestehende Regelungen aufzuheben „Gesetzliche Regelungen, die einige Frauen von Ausbildung und beruflichen Chancen ausschließen, widersprechen grundlegenden Gleichstellungsprinzipien“, betont Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb in der Mitteilung.

Leserkommentare

Timotheus sagt:
Das Justizneutralitätsgesetz ist übergeordnet und hat Vorrang vor individuellen Religionskapriolen aller Art. Irgendwelchen Verhüllungseskapaden mit einer persönlichen Konnotation von religiöser Anmutung - besonders mit auffälligem Demonstrationscharakter - kann und darf sich die hohe Justiz eines demokratischen Landes keinesfalls großzügig unterordnen oder gar unterwerfen. Islamische Kopftuchtrachten haben in europäischen Gerichtssälen nichts verloren und gehören deshalb ausgesperrt. Der Islam kann sich anderswo zur Genüge präsentieren und zur Schau stellen. Die kurze Begebenheit mit dem Moderator Günther Jauch ist - ehrlich gesagt - einfach nur noch banal und haushoch überbewertet. Soviel Theater um dieses bisschen Jauch-Gefasel. Grundsätzlich muss gelten: Die Justiz beherrscht den Islam. Und nicht umgekehrt: Der Islam beherrscht die Justiz.
12.10.25
4:25
Cumali Mol sagt:
Sehr geehrter "Timotheus", eine Justiz, die den Zorn Gottes erregt - kann keine hohe Justiz sein. Außerdem wäre es ritterlicher, wenn Sie mit Ihrem Klarnamen zu Ihret Meinung stehen. Wenn Sie im Recht sind, sollten Sie bereit sein, mit Ihrem Namen dafür einzustehen. Fakt ist, dass die Justiz in Deutschland, Dinge die حلال sind verbietet und Dinge, die حرام sind erlaubt. Das ist nicht gerecht. Geschweige denn "hoch". Ich würde sagen rechtschaffen böse.
14.10.25
14:42
addo sagt:
vielleicht gibt es überhaupt keinen Gott oder mehrere Götter. Außerdem wäre es redlicher und ritterlicher, wenn Cumali Mol dem nichtmuslimischen und gottlosen Westen dem Rücken kehrt. Er kann ja als neue Heimstätte mit gottesfürchtiger Justiz suchen, fragt sich nur welche das sein soll
27.10.25
23:54