









Greta Thunberg und ihre Mitstreiter wollten Hilfsgüter in den Gazastreifen bringen. Israels Armee überfällt sie illegal – und verschleppt die Aktivisten.
Nach tagelanger Fahrt auf einem Segelschiff mit Hilfsgütern für die Menschen im Gazastreifen sind Greta Thunberg, Yasemin Acar, Thiago Ávila, Hüseyin Şuayib Ordu, Pascal Maurieras, Rima Hassan, Sergio Toribio, Reva Seifert Viard, Mark Van Rennes, Baptiste Andre, Yanis M’hamdi und Omar Faiad kurz vor ihrem Ziel von der israelischen Armee illegal überfallen worden. Das Schiff werde von der Marine zur israelischen Küste geschleppt, die Passagiere sollten in ihre Heimatländer zurückkehren, teilte das israelische Außenministerium am frühen Morgen auf der Plattform X mit. Zuvor hatte das Bündnis Freedom Flotilla Coalition mitgeteilt, israelische Soldaten seien an Bord der „Madleen“ gedrungen.
Israel hat die Hilfsmission für den Gazastreifen scharf kritisiert und als „mediale Provokation“ abgetan. Die Aktivisten hätten, so die offizielle Stellungnahme, lediglich Aufmerksamkeit erzeugen wollen – ihre Ladung sei zu geringfügig gewesen, um als ernstzunehmende Hilfe zu gelten. „Es gibt Wege, Hilfe in den Gazastreifen zu bringen – ohne Instagram-Selfies“, hieß es abfällig. Dabei ignoriert die israelische Seite, dass genau diese offiziellen Wege seit Monaten blockiert oder drastisch eingeschränkt sind – mit katastrophalen Folgen für die Zivilbevölkerung in Gaza.
Die internationale Flottille unter dem Dach der Freedom Flotilla Coalition veröffentlichte mehrere vorab aufgezeichnete Videos, in denen die Aktivisten ihre Regierungen um Unterstützung baten. Sie berichten von ihrer gewaltsamen Festsetzung durch israelische Streitkräfte, vom Einsatz von Drohnen, die das Schiff mit einer unbekannten Substanz besprühten, und von massiver Störung der Funkkommunikation – Hinweise auf eine gezielte Einschüchterungstaktik gegen eine rein zivil motivierte Mission.
Verteidigungsminister Israel Katz hatte bereits im Vorfeld eine unmissverständliche Botschaft ausgesendet: Israel werde „niemandem erlauben, die Seeblockade zu durchbrechen“. In einer Mitteilung diffamierte er Greta Thunberg und andere Teilnehmer der Hilfsmission pauschal als „antisemitisch“ und „Hamas-Propagandisten“.
Die zwölf Aktivisten, darunter Thunberg, hatten sich Anfang Juni mit einem Schiff auf den Weg gemacht, um dringend benötigte Hilfsgüter wie Babynahrung und Medikamente nach Gaza zu bringen. Ihr Ziel war auch, die Aufmerksamkeit auf die humanitäre Katastrophe zu lenken, die sich im Schatten des Genozids zunehmend verschärft.
Greta Thunberg, international bekannt durch ihren Einsatz für Klimagerechtigkeit, setzt sich seit einiger Zeit verstärkt für palästinensische Rechte ein. Für sie ist klar: Ohne soziale Gerechtigkeit gibt es keine Klimagerechtigkeit. Thunberg wirft Israel vor, mit seiner Kriegsführung und der systematischen Blockadepolitik einen Genozid an den Palästinensernzu begehen – eine Einschätzung, die zunehmend auch von UN-Organisationen, Völkerrechtsexpertinnen und humanitären NGOs geteilt wird.
Israels Regierung weist solche Vorwürfe kategorisch zurück und verweist auf das Massaker vom 7. Oktober 2023 durch die Hamas, bei dem rund 1.200 Menschen getötet und Hunderte verschleppt wurden. Doch Kritiker betonen, dass dieses Ereignis nicht als Blankoscheck für die massenhafte Tötung von Zivilisten, die Zerstörung lebenswichtiger Infrastruktur und die Verhinderung von Hilfslieferungen herhalten dürfe.
Seit Beginn des Genozids sind laut der Gesundheitsbehörde in Gaza über 54.800 Palästinenser getötet worden. Israel hatte monatelang fast vollständig die Lieferung von Nahrung, Medizin und Treibstoff blockiert – ein Verstoß gegen humanitäres Völkerrecht. Erst unter internationalem Druck wurde die Blockade kürzlich minimal gelockert.
Die Blockade besteht seit 2007 und wird regelmäßig mit Sicherheitsbedenken begründet – insbesondere wegen der militanten Ausrichtung der Hamas. Doch internationale Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch oder Amnesty International sehen darin eine Form kollektiver Bestrafung, die das Leben in Gaza systematisch zerstört. Immer wieder versuchen Aktivisten daher, die Blockade zu durchbrechen – zuletzt 2010, als beim israelischen Überfall auf die „Mavi Marmara“ zehn Zivilisten getötet wurden.
Auch jetzt spricht Israel von einem „Konfliktgebiet“ und warnt vor „rechtswidrigen Versuchen“ der Durchbrechung. Dass die humanitären Bemühungen durch das israelische Militär selbst massiv behindert werden, bleibt dabei unerwähnt. (dpa/iQ)