Zentralrat der Juden

Schuster zum neuen Präsidenten gewählt

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat einen neuen Vorsitzenden. Josef Schuster, bisheriger stellvertretender Vorsitzender, ist zum Nachfolger von Dieter Graumann gewählt worden.

30
11
2014
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Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat eine neue Führung. Josef Schuster wurde am Sonntag (30.11.2014) in Frankfurt am Main zum neuen Vorsitzenden gewählt. Schuster, 1954 in Israel geboren, leitet seit 1998 die Israelitische Kultusgemeinde in Würzburg und Unterfranken und war seit 2010 Vizepräsident im Zentralrat der Juden. Er war alleiniger Kandidat für die Position des Präsidenten.

„Die jüdische Gemeinschaft ist ein Teil dieser Gesellschaft. Wir möchten auch in Zukunft das Leben in Deutschland mitgestalten“, sagte Schuster nach seiner Wahl. Der Zentralrat sei der Dachverband der 108 jüdischen Gemeinden in der Bundesrepublik. „Wir wollen aber nicht ein Dach sein, das irgendwo über den Gemeinden schwebt. Sondern ein gutes Dach muss mit dem Rest des Hauses fest verbunden sein. Die Gemeinden bilden unser Fundament“, ergänzte Schuster.

Homolka: Muslimen öffentlich die Hand reichen

Der Leiter des Abraham-Geiger-Kollegs, Rabbiner Walter Homolka, hatte vor der Wahl erklärt, er hoffe, dass der künftige Vorsitzende „auf orthodoxe und liberale Kräfte integrierend“ wirken werde. Er gehe davon aus, dass der Zentralrat nach der Wahl am Sonntag sichtbarer und vielfältiger agieren werde, sagte er gegenüber dem Deutschlandfunk. Schuster habe „große Fähigkeiten“ und bringe „allen Formen des Judentums großen Respekt“ entgegen, so Homolka.

Mit Blick auf die Beziehungen zur muslimischen Gemeinschaft sprach sich Homolka dafür aus, die ständigen Arbeitskontakte auszuweiten und den Muslimen öffentlich die Hand zu reichen. Die Beziehungen zwischen muslimischen Religionsgemeinschaften und dem Zentralrat der Juden waren zuletzt kühler geworden.

Neue Personen im Vorstand

Am Sonntag war in Frankfurt am Main die Ratsversammlung des Zentralrats der Juden zusammengetreten. Die Delegierten wählten aus ihrer Mitte für die Dauer von vier Jahren drei Mitglieder in das Präsidium des Zentralrats. Das Direktorium wählte anschließend die weiteren sechs Mitglieder des Präsidiums. Danach fand im Präsidium die Wahl des Präsidenten und der beiden Vizepräsidenten statt.

Neue Vizepräsidenten sind Mark Dainow aus Offenbach und Abraham Lehrer aus Köln. Der bisherige Präsident Dieter Graumann und der bisherige Vizepräsident Salomon Korn hatten nicht mehr für den Vorstand kandidiert. Neue Mitglieder im Präsidium des Zentralrats der Juden sind Vera Szackamer aus München und Milena Winter aus Berlin.

Hintergrund: Jüdisches Leben in Deutschland

Jüdisches Leben auf dem Gebiet der Bundesrepublik gibt es seit mehr als 1.700 Jahren. Vor der nationalsozialistischen Machtergreifung lebten 1933 auf dem Gebiet des Deutschen Reiches rund 570.000 Juden. In der Folge des Holocaust wurden 180.000 von ihnen ermordet, sehr viele flohen. 1950 gab es nur noch etwa 15.000 Juden in Deutschland. Eine Zukunft jüdischen Lebens im Land der Täter schien unwahrscheinlich und war innerjüdisch umstritten.

Derzeit (Stand Ende 2013) beziffert der Zentralrat der Juden die Zahl der Mitglieder in den 108 zum Zentralrat gehörenden jüdischen Gemeinden auf 101.300. Der größte Teil davon kam in den vergangenen Jahren aus Staaten der ehemaligen Sowjetunion.

Spitzenorganisation: Zentralrat der Juden

Spitzenorganisation sowie politischer Sprecher ist der 1950 gegründete Zentralrat der Juden in Deutschland. Er gibt die Wochenzeitung „Jüdische Allgemeine“ heraus, trägt die Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg und unterstützt die „Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland“.

Die größten Gemeinden sind in Berlin, München, Frankfurt am Main und Düsseldorf. Die meisten jüdischen Gemeinden nennen sich „Einheitsgemeinden“, die verschiedene Strömungen unter einem Dach vereinen wollen, aber eher orthodox geprägt sind. Inzwischen gründete sich in manchen Städten zusätzlich eine liberal ausgerichtete Gemeinde. (KNA/iQ)