Österreich

Propheten Muhammad beleidigt- Verurteilung rechtens

Das Wiener Landgericht verurteilte eine Österreicherin, die dem Propheten Muhammad beleidigte. Die Angeklagte legte Revision ein. Doch der Europäische Menschenrechtsgerichtshof bestätigte das Urteil.

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10
2018
Symbolbild: Urteil, Politiker © Shutterstock, bearbeitet by iQ.
Symbolbild: Urteil © Shutterstock, bearbeitet by iQ.

Eine Österreicherin, die den Propheten Muhammad indirekt als „pädophil“ bezeichnet hatte, ist zurecht deswegen verurteilt worden. Das entschied am Donnerstag der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg (Beschwerdenummer 38450/12). Österreichische Gerichte hätten mit der Verurteilung nicht gegen das Recht der Frau auf freie Meinungsäußerung verstoßen.

2009 hatte die Österreicherin im Auftrag der rechten Partei FPÖ zwei Seminare zum Thema „Grundlagen des Islam“ gehalten. Darin ging sie auf die Ehe zwischen Muhammad und seiner Frau Aisha ein, die er der Überlieferung zufolge heiratete, als sie noch ein Kind war. Laut dem Straßburger Gericht sagte die Österreicherin dazu, Muhammad habe „nun mal gerne mit Kindern ein bisschen was“ und „Ein 56-Jähriger und eine Sechsjährige? […] Wie nennen wir das, wenn es nicht Pädophilie ist?“.

Ein Wiener Gericht verurteilte die Frau zu einer Geldstrafe in Höhe von 480 Euro. Die Frau legte Rechtsmittel ein, scheiterte jedoch. Sie sah dadurch ihr Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt und beschwerte sich in Straßburg.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte folgte ihrer Argumentation jedoch nicht. Die österreichischen Gerichte hätten sorgfältig die Rechte der Frau mit dem Recht anderer auf Schutz ihrer religiösen Gefühle abgewägt. Dabei seien sie zu dem Schluss gekommen, dass die Frau die Grenzen einer objektiven Debatte überschritten habe. Ihre Angriffe bedrohten demnach den religiösen Frieden in Österreich. Sowohl Österreich als auch die Beschwerdeführerin können das Urteil innerhalb von drei Monaten anfechten. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Charley sagt:
@Harousch: Sorry, aber ihr Versuch einer Ehrenrettung Mohammeds geht in mehrerlei Weise daneben: - das "Eheversprechen", "Verlöbnis" erfolgte, als Aisha 6 Jahre alt war. Als sie 9 Jahre alt war, "vollzog er die Ehe mit ihr". - Zeugungsfähig sind Mädchen, wenn sie ihren ersten Eisprung haben, also zu Beginn der Pubertät (Jugendalter), nicht "kurz vor der Adoleszenz" (Ende (!) des Jugendalters). Später in ihrem Text rechtfertigen Sie sogar das Alter 8-12! also "nix Adoleszenz". - dass Frühverheiratungen auch in anderen Kulturen früher (!) üblich waren ist richtig. Aber das ist mittlerweile als überholt und einem Menschen dieses kindlichen Alters nicht förderlich angesehen. Versprechungen sind allerdings noch nicht "der Vollzug der Ehe" nach der Hochzeitsfeier! - In Wikipedia steht ganz klar das Gegenteil Ihres Herumgeredes: Der Historiker Muhammad ibn Saʿd († 845 in Bagdad) überliefert in seinem Klassenbuch die eigene Aussage von Aischa, die gesagt haben soll: „Der Gesandte Gottes heiratete mich im Monat Schawwal im zehnten Jahr der Prophetie, drei Jahre vor der Auswanderung, als ich sechs Jahre alt war. Der Gesandte Gottes wanderte aus und kam in Medina am Montag, den 12. Rabīʿ al-awwal, an und veranstaltete mit mir die Hochzeit im Monat Schawwal, acht Monate nach seinem Auszug. Die Ehe vollzog er mit mir, als ich neun Jahre alt war.“ - Ihre Seitenhiebe gegen Missbrauch in der kath. Kirche usw. lenken nur ab, ihre pure Behauptung, dass die Mehrheit "der muslimischen Gesellschaft" (ach, gibts die also doch, auch wenn Sie schreiben" dass die gesamte islamische Welt als homogene Masse weder ... existiert ...") Kinderehen "... vehement abgelehnt und verurteilt". Einfach mal nach Afghanistan, Pakistan usw... schauen! - der entscheidende Punkt ist aber, dass Sie hiermit selbst Mohammed "rechtfertigen" allein eben als Kind seiner Zeit, als zeitbedingt. D.h. so ewig sind dann seine Lebensarten und Reden wohl doch nicht. Nur, bröckelt der erste Stein, bröckelt bald das ganz fundamentalistische, wortklaubende Haus. Weitere Zeitbedingtheit dieses "ewigen" Propheten ließen sich anführen... und am Ende ist´s aus mit den "ewig gültigen Wahrheiten des Koran".
