Niedersachsen

Chef der Polizeiakademie fordert Forschung zu Rassismus bei Polizei

Chatgruppen bei der Polizei, die rassistische und rechtsextreme Inhalte teilen – das wurde im vergangenen Jahr bekannt. Der Direktor der Polizeiakademie Niedersachsen sieht einen Weg gegen Rassismus und Diskriminierung: mehr Forschung.

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Rassismus bei Polizei
Polizei Niedersachsen © Shutterstock, bearbeitet by iQ.

Der Direktor der Polizeiakademie Niedersachsen, Carsten Rose, hat sich in der Frage von Rassismus bei der Polizei für wissenschaftliche Untersuchungen ausgesprochen. Es tue der Polizei gut, wenn sie sich einer unabhängigen Forschung stelle und stärker öffne, als es bislang der Fall gewesen sei, sagte der 55-Jährige der Deutschen Presse-Agentur im Vorfeld des Kongresses „Netzwerk demokratische Polizei“ in Hannover. Er betonte, in der Gesellschaft sei kein Platz für Gewalt durch die Polizei – genauso wenig wie für Gewalt gegen die Polizei.

Im vergangenen Jahr waren bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen Chatgruppen mit rechtsextremen Inhalten aufgedeckt worden. Auch in anderen Bundesländern wurden Fälle bekannt, meist ging es dabei um mutmaßliche rechtsextreme Vorkommnisse. Insgesamt sind bei der Polizei in Deutschland rund 300 000 Menschen beschäftigt.

Für das Teilen von Thesen rassistischer oder rechtsextremistischer Inhalte hatte zuvor erstmals in Niedersachsen eine Polizistin ihren Job verloren. Der Senat für Disziplinarrecht hatte im April zum ersten Mal entschieden, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als härtestes Mittel gerechtfertigt sei, sagte ein Sprecher des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (OVG).

Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte im vergangenen Dezember: „Natürlich gibt es Einzelfälle von Racial Profiling“, aber dies sei in der Polizei „kein strukturelles Problem“. Von Racial Profiling spricht man, wenn Menschen wegen ihrer Hautfarbe, Haarfarbe oder anderer äußerer Merkmale, aber ohne konkreten Anlass kontrolliert werden.

Steinmeier ruft zum Engagement gegen Rassismus auf

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte im vergangenen Jahr bereits zum konsequenten Vorgehen gegen Rechtsextremismus in der Polizei aufgerufen. „Feinde der Freiheit und der Demokratie dürfen in der Polizei nicht geduldet werden. Es muss jede Anstrengung unternommen werden, rechtsextreme Netzwerke zu enttarnen, wo es sie gibt“, sagte Steinmeier mit Blick auf rechtsextreme Verdachtsfälle bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen. „Der Rechtsextremismus hat tiefe Wurzeln in unserer Gesellschaft“. Er vertraue der Polizei und wisse, was die Beamten leisteten. Sie verdienten Vertrauen. „Die Polizeiführungen und die politisch Verantwortlichen dürfen kein Klima dulden, in dem sie entstehen und von anderen gedeckt werden können“.

Steinmeier warf die Frage nach möglichen sich wiederholenden Defiziten bei der Verfolgung rechtsextremistischer Taten auf. „Sind rechtsextreme Netzwerke in der Strafverfolgung zu selten wahr- und noch seltener ernstgenommen worden?“, fragte Steinmeier. „Die Geschichte rechtsextremer Taten lasse zwei Antworten zu. „Entweder hat sich die Erkenntnis, dass auch diese Attentäter ein Umfeld haben, in Netzwerke eingebunden sind oder sich von ihnen inspirieren lassen, erst spät – zu spät – durchgesetzt. Oder, zweite Alternative: Diese Erkenntnis wurde bewusst missachtet.“ (dpa/iQ)