









Noch nie wurden in Deutschland so viele Straftaten mit politischem Hintergrund erfasst wie 2024. Ihre Zahl nahm gegenüber dem Vorjahr zu. Zwei Faktoren haben wesentlich dazu geführt.
Der Genozid in Gaza und die Wahlen im Jahr 2024 haben vergangenen Jahr deutlich zu einem drastischen Anstieg an politisch motivierten Straftaten in Deutschland beigetragen. Die Sicherheitsbehörden erfassten mit rund 84.000 Fällen einen neuen Höchststand. Gegenüber dem Vorjahr entsprach dies einer Zunahme um 40 Prozent, wie aus der am Dienstag veröffentlichten Statistik von Bundesinnenministerium und Bundeskriminalamt hervorgeht.
Der extreme Anstieg verdeutliche einmal mehr den dringenden Bedarf für eine gemeinsame Sicherheitsoffensive von Bund und Ländern, sagte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU). Man werde allen verfassungsfeindlichen Bestrebungen mit gleicher Entschlossenheit und Konsequenz entgegentreten. Auf Nachfrage erklärte der CSU-Politiker, die größte Gefährdung für die Demokratie gehe von Rechtsextremisten aus.
Nötig sei eine Doppelstrategie im Kampf gegen Extremismus, so der Minister: „mehr Kompetenzen für die Polizei und mehr Konsequenzen für die Straftäter“. Dazu gehören aus seiner Sicht eine Speicherung von IP-Adressen im Netz, Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten und höhere Strafen für Angriffe auf Polizisten. Bei judenfeindlichen Straftaten solle es nach einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe kommen, zudem im Regelfall zu Ausweisung. Er wolle zudem gegen die Polarisierung der Gesellschaft kämpfen.
Etwas mehr als die Hälfte der 2024 verübten Taten mit politischem Hintergrund wurde dem Bereich „rechts motiviert“ zugeordnet (fast 42.800). Mit 48 Prozent gab es in diesem Bereich auch den größten Anstieg. Die Zahl der Fälle in Zusammenhang mit ausländischer Ideologie nahm um rund 42 Prozent auf rund 7.300 zu. Links motivierte Straftaten stiegen um 28 Prozent auf knapp 10.000. Taten in Zusammenhang mit religiöser Ideologie nahmen um 29 Prozent auf etwa 1.900 zu. Die restlichen gut 22.000 Fälle wurden keinem der vier Bereiche zugeordnet.
Die Zahl islamfeindlicher Straftaten stieg deutlich, um knapp 26 Prozent auf rund 1848 (Vorjahr: 1464); ebenfalls ein neuer Höchststand. Der Großteil der Delikte war 2024 politisch rechts motiviert (86 Prozent). Auch die Zahl antisemitischer Straftaten stieg deutlich, um knapp 21 Prozent auf rund 6.200 (Vorjahr: 5.200); ebenfalls ein neuer Höchststand. Mit 48 Prozent wurden knapp die Hälfte der Fälle dem rechten Bereich zugeordnet.
Der Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş, Ali Mete, zeigte sich besorgt über die steigenden Angriffe auf Muslime. „Muslime sind Opfer, nicht Täter“, betont Generalsekretär Ali Mete. Trotz steigender Gewalt würden sie medial und politisch unter Generalverdacht gestellt. Viele Taten blieben unerkannt oder ungestraft, was das Vertrauen in den Rechtsstaat untergrabe. Mete fordert: „Die Bundesregierung muss Muslime endlich schützen – nicht stigmatisieren.“ Islamfeindlichkeit sei Alltag und kein Randproblem mehr.
Im Kontext von Wahlen registrierten die Behörden fast 11.800 politisch motivierte Straftaten – nach rund 2.200 im Vorjahr. 2024 wurde in Europa und in den Bundesländern Brandenburg, Sachsen und Thüringen gewählt. Hinzu kamen in einigen Ländern Kommunalwahlen, und zum Jahresende begann der Bundestagswahlkampf. Im Vergleich zum vorherigen Superwahljahr 2021 fiel der Anstieg mit zwölf Prozent allerdings deutlich kleiner aus.