13.11.18
23:45
Ute Fabel sagt:
@ Tarik, Charley, Harousch: Ich denke, statt all den unglaubwürdigen Verbiegungen bei der Auslegung wäre es viel redlicher zuzugeben, dass betreffend Mohammed und Jesus zahlreiche Handlungen und Aussagen überliefert sind, die in der aufgeklärten Welt des 21. Jahrhunderts als klar unethisch zu bewerten sind. Mir haben eingefleischte Leninisten auch schon wiederholt weismachen wollen, dass Lenin mit der "Diktatur des Proletariats" eigentlich die gleichberechtigte Demokratie für alle gemeint habe. Das kaufe ich denen allerdings genauso wenig ab, wie den netten islamischen Theologen den "zärtlichen Klaps auf den Po", den Mohammed mit dem Schlagen ungehorsamer Frauen in der Sure 4:34 in Wahrheit gemeint haben soll. @Tarik: So leid es mir tut, ich halte die Auslegung des Korans durch Pierre Vogel in der Tat plausibler als jene durch den liberalen und sympathischen Theologen Mouhanad Khorchide, der in Wahrheit mehr schlecht als recht versucht seine eigenen aufgeklärten ethischen Maßstäbe irgendwie in den Koran zu projetzieren. Die Renaissance und die kulturelle Blüte der Niederlande im 17. Jahrhundert war nicht wegen sondern trotz des Christentums möglich, da es in den italienischen und holländischen Städten gelang sich von religiösen Dogmen zu emanzipieren und aufgrund des aus eigenen Stücken erlangten Wohlstands die Macht der Religion zu brechen. Dasselbe gilt für die viel gepriesene Offenheit des andalusischen Kalifats im Frühmittelalter. Sie war trotz und nicht wegen des Islams möglich! Die dortigen Kalifen kümmerten sich glücklicherweise reichlich wenig um religiösen Vorgaben aus dem fernen Mekka, was sich auch darin äußert, dass recht unbekümmert homosexuellen Neigungen nachgingen. Das Tauwetter des Prager Frühlings in der Tschechoslowakei 1968 war auch nicht wegen, sondern trotz des Marxismus-Leninismus möglich. Schluss mit der Geschichtsfälschung!
14.11.18
14:25
Charley sagt:
@ Tarik 13.11.18 14:23: Besten Dank für diesen differenzierten, guten Beitrag. Es deckt sich mit meinen (ich bin nicht Muslim) Erfahrungen in der Begegnung mit Muslimen. Wer sich seine Religion zu Herzen nimmt, der wird dadurch seelisch reicher und differenzierter, wesentlicher. Das habe ich mit wirklich spirituell praktizierenden Muslimen immer wieder erlebt. Wenn sie allerdings nicht in diesen "mystischen", spirituellen Weg einstiegen, sondern den Islam als "Ideologie" nahmen, dann kommt genau dieser Dogmatismus, diese Worklauberei, diese Vereinseitelkeit, dieser Hochmut (gegenüber "Umgläubigen") heraus. Ich denke sogar, der Stress, der "Rechtfertigungsdruck", dem sich Muslime hier in der europäischen Kultur ausgesetzt fühlen, engt den mystischen, inneren Raum ein und - verspannt - eben verkrampft radikalisiert man sich. Gerade hier in Europa, wo es keine muslimische Religionsfolklore (also scheinbar oder echt aus dem Islam abgeleitete Alltags-gewohnheiten) gibt, verkrampft man sich entweder in Ideologie und "überlieferte Folklore" oder man nimmt (was seltener wohl passiert) diese Herausforderung an, die eigene innere Orientierung ("Religion") neu und individuell zu verstehen. Jede Religion hat eine mystische Seite, eine politische Seite und eine folkloristische Seite (je nach Religion vllt. auch verschieden stark ausgeprägt). Die politische Seite arbeitet - oft gar nicht spirituell motiviert - mit Dogmen und Verballhornungen und Schematismen, die folkloristische Seite mit nicht hinterfragten Traditionen.... und für den ernsthaften mystischen Weg können sich nur wenige wirklich erwärmen. Es ist allerdings wohl auch bekannt, dass die Sufis - gerade weil sie individuelle Wege entwickelten - oftmals unverstanden waren, abgelehnt wurden, als Verführer und Irrlehrer dann verfolgt wurden. Da schlägt dann die "Folklore" und auch religiös-motivierte Politik zu! Insofern ist genau zu schauen, wer gerade im Namen welcher Religion auftritt!
