Europa

„Islamophobia Report“ legt alarmierende Zahlen vor

Der „European Islamophobia Report 2023“ zeigt: Islamfeindlichkeit in Europa nimmt alarmierend zu. Angriffe, Diskriminierung und Hassreden prägen den Alltag vieler Muslime. Was muss Europa tun?

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2024
Islamophobie © Perspektif.eu, bearbeitet by iQ.
Islamophobie © Perspektif.eu, bearbeitet by iQ.

Der „European Islamophobia Report 2023“ (EIR 2023) beleuchtet in seiner neunten Ausgabe die zunehmende Verbreitung von Islamophobie in 28 europäischen Ländern. Verfasst von 33 Experten, zeigt der Bericht die tiefe Verankerung antimuslimischer Ressentiments in Politik, Gesellschaft und Institutionen. Besonders besorgniserregend sind die Zahlen und Entwicklungen im Zusammenhang mit der Eskalation des Nahostkonflikts im Oktober 2023.

Antimuslimischer Rassismus auf dem Vormarsch

Der Bericht dokumentiert eine starke Zunahme islamfeindlicher Vorfälle, insbesondere nach den Angriffen Israels auf den Gazastreifen im Oktober 2023. Dies führte zu einer spürbaren Verschärfung der Lage für Muslim:innen in Westeuropa. Antimuslimischer Rassismus äußerte sich in Form von verbaler und physischer Gewalt, Diskriminierung am Arbeitsplatz, Benachteiligungen im Bildungswesen sowie einer feindseligen medialen Berichterstattung.

„Antimuslimischer Rassismus wird zunehmend normalisiert und durch politische sowie mediale Diskurse legitimiert. Dies zeigt sich in einer Zunahme sowohl physischer als auch struktureller Gewalt,„, heißt es im Bericht.

Deutschland: Höchststand antimuslimischer Vorfälle

In Deutschland verzeichnete die CLAIM-Allianz  für 2023 insgesamt 1.926 islamfeindliche Vorfälle – ein Anstieg von 114 % im Vergleich zum Vorjahr. Dabei handelte es sich um versuchte Brandanschläge auf Moscheen, Schießereien und körperliche Übergriffe. Besonders auffällig: Ein Großteil dieser Vorfälle ereignete sich nach dem 7. Oktober, dem Tag des Angriffs der Hamas auf Israel.

Trotz der hohen Zahl an Vorfällen wird dem Thema von Behörden und etablierten Parteien zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Der Bericht macht dafür auch das Erstarken rechtsextremer Parteien wie der AfD verantwortlich, die antimuslimische Rhetorik für politische Zwecke nutzen.

Frankreich: Islamfeindlichkeit und neue Gesetze

Frankreich bleibt eines der Länder mit der größten muslimischen Bevölkerung und gleichzeitig einer der Brennpunkte islamfeindlicher Entwicklungen. Die Nationale Beratende Kommission für Menschenrechte (CNCDH) meldete für 2023 einen Anstieg antimuslimischer Übergriffe um 29 %. Die Einführung des „Anti-Separatismus-Gesetzes“ wird von vielen Muslim:innen als gezielte Maßnahme wahrgenommen, die das gesellschaftliche Klima verschärft.

Auch antisemitische Übergriffe nahmen in Frankreich dramatisch zu – um 284 % im Vergleich zum Vorjahr. Diese Polarisierung spiegelt die zunehmenden Spannungen innerhalb der Gesellschaft wider.

Diskriminierung in Alltag und Institutionen

  1. Arbeitswelt: Muslim:innen werden nach wie vor benachteiligt. Frauen, die ein Kopftuch tragen, sind besonders betroffen. Studien belegen, dass ihre Bewerbungen 40 % seltener berücksichtigt werden.
  2. Bildung: Schüler:innen und Studierende berichten von Diskriminierung durch Lehrer:innen und Mitschüler:innen, insbesondere in Ländern wie Frankreich und Österreich.
  3. Hassverbrechen: Physische Angriffe auf Moscheen und muslimische Gemeinden haben zugenommen. Der Bericht fordert eine präzisere Erfassung solcher Vorfälle und strengere gesetzliche Maßnahmen.
  4. Medien: Der Bericht kritisiert die stereotype Darstellung von Muslim:innen in europäischen Medien, die oft Ressentiments verstärkt und antimuslimische Narrative verbreitet.

Empfehlungen zur Bekämpfung der Islamophobie

Die Autoren des Berichts fordern ein entschiedenes Vorgehen gegen antimuslimischen Rassismus. Ihre Vorschläge umfassen:

  • Einheitliche Definition von Islamophobie: Um Daten besser erfassen und analysieren zu können, wird eine klare Begriffsbestimmung gefordert.
  • Erfassung und Veröffentlichung von Daten: Behörden und NGOs sollten islamfeindliche Vorfälle systematisch dokumentieren.
  • Förderung von Bildungsprogrammen: Aufklärung über Rassismus und Diskriminierung soll in Schulen und öffentlichen Einrichtungen verstärkt werden.
  • Schutz und Unterstützung für Betroffene: Institutionen müssen Mechanismen schaffen, die Opfern von Hasskriminalität effektiv helfen.

„Ohne eine systematische Bekämpfung der Islamophobie wird das Vertrauen in die europäischen Gesellschaften weiter erodieren. Wir stehen vor einer Herausforderung, die Solidarität und konsequentes Handeln erfordert,“ heißt es weiter.

Der „European Islamophobia Report 2023“ zeichnet ein alarmierendes Bild der Lage in Europa. Islamophobie ist nicht mehr nur ein Randphänomen, sondern ein strukturelles Problem. Die empfohlenen Maßnahmen bieten einen klaren Weg, um dem wachsenden antimuslimischen Rassismus entgegenzutreten und die Grundwerte von Gleichheit und Gerechtigkeit zu bewahren.

Leserkommentare

grege sagt:
Islamprotagonisten fordern wieder etwas ein, was sie als Gegenleistung verweigern. Islamfeindlichkeit soll als strukturelles Problem anerkannt werden. Gleichzeitig wird denjenigen Islamfeindlcihkeit relexartig unterstellt, die islamischen Terrorismus und Extremismus ebenso als strukturelles Problem sehen, das über Einzelfälle hinausgeht.
24.12.24
18:17