Brandanschläge, Schmierereien, eingeschlagene Fensterscheiben, verwüstete Gebetsräume und Bombendrohungen. Die Angriffe auf Moscheen häufen sich – und hinterlassen Spuren. So wie in Berlin-Kreuzberg. IslamiQ hat mit der Gemeinde gesprochen.
Heute vor sechs Jahren wurde eine der ältesten Moscheen Deutschlands Opfer eines Brandanschlags. Der Tag ist und bleibt für die Mevlana Moschee der Islamischen Föderation in Berlin (IFB) wohl ein schwarzer Tag. Der Anschlag hat die Berliner Muslime und vor allem die Gemeinde tief getroffen.
Der Brandanschlag auf die Mevlana Moschee hatte den größten Schaden der bisherigen Anschläge auf Moscheen in Deutschland nach sich gezogen. Das Feuer breitete sich in kurzer Zeit auf nahezu alle Innenräume der Moschee aus. Dabei ist ein Sachschaden von über einer Million Euro entstanden. Zudem hatte er zur Folge, dass ein Teilabriss des erst neu entstandenen Moscheebaus vollzogen wurde. Die Polizei stellte später in den Brandresten Spuren einer brennbaren Flüssigkeit fest.
In einer Pressemitteilung hatte der IFB in aller Deutlichkeit geäußert, dass der Anschlag auf die Mevlana Moschee und weiterer Moscheen alarmierende Anzeichen einer zunehmenden Islamfeindlichkeit seien. „Die zunehmende Hetze gegen Muslime unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit hat dazu geführt, dass Anschläge auf Moscheen stattfinden. Wenn nunmehr nicht die Notbremse gezogen wird, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis wir Muslime um unser eigenes Wohl fürchten müssen“, hieß es in der damaligen Mitteilung.
Laut Untersuchungen der Polizei sei der Brand kurz nach dem Gebet gegen 23 Uhr entstanden. Unbekannte beschädigten Drähte um in die Moschee einzudringen. Dann haben sie die Baustoffe angezündet. Zu dieser Zeit befand sich ein Teil der Moschee in Renovierung. Das Feuer erfasste schnell alle Baumaterialien, wodurch die Mevlana Moschee in kurzer Zeit und großem Ausmaß brannte. „Erst nach sieben Monaten wurde ein Gutachten durchgeführt“, erklärt Abdulkadir Aktürk, Vorstandsmitglied der Mevlana Moschee, in einem exklusiven Gespräch mit IslamiQ.
„Die ganze Arbeit und die Mühe, die die Gemeinde in den Bau der Moschee gesteckt hat, ist plötzlich in einer Nacht zum Albtraum geworden. Die jahrelang erbrachten Leistungen, alles schlagartig weg!“, beschreibt Aktürk auch nach sechs Jahren völlig entsetzt. Seit 1972 bemühe sich die Gemeinde mit kleinen Spenden ihren Traum von einer eigenen und ordentlichen Moschee in Berlin-Kreuzberg zu erfüllen. „Es war ein großer Schlag und traf uns mitten im Herzen. Der Anschlag hat uns tief verletzt“, so Aktürk weiter.
Nach den Geschehnissen habe die Gemeinde die Sicherheitsvorkehrungen eigenhändig erhöht. Nun habe man 24 Stunden durchgehend Gemeindemitglieder vor Ort, die ehrenamtlich Wache halten. Die Polizei hätte zwar ihre Kontrollen verschärft und komme öfter vorbei um sich nach der Situation zu erkundigen, jedoch sei das aus Sicht der Gemeinde als Sicherheitsmaßnahme noch unzureichend. Für Aktürk müssten vor allem Moscheen wie die Mevlana Moschee, die eine wichtige Rolle für Muslime in Berlin einnimmt, durchgehend von Sicherheitsbehörden überwacht werden. „Viele Synagogen in Deutschland werden von Sicherheitsbehörden beschützt. Warum nicht auch unsere Moschee?“, so Aktürk.
Ismail Sağlam ist seit vielen Jahren Gemeindemitglied und besucht häufig die Mevlana Moschee. Sie bedeute ihm viel. „Das ist ein wesentlicher Teil unserer Welt, unserer Lebensweise“, sagt er. Ihn habe der Anschlag hart getroffen. Doch der Alltag gehe weiter. Er sei weiterhin motiviert. Es habe sich nicht viel verändert und schon gar nicht ließe man sich einschüchtern. Sağlam packe in der Gemeinde mit an, helfe wo er kann, denn, so ein Sprichwort: „Feldfrüchte können neu gesät, Häuser neu gebaut werden.“
Doch eine Sache macht Sağlam besonders Sorgen: Die Täter wurden noch nicht gefasst. Die Ermittlungen liefen immer noch. „Die Täter sind irgendwo da draußen. Sie könnten immer wieder zuschlagen“, so Sağlam weiter. Für ihn war der Brandschlag geplant und durchdacht gewesen: „Das war nicht irgendein dummer Streich. Die Täter müssen gefasst werden.“
Auch Tahir Sözen ist aktives Gemeindemitglied. Für ihn ist die Moschee aufgrund ihrer Lage wie eine Zentralmoschee mitten in Berlin-Kreuzberg, eine Lebensader der Berliner Muslime. Sözen hat die Entwicklungen seit dem Brandanschlag mitverfolgt. In der Gemeinde konnte er Wut und Trauer beobachten. Auch nach sechs Jahren rede man noch über den Vorfall. Angst habe man keine, dennoch: „Wir sind vorsichtiger geworden und haben technische Ausstattungen und einen Mitarbeiter zum Einsatz gebracht.“ Jede Nacht sei jemand bei der Moschee.
Die Polizei habe „verhalten und distanziert reagiert.“ Sözen erwähnt dabei auch die schleppenden Solidaritätsbekundungen der Stadt und Politik, die verspätet kamen. Der ehemalige Vizekanzler Sigmar Gabriel besuchte eine Woche nach dem Brandanschlag die Berliner Mevlana Moschee. „Ein Anschlag auf Kirchen, Gotteshäuser und Moscheen ist ein Anschlag auf das Zentrum der Gesellschaft“, sagte Gabriel bei seinem Besuch von sechs Jahren und setzte damit ein Zeichen der Solidarität.
Sözen erklärt, dass die Moschee aufgrund ihrer Lage wie „eine Zentralmoschee mitten in Berlin-Kreuzberg“ sei. Die Moschee fungiere als Lebensader der Berliner Muslime. Als Folgen des Anschlags sagt Sözen nur eins: „Zusammenhalt“.