14.11.18
19:55
grege sagt:
was ist denn verwestlichung?
14.11.18
21:06
Actio - Reactio sagt:
Mal ganz abgesehen davon, das das Urteil schlicht nicht korrekt ist, dass Pädophilie so definiert ist (siehe Duden),dass die Signalwirkung schrecklich ist für Europa (siehe Charlie Hebdo), ist das Urteil sehr schlecht für den Gesellschaftlichen Frieden. Denkt denn echt Niemand hier daran, was das auslösen wird? Es ist völlig logisch, dass nach genügend solchen Urteilen sich Bürger anfangen zu wehren. Die werden zweifelsfrei und wie geschichtlich schkn x-fach passiert zu unlauteren Mitteln greifen. Und nein ich rece nicht von Rassismus oder öffentlicher Diskriminierung. Was auch der Verfasser dieses Artikels nähmlich nicht bedacht hat, ist dass auch wir "Ungläubigen" uns so wehren können, dass es rechtlich nicht strafbar ist. Bsp wird bei jeder Bewerbung nur noch ein nicht Muslim ausgewählt, jedesmal naturlich mit einer Begründung die rechtens ist. Oder manfängt an gezielte Kriterien zur Zusammenarbeit voraus zu setzten, welche Muslime nicht erfüllen können. Es ist sehr leicht sich solche aus zu denken und diese auch noch rechtlich legitim zu begründen. Und dann fängt dann wieder das grosse Gejammer an, von wegen Muslime werden diskriminiert in der Zivilgesellschaft. Viele Wege führen nach Rom. Letztendlich schaffen sich sämtliche Anhänger dieser Religion einen sicheren Weg ins Wirtschaftliche, Gesellschaftliche, und Zivile Verderben. Falls die geneigte Muselmanische leserschaft das nun anzweifelt, ist mir das egal. Ich spüre und sehe es überall. Und dieser Artikel rekrutiert nur noch mehr Unterstüzer dafür. Viel Spass und kommt mir jah nicht mit Mittleidserweckendem BlaBla! Ihr habt diese Entwicklung sowas von Verdient. Ich lehne mich zurück und geniesse. HeHeHe
15.11.18
12:29
Werner sagt:
Tja Esel und Kinderficker sind offenbar in den höchsten Ebenen vertreten! Bei den Grünen und den Musels war das ja schon lange klar, und seit dem Detreaux(?) Skandal war auch klar, das viele Richter, Staatsanwälte Politiker sowieso ebensolche Schweine sind! Leider verwechseln viele immer noch die Person mit dem Mensch. "Vereine regieren die Welt" auf der Tube...
16.11.18
13:20
Tarik sagt:
@ Ute Fabel 1. Zu ihrer Aussage, wonach sie „radikale“ Auslegungen für plausibler halten. Schon an anderer Stelle zeigte ich anhand von mehr als einem Dutzend Beispielen die Gemeinsamkeiten zwischen Islamfeinden und sogenannten „Salafisten“. Dazu gehört eine Menge fehlendem Wissen selbst über die einfachsten islamischen Kriterien, die für so etwas wie „Koranauslegung“ dazugehören. Dazu gehört eine gehörige Portion Oberflächlichkeit in der Herangehensweise sowie die Neigung, die eigene Interpretation als maßgeblich zu betrachten. Letzteres ist übrigens in der Koranauslegung eine "Todsünde". Denn für den klassischen Kommentator ("Mufassir") gibt es nicht DIE Interpretation – Ein Mufassir muss aber sehr wohl alle klassischen Auslegungen kennen. Neben zig anderen Dingen! Nehmen Sie at-Tabari, einen der bekanntesten frühen Korankommentatoren. Wenn er bsp. beschreibt was Vers x oder y bedeutet, so führt er üblicherweise 4 oder 5 verschiedene Interpretationen. Wo er seine eigene Auslegung / Meinung hinzufügt, so schreibt er „aber möglich ist auch eine 6 Bedeutung, nämlich“. D.h. er hat nicht behauptet, dass seine Auslegung die einzig gültige sei. Ich weiß, westliche Geister sind dank der Triumph von Logik, Technik und Eindeutigkeit über allem anderen, mit so etwas wie Mehrdeutigkeiten oder der Existenz unterschiedlicher Wahrheiten, welche einfach verschiedene Aspekte des Wahren darstellen, überfordert. Aber in der traditionellen islamischen Denkweise gab es nur selten ein „entweder oder“, sondern zumeist ein „sowohl als auch“. Das spiegelt sich wieder