Zentralrat der Juden

Zentralrats-Präsident Josef Schuster widerspricht Seehofer

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, widerspricht der Islam-Aussage des Innenministers Seehofer. Der Islam gehöre selbstverständlich zu Deutschland.

15
07
2018
Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden. © facebook, Pietro Chiussi
Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden. © facebook, Pietro Chiussi

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat der Islam-Aussage von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) widersprochen. „Im Jahr 2018 gehört der Islam zu Deutschland“, sagte Schuster dem „Tagesspiegel am Sonntag“. In der Bundesrepublik hätten schließlich auch 4,4 Millionen Menschen muslimischen Glaubens ihre Heimat. Historisch gesehen gehöre der Islam im Gegensatz zum Christentum und den jüdischen Gemeinden nicht zu Deutschland. „Aber wir leben nicht in der Vergangenheit“, so der Würzburger. Experten wiederum widersprechen auch dieser Aussage. Der Islam sei auch historisch gesehen ein Teil Deutschlands. 

Hat die AfD das Land geändert?

Zugleich sieht Schuster durch den Einzug der AfD im Bundestag Veränderungen im Land. „Es ist wieder salonfähig geworden, gegen Minderheiten zu polemisieren.“ Beunruhigend sei auch, dass prominente AfD-Vertreter versuchten, historische Zusammenhänge in ein anderes Licht zu setzen und insbesondere die Zeit des Nationalsozialismus kleinzureden. Problematische Äußerungen von AfD-Politikern würden zwar nachher oft relativiert. „Mit dieser Methode werden zunehmend rote Linien verschoben.“

Antimuslimisch und antisemitisch 

Zwar hetze die AfD im Moment vor allem gegen Muslime, sagte Schuster weiter. „Es gibt aber immer wieder auch Äußerungen von AfD-Politikern, vor allem im Internet, die antisemitisch sind.“ Daher halte er es auch für vorstellbar, dass die AfD gegen Juden hetzen würde, wenn es opportun wäre. „Wäre die jüdische Gemeinschaft tatsächlich auf die AfD angewiesen, dann wäre es höchste Zeit, Deutschland zu verlassen“, so der Zentralrats-Präsident. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Manuel sagt:
Der Islam Erdogans, Saudi-Arabiens und des Irans gehört sicher nicht zu Deutschland! Der Islam Seyran Ateş gehört zu Deutschland!
15.07.18
16:37
Ute Fabel sagt:
„Der Islam gehöre selbstverständlich zu Deutschland“ Diese hohle Floskel ist ungefähr so nichtssagend, wie wenn man festhält, dass die Linkspartei, die AfD, der Kemalismus, die Basth-Partei oder die Scientology-Kirche zu Deutschland gehöre. Alle politischen und religiösen Strömungen, die Anhänger haben und nicht verboten sind, gehören irgendwie zu Deutschland. Welche davon eine Bereicherung darstellen und welche weshalb weniger, wäre die interessantere Frage, mit der man sich unverblümt auseinandersetzen sollte.
15.07.18
21:18
Dilaver Çelik sagt:
Abgesehen von der Nahost-Problematik, bei dem die Meinungen zwischen Juden und Muslimen weit auseinander gehen, können Juden und Muslime in Deutschland bestens miteinander auskommen. Sogar besser als mit anderen Glaubensgemeinschaften. Denn Islam und Judentum sind sich in vielen Punkten sehr ähnlich. Sogar ähnlicher als mit dem Christentum. Die Wurzeln aller drei Religionen gehen auf Abraham zurück, welcher in grauer Vorzeit ebenfalls im Nahen Osten gelebt und in einer polytheistischen Umgebung den Glauben an den wahren Gott verkündet hat - sehr zum Ärger von Königen, welche in jener Zeit illegal für sich beanspruchten, Götter zu sein, obwohl sie keine Götter waren, sondern nur Menschen wie ihre Untertanen auch. In der heutigen Gesellschaft hat die Abgötterei lediglich eine ganz andere Gestalt angenommen: Ego, Kapitalismus, Hedonismus, illegale Sekten, allgemeine Gottlosigkeit etc. haben den Platz von Idolen aus Holz und Stein sowie "Gottkönigen" eingenommen. Juden, Muslime sowie Christen können sich im Dialog darüber austauschen und nach gemeinsamen Lösungen suchen und diese auch finden. Das ist im 21. Jahrhundert wichtiger denn je. Denn ein großer Denker aus dem letzten Jahrhundert sagte einmal: Das 21. Jahrhundert wird entweder gar nicht sein, oder ein Jahrhundert der Religionen sein.
16.07.18
0:04
Ute Fabel sagt:
@ Dilaver Celik: Abraham ist wie Herkules, Wilhelm Tell und Robin Hood eine rein mythologische Figur. Er hat nie gelebt. Sehr wohl gelebt hat hingegen der ägyptische Pharao Echnaton. Eine Büste seiner Frau Nofretete kann man im Neuen Museum auf der Museumsinsel in Berlin bewundern. Er war es, der den Monotheismus schon vor mehr als 2.300 Jahren begründet hat. Er schien ihm zur Untermauerung seiner absoluten Herrschaftsansprüche besonders opportun. Den christlichen und islamischen Monotheismus hielten später Kaiser und Sultane Jahrhunderte lang für besonders zweckdienlich zur Legitimation ihrer Machtansprüche. Ich bin strikt gegen blinden Egoismus, Turbo-Kapitalismus und rücksichtslosen Hedonismus. Allerdings bin ich fest davon überzeugt, dass jeder Mensch gut ohne Gott sein kann und soll. Um ethisch zu handeln ist der kategorische Imperativ von Kant eine weit bessere Grundlage als Bibel und Koran.
16.07.18
18:01
Johannes Disch sagt:
Erfreulich, das Statement von Josef Schuster. Und man muss sich n diesem Fall nicht um Formulierungen streiten, wie "Der Islam gehört zu Deutschland." Religionsfreiheit ist in Deutschland ein verbrieftes Grundrecht, welches auch Muslime ganz selbstverständlich wahrnehmen dürfen. Und deren Religion heißt nun mal Islam.
17.07.18
14:04
Johannes Disch sagt:
@Dilaver Celik (16.07.18, 0:04) Hervorragende Ausführungen, denen ich zustimme. Es wäre angenehm, würde mal wieder häufiger das Gemeinsame der 3 großen monotheistischen Weltreligionen betont, statt immer nur das Trennende.
18.07.18
13:17
Ute Fabel sagt:
@ Dilaver Celik "Denn Islam und Judentum sind sich in vielen Punkten sehr ähnlich." Dem stimme ich voll zu. Durch die Heiligen Schriften beider Religionen zieht es sich wie ein roter Faden, dass es zwei Klassen von Menschen gebe, nämlich es die von Gott Auserwählten und die anderen Verdammungswürdigen. Gerade durch diesen Geist wird der Nahost-Konflikt auch heute genährt. Nach dem Buch Josua wurde das von Jebusitern bewohnte Jericho bei der Landnahme Kanaans als erste Stadt westlich des Jordan von den Israeliten erobert und zerstört. Laut alttestamentarischer Beschreibung wird dieser Eroberungskrieg als etwas sehr Positives im Sinne Gottes beschrieben. Mit solchen unhistorischen Mythen, denen ein plattes Gut-Böse-Schema zugrunde liegt, rechtfertigen auch heute isrealische Siedler ihre Aktivitäten. Weniger Religion wäre die beste Medizin gegen den Nahost-Konflikt.
19.07.18
9:46