Beim diesjährigen Weltwirtschaftsforum wird von internationalen Vertretern der Religionsgemeinschaften das Thema Religion und Konflikte diskutiert. Dabei kamen auch führende Politiker aus der ganzen Welt zusammen.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Islam-Diskussion in Folge der Pariser Anschläge behandelt das seit Dienstagabend tagende Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum) in Davos (Schweiz) auch das dort sonst nur selten gestreifte Thema der Religionen.
Die Bundespräsidentin der Schweiz Simonetta Somaruga verwies bereits in ihrer Eröffnungsrede zum Weltwirtschaftsforum auf die erschütternden Anschläge auf das Pariser Satire-Magazin „Charlie Hebdo“, und die existenziellen Fragen nach Werten und Würde, die dadurch ausgelöst wurden. Diesen Fragen müsse man sich auch in diesem Forum stellen, so Somaruga.
Im Rahmen des parallelen Open Forum Davos fand daher gestern eine Diskussionsveranstaltung zum Thema „Religion – Ein Vorwand für Konflikte?“ statt. Moderiert wurde die Diskussionsrunde vom Chefredakteur der britischen arabischsprachigen Zeitung „Asharq Al-Awat“, Mina Al-Oraibi. Und am Podium referierten unter anderen der frühere britische Premierminister Tony Blair, der anglikanische Erzbischof von Kapstadt, Thabo Makgoba, der israelische Rabbiner und Dialogverantwortliche des American Jewish Committee (AJC), David Rosen, und der Präsident des kalifornischen muslimischen Zaytuna College, Hamza Yusuf Hanson.
Die Podiumsteilnehmer diskutierten ausgiebig über zentrale Schlagworte wie Toleranz, Anstand und Identität. Dabei waren sie sich einig darüber, dass der radikale Islamismus nur eine „Perversion“ des traditionellen Islam darstelle und der Islam an sich keine Konflikte begünstige. Dennoch stellte Tony Blair fest, dass die aktuell größte Bedrohung der Sicherheit eben von dieser perversen Ideologie des Islamismus ausginge.
Hamza Yusuf Hanson verwies darauf, dass die Verteidigung der Meinungsfreiheit nicht auf Kosten der Religion einer unterprivilegierten Gruppe erfolgen dürfe. Denn Satire müsse sich in erster Linie gegen die Mächtigen richten. Ansonsten verstoße sie gegen Respekt und Anstand.
Rabbi David Rosen betonte, dass eine Radikalisierung gegen Andersgläubige nicht nur auf Grundlage der Religion erfolge, sondern auch aus dem Gefühl resultiere, von der Gesellschaft nicht akzeptiert, sondern vielmehr gedemütigt zu werden.
Thabo Cecil Makgoba, Erzbischof der anglikanischen Kirche in Südafrika wies außerdem darauf hin, wie zentral die Armut als Quelle religiöser Konflikte sei. um religiösen Fanatismus und religiöse Konflikte effektiv bekämpfen zu können, müsse man das Problem der sozialen und globalen Ungerechtigkeit angehen.
Beim aktuellen 45. Weltwirtschaftsforum diskutieren mehr als 2.500 Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. 40 Staats- und Regierungschefs sind in diesem Jahr in Davos dabei, darunter Bundeskanzlerin Angelka Merkel (CDU), Frankreichs Präsident Francois Hollande und der amerikanische Außenminister John Kerry. Leitthema des gesamten Treffens ist „Der neue globale Kontext“. Als viel wichtiger als die offiziellen Themen gelten jedoch die informellen Kontakte, die dort geknüpft oder vertieft werden. Nach Meinung von Forumsgründer Klaus Schwab (76) könnte Davos Ausgangspunkt für neues Vertrauen und für eine neue Stabilität, sein.
Bis Samstag finden in der Ostschweiz mehr als 300 Veranstaltungen statt. Schwerpunkte sind Klimawandel, technische Revolutionen, die Entwicklungen in Schwellenländern, das Wachstum Chinas oder auch die Stabilität der Finanzmärkte. (KNA/iQ)