in den verschiedenen äußerlichen Arten des Gebets (manche falten die Hände beim Stehen im Gebet, die Anderen nicht), es äußerst sich in den 14 verschiedenen Lesarten des Korans. Ein klassischer Hafiz – also jemand, der den Koran auswendig lernen wollte, musste einst alle Lesarten kennen. In diesen Lesarten, die schon von Anbeginn des Islams herrschten und nach islamischem Verständnis Gott gewollt sind, sind verschiedene Interpretationen bereits angelegt. Und das, bevor die eigentliche Interpretation überhaupt beginnt. Ein Beispiel für eine völlig verschiedene Interpretation anhand der Lesart: Sure 3, Vers 7, wo der Koran selbst darüber spricht, dass er Verse enthält, die entweder wortwörtlich oder aber allegorisch, also symbolisch zu verstehen sind. Wörtlich: Einige seiner Verse sind eindeutig – sie sind die Mutter des Buches [d.h. die Essenz] –, andere sind mehrdeutig ... Doch nur Gott kennt dessen Deutung. Und diejenigen, die im Wissen fest gegründet sind, sagen: „wir glauben daran. Alles kommt von unsrem Herrn. Nach einer Lesart kommt hinter dem Wort "Deutung" ein Punkt. Nach einer anderen hingegen wird das alles in einem Guss gelesen und wir haben eine andere Bedeutung, nämlich dass die Wahrheit nur Gott UND diejenigen, die im Wissen fest gegründet sind, kennen. Dies ist übrigens ein sehr altes innerislamisches Spannungsverhältnis genauso wie das zwischen Verstand und Herz. Islamkritiker fragen gerne, wieso überhaupt a) Gott auf arabisch etwas offenbart und wieso er b) seit 1.400 Jahren schweigt. Für den gläubigen Muslim mit Basiswissen über seine Religion ist die Antwort klar: Die arabische Sprache eignet sich hervorragend, um eine universale Botschaft mehrdeutig zu offenbaren. Deshalb konnte der mystische Sufi Ibn Arabi sich dort genauso erfüllt fühlen wie der große Rationalist Ibn Ruschd. 2. Die kulturellen Blüten, die sie ansprachen, haben keine besonderen Beziehungen zur Religion, und zwar weder positiv noch negativ. Sie fanden weder „wegen“ noch „trotz“ ihnen statt. Sie fanden statt wegen wirtschaftlichem Überschuss. Das war und ist stets die Voraussetzung gewesen, damit sich so etwas wie Kunst oder Kultur ergibt. Logisch. Wer sein ganzes Leben lang schuftet für einen Hungerlohn und eine Familie zu ernähren hat, dem steht nicht der Sinn danach. Das zunächst mal allgemein dahingeschrieben. Doch gehen wir mal ins Detail: Sie haben in der islamischen Geschichte nirgendwo solch ein Dogma wie in Form einer Kirche gehabt, von dem sich irgendjemand hätte befreien müssen. Wenn sie sich anschauen, welche Reformen Protestanten forderten, so sind das im Grunde Dinge gewesen, die im Islam schon Schnee von vorgestern gewesen waren. Sowohl in der Ablehnung von irgendwelchen kirchlichen Hierarchien, welche die Macht über Riten und Liturgien inne haben – also die Abschaffung einer Klasse von Geistlichen, weil es keinen Mittler dieser Art braucht. Deshalb gab es in der islamischen Welt auch nie eine vergleichbare Schere zwischen wenigen Reichen und vielen Armen. Im Islam war der Handel nicht wie im Katholizismus etwas verpöhntes – nein, der ehrbare Kaufmann war ein Vorbild. Die kulturelle Blüte begann in Italien durch die Entwicklung des Bankenwesens. In Mittel- und Nordeuropa dann entwickelten die Protestanten eine wirtschaftsliberale Theologie, die für Händler attraktiv wurde. Gerade im Angelsächsischen Raum äußerst beliebt und nachzulesen bei den Vätern des Liberalismus, die allesamt strenggläubige Protestanten oder Lutheraner oder Calvinisten waren. Kurz gesagt, „it‘s the economy, stupid“ Was Homosexualität angeht. Über solche Dinge hat sie nie jemand aufgeregt in der islamischen Welt. In der traditionellen islamischen Ethik gab es da nämlich u.a. diese Grundprinzipien a) kümmere dich um deinen eigenen Kram (es ist islamisch verboten, Leuten nachzuspionieren) und b) gehe immer vom besten bei Deinem Gegenüber aus, statt schlecht zu mutmaßen. Für westliche Geister ist neben der islamischen genuien Mehrdeutigkeit auch im Bereich der Erotik vieles schwer zu verstehen. Islamische Gelehrte, die gleichzeitig Lobeshymnen über Knabenliebe und Wein schrieben und gleichzeitig Rechtsgutachten verfassten. Das ist für unser modernes Schubladendenken und Einkategorisieren von Menschen schwer vermittelbar. Wir wollen lieber sofort bei Person xyz auf Wikipedia nachschlagen, oder wir lesen Sekundärliteratur (möglichst kurze natürlich, denn wer hat schon die Zeit für ausgiebiges Quellenstudium, hm?, am besten von jemandem, der unsere vorgefertigte Meinung bestätigt. Kurz gesagt, es fehlt an der Fähigkeit zu differenzieren. Von Empathie und der Fähigkeit, seine eigene festgelegte Weltanschauung mal für einen Moment zu verlassen und alles mal aus der Vogelperspektive oder noch besser – aus der Perspektive des „Anderen“ zu betrachten, mal ganz zu schweigen. Sie fordern zurecht, „Schluss mit der Geschichtsfälschung“. Dank zahlreicher sehr guter Arbeiten in den Bereichen Islam- und Geschichtswissenschaft in jüngeren Jahren, wird diese Forderung mit Argumenten und Belegen Gott sei Dank – zumindest auf akademischem Niveau erfüllt. Geschichtsfälschung, die mit abendländischen Erfinderung der modernen Geschichtsforschung einst begann. So Leuten wie Edward Gibbon, der vor über 200 Jahren von Wüstenarabern schrieb, die den Islam „mit dem Säbel in der einen, den Koran in der anderen Hand“ vertreiteten. Von antisemitischen Hetzern wie Ernest Renan mal ganz abgesehen. Dieses über lange Zeit injizierte Gift und Kulturivierung eines Feindbildes hat eine ganze Menge Unheil angerichtet und die Aufräumarbeiten haben – hin historischen Ausmaßen gesprochen - gerade erst angefangen.
18.11.18
21:07
Tarik sagt:
@ Ute Fabel 1. Zu ihrer Aussage, wonach sie „radikale“ Auslegungen für plausibler halten. Schon an anderer Stelle zeigte ich anhand von mehr als einem Dutzend Beispielen die Gemeinsamkeiten zwischen Islamfeinden und sogenannten „Salafisten“. Dazu gehört eine Menge fehlendem Wissen selbst über die einfachsten islamischen Kriterien, die für so etwas wie „Koranauslegung“ dazugehören. Dazu gehört eine gehörige Portion Oberflächlichkeit in der Herangehensweise sowie die Neigung, die eigene Interpretation als maßgeblich zu betrachten. Letzteres ist übrigens in der Koranauslegung eine "Todsünde". Denn für den klassischen Kommentator ("Mufassir") gibt es nicht DIE Interpretation – Ein Mufassir muss aber sehr wohl alle klassischen Auslegungen kennen. Neben zig anderen Dingen! Nehmen Sie at-Tabari, einen der bekanntesten frühen Korankommentatoren. Wenn er bsp. beschreibt was Vers x oder y bedeutet, so führt er üblicherweise 4 oder 5 verschiedene Interpretationen. Wo er seine eigene Auslegung / Meinung hinzufügt, so schreibt er „aber möglich ist auch eine 6 Bedeutung, nämlich“. D.h. er hat nicht behauptet, dass seine Auslegung die einzig gültige sei. Ich weiß, westliche Geister sind dank der Triumph von Logik, Technik und Eindeutigkeit über allem anderen, mit so etwas wie Mehrdeutigkeiten oder der Existenz unterschiedlicher Wahrheiten, welche einfach verschiedene Aspekte des Wahren darstellen, überfordert. Aber in der traditionellen islamischen Denkweise gab es nur selten ein „entweder oder“, sondern zumeist ein „sowohl als auch“. Das spiegelt sich wieder in den verschiedenen äußerlichen Arten des Gebets (manche falten die Hände beim Stehen im Gebet, die Anderen nicht), es äußerst sich in den 14 verschiedenen Lesarten des Korans. Ein klassischer Hafiz – also jemand, der den Koran auswendig lernen wollte, musste einst alle Lesarten kennen. In diesen Lesarten, die schon von Anbeginn des Islams herrschten und nach islamischem Verständnis Gott gewollt sind, sind verschiedene Interpretationen bereits angelegt. Und das, bevor die eigentliche Interpretation überhaupt beginnt. Ein Beispiel für eine völlig verschiedene Interpretation anhand der Lesart: Sure 3, Vers 7, wo der Koran selbst darüber spricht, dass er Verse enthält, die entweder wortwörtlich oder aber allegorisch, also symbolisch zu verstehen sind. Zitat: "Einige seiner Verse sind eindeutig – sie sind die Mutter des Buches [d.h. die Essenz] –, andere sind mehrdeutig ... Doch nur Gott kennt dessen Deutung. Und diejenigen, die im Wissen fest gegründet sind, sagen: „wir glauben daran. Alles kommt von unsrem Herrn." Nach einer Lesart kommt hinter dem Wort "Deutung" ein Punkt. Nach einer anderen hingegen wird das alles in einem Guss gelesen und wir haben eine andere Bedeutung, nämlich dass die Wahrheit nur Gott UND diejenigen, die im Wissen fest gegründet sind, kennen. Dies ist übrigens ein sehr altes innerislamisches Spannungsverhältnis genauso wie das zwischen Verstand und Herz. Islamkritiker fragen gerne, wieso überhaupt a) Gott auf arabisch etwas offenbart und wieso er b) seit 1.400 Jahren schweigt. Für den gläubigen Muslim mit Basiswissen über seine Religion ist die Antwort klar: Die arabische Sprache eignet sich hervorragend, um eine universale Botschaft mehrdeutig zu offenbaren. Deshalb konnte der mystische Sufi Ibn Arabi sich dort genauso erfüllt fühlen wie der große Rationalist Ibn Ruschd. Und der Koran ist derhalt mehrdeutig und reichhaltig, das reicht bis zum jüngsten Tage. 2. Die kulturellen Blüten, die sie ansprachen, haben keine besonderen Beziehungen zur Religion, und zwar weder positiv noch negativ. Sie fanden weder „wegen“ noch „trotz“ ihnen statt. Sie fanden statt wegen wirtschaftlichem Überschuss. Das war und ist stets die Voraussetzung gewesen, damit sich so etwas wie Kunst oder Kultur ergibt. Logisch. Wer sein ganzes Leben lang schuftet für einen Hungerlohn und eine Familie zu ernähren hat, dem steht nicht der Sinn danach. Das sei zunächst mal allgemein dahingeschrieben. Doch gehen wir mal ins Detail: Sie haben in der islamischen Geschichte nirgendwo solch ein Dogma wie in Form einer Kirche gehabt, von dem sich irgendjemand hätte befreien müssen. Wenn sie sich anschauen, welche Reformen Protestanten forderten, so sind das im Grunde Dinge gewesen, die im Islam schon Schnee von vorgestern gewesen waren. Sowohl in der Ablehnung von irgendwelchen kirchlichen Hierarchien, welche die Macht über Riten und Liturgien inne haben – also die Abschaffung einer Klasse von Geistlichen, weil es keinen Mittler dieser Art braucht. Deshalb gab es in der islamischen Welt auch nie eine vergleichbare Schere zwischen wenigen Reichen und vielen Armen. Im Islam war der Handel nicht wie im Katholizismus etwas verpöhntes – nein, der ehrbare Kaufmann war ein Vorbild. Die kulturelle Blüte begann in Italien durch die Entwicklung des Bankenwesens. In Mittel- und Nordeuropa dann entwickelten die Protestanten eine wirtschaftsliberale Theologie, die für Händler attraktiv wurde. Gerade im Angelsächsischen Raum äußerst beliebt und nachzulesen bei den Vätern des Liberalismus, die allesamt strenggläubige Protestanten oder Lutheraner oder Calvinisten waren. Kurz gesagt, „it‘s the economy, stupid“ Was Homosexualität angeht. Über solche Dinge hat sie kaum jemand aufgeregt in der islamischen Welt. In der traditionellen islamischen Ethik gab es da nämlich u.a. diese Grundprinzipien a) kümmere dich um deinen eigenen Kram (es ist islamisch verboten, Leuten nachzuspionieren) und b) gehe immer vom besten bei Deinem Gegenüber aus, statt schlecht zu mutmaßen. Für westliche Geister ist neben der islamischen genuien Mehrdeutigkeit auch im Bereich der Erotik vieles schwer zu verstehen. Islamische Gelehrte, die gleichzeitig Lobeshymnen über Knabenliebe und Wein schrieben und gleichzeitig Rechtsgutachten verfassten. Das ist für unser modernes Schubladendenken und Einkategorisieren von Menschen schwer vermittelbar. Wir wollen lieber sofort bei Person xyz auf Wikipedia nachschlagen, oder wir lesen Sekundärliteratur (möglichst kurze natürlich, denn wer hat schon die Zeit für ausgiebiges Quellenstudium, hm?, am besten von jemandem, der unsere vorgefertigte Meinung bestätigt. Kurz gesagt, es fehlt an der Fähigkeit zu differenzieren. Von Empathie und der Fähigkeit, seine eigene festgelegte Weltanschauung mal für einen Moment zu verlassen und alles mal aus der Vogelperspektive oder noch besser – aus der Perspektive des „Anderen“ zu betrachten, mal ganz zu schweigen. Sie fordern zurecht, „Schluss mit der Geschichtsfälschung“. Dank zahlreicher sehr guter Arbeiten in den Bereichen Islam- und Geschichtswissenschaft in jüngeren Jahren, wird diese Forderung mit Argumenten und Belegen Gott sei Dank – zumindest auf akademischem Niveau erfüllt. Geschichtsfälschung, die mit abendländischen Erfinderung der modernen Geschichtsforschung einst begann. So Leuten wie Edward Gibbon, der vor über 200 Jahren von Wüstenarabern schrieb, die den Islam „mit dem Säbel in der einen, den Koran in der anderen Hand“ vertreiteten. Von antisemitischen Hetzern wie Ernest Renan mal ganz abgesehen. Dieses über lange Zeit injizierte Gift und Kulturivierung eines Feindbildes hat eine ganze Menge Unheil angerichtet und die Aufräumarbeiten haben – hin historischen Ausmaßen gesprochen - gerade erst angefangen.
18.11.18
21:25
Tarik sagt:
@ Charley Wo immer Religion nur dazu dient, eine Art Identität zu stiften, fördert sie nur das "Schwarz-Weiß" denken. Das gilt übrigens nicht nur für Religion sondern auch für Dinge wie sagen wie Vaterlandsliebe, welche in Nationalismus mündet. In solchen ideologisierten Weltanschauungen definiert man sich vor allem über das Feindbild. Der europäische Antisemitismus bsp. speiste sich aus der Abgrenzung gegenüber des "fremden Semiten". Überhaupt hat sich Europa selbst vor allem als Abgrenzung gegenüber Anderen erst gebildet. Das erklärt auch seine Intoleranz und das äußerst rücksichtslose Vorgehen gegenüber jeglichen anderen Volksgruppen, sobald man irgendeine Insel oder Kontinent für sich beansprucht hat, einfach, weil man eine Fahne am Strand hisste und irgendwas a la "Im Namen von König/Königin X" aussprach. Positiv sicherlich ist zu vermerken, dass sich vor nicht allzu Langer Zeit der australische Premierminister gegenüber den Aborigines entschuldigt hat. Vielleicht wären auch die Ureinwohner Tasmaniens in den Genuss solch einer Geste gekommen, wären sie nicht zuvor ausgerottet worden. Interessant in diesem Aspekt ist es, dass es im traditionellen Arabischen den Begriff des "Fremden" so nicht gibt. "Fremdsein" ist im Arabischen eher ein Zustand, nämlich bei fehlenden sozialen Bindungen. Ibn Battuta z.B. schrieb in seinem Reisebericht darüber, wie fremd er sich fühlte, als er Marokko verließ und in Tunis ankam udn sich im Hafen umschaute - denn er kannte keinen. Doch jemand erbarmte sich seiner und sprach ihn an, lud ihn bei sich ein. Und damit war dieses "Fremdsein" auch vorüber. Es war also nicht nötig, dass er irgendwelche Integrationskurse besucht, oder sich an die dortige lokale Kleidungstradition (die ein wenig differiert) anpasst - Fremdheit kann - so nach arabisch-islamischer Auffassung, stehts überwunden werden. Erinnern wir uns an die Nürnberger Rassengesetze, wo man Probleme bekam, wenn irgendjemand in der Ahnenreihe jüdische Wurzeln hatte. Da konnte er noch so sehr "integriert" sein oder sich "deutsch fühlen". Semit bleibt Semit. Und mir scheint, dass man hierzulande sich nicht vollständig von diesem Blut-und-Boden-Denken verabschiedet hat. Was die von Ihnen angesprochene "folkloristische" Seite angeht und ihre angesprochenen Erfahrungen mit Muslimen. Überall dort, wo sich die jeweiligen Gesellschaften ihre eigene islamische Lebensart bewahren konnten, hat es der radikale Salafismus schwer, sich durchzusetzen. Marokko, Senegal, Bosnien, mit Abstrichen auch Malaysia/Indonesien (auch wenn dort auch dank Saudischer Gelder die Radikalen auf dem Vormarsch sind) sind einige solcher Beispiele. Zulauf haben die Radikalen vor allem in sogenannten "failed States" gehabt. Am Besten Ländern, die von Bürgerkriegen, Putschts oder sonstigen Unruhen heimgesucht wurden. Pakistan, Nigeria, Tschetschenien. Dorthin und anderswo verbreiteten die Saudis massenhaft Bücher mit ihren Lehren. Und das kostenlos. Auf sämtlichen dieser Bücher gibt es das saudische Emblem mit dem Verweis "Gesponsert vom Königreich Saudi Arabien". Schwere Konkurrenz für die einheimischen traditionellen Gelehrten. Besser noch für die Saudis als Zielland, wenn die Bevölkerung dank staatlicher Politik vom Islam schon entfremdet ist, und das islamische Basiswissen fehlt. Tunesien ist so ein Land, das stets als "progressiv" galt, und sehr viele dort recht areligiös lebten. Bezeichnenderweise stellen die Tunesier prozentual gesehen den größten Anteil an ausländischen Kämpfern des IS. Anders ausgedrückt: Die Saudis hatten leichtes Spiel in einem Land, das a) von Unruhen/Putsch befallen ist, und in dem eine große Zahl arbeitsloser Männer lebt, die vielleicht einen muslimischen Namen haben, aber das wars auch schon. Manche muslimischen Staaten haben auch Konsequenzen daraus gezogen aus dem saudischen Einfluss. Das Sultanat Brunei z.B. hat es verboten, dass man Werke des mittelalterlichen Gelehrten Ibn Taimiyya - der eine strikte, radikale Minderheitenmeinung der damaligen Zeit vertitt, aber unter Salafisten so etwas wie der "Top-Gelehrte" gilt - nicht ins Land einführen darf. Es wird ihnen, sollte man es am Flughafen entdecken, abgenommen....
18.11.18
21:49
Tarik sagt:
@ "Islamische Mystik" Man sollte nicht vergessen, dass der Sufismus eine jahrtausendealte Tradition im Islam hat. Er stellt entgegen der landläufigen Meinung keine exotische Randgruppe innerhalb der muslimischen Welt dar, sondern ist tief verwurzelt auf sehr vielen unterschiedlichen Ebenen. Die Ablehnung gegenüber Sufis bis hin zu Anschlägen auf Grabmäler von Sufimeister ist ein modernes Phänomen. Der Sufismus betont einen bestimmten Aspekt des Islams, nämlich die Reinheit des Herzens. Hierzulande denkt man meist an sich wild im Kreis tanzende Derwische und setzt dies mit Sufismus gleich. Überall in der islamischen Welt gibt es unterschiedliche Sufi-Orden mit ganz eigenen Formen des "zikr", des "Gedenken an Gott". Was zutrifft ist, dass der Sufismus keine wirkliche Disziplin ist in den alteingesessenen islamischen Hochschulen, wo man sich mehr mit philosophischer Theologie befasst. Dies ist übrigens auch ein sehr elementares progressives Spannungsverhältnis im Islam stets gewesen. Die auf Logik basierende Theologie auf der einen, und dem Sufismus auf der anderen Seite, der lehrt, dass man bsp. nicht betet, weil es Gott befohlen hat, sondern weil man Gott liebt. Für den islamischen Gelehrten ist Gott ein Wesen, das sich ganz und gar von allem anderen abhebt und mit nichts zu vergleichen ist. Für den Sufi ist Gott etwas, das sich in seiner Schöpfung manifestiert. Es gab immer wieder in der Geschichte des Islams kluge Köpfe, die eine Synthese zwischen diesen unterschiedlichen Ansätzen suchten. Ghazali ist hierbei nur das bekannteste von vielen Beispielen.
18.11.18
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