Syrien-Krise

Christen und Muslime wollen Hilfsprojekte für Syrien stärken

Die Diözese Rottenburg-Stuttgart und Vertreter muslimischer Organisationen in Baden-Württemberg wollen gemeinsam Hilfsprojekte für Bürgerkriegsopfer in Syrien stärken. Darauf haben sich beide Seiten bei einem Treffen in Stuttgart geeinigt. Kritik gibt es an der Deutschen Syrien-Politik.

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05
2014
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Gemeinsam Bürgerkriegsofpern in Syrien materiell und idell helfen. Darauf haben sich Bischof Gebhard Fürst von der Diözese Rottenburg-Stuttgart sowie führende Repräsentanten muslimischer Organisationen in Baden-Württemberg am Mittwochabend (14.05.2014) geeinigt. Die Einigung kam während der seit 2006 jährlich stattfindenden traditionellen Begegnung zwischen Bischof und muslimischen Vertretern zustande. Die Teilnehmer zeigten sich laut Diözese davon überzeugt, dass in Syrien wie in anderen arabischen Ländern Christen wie auch Muslime unter der Gewalt von Extremisten und Regimen leiden.

Der vor drei Jahren zunächst hoffnungsvoll erwartete Arabische Frühling habe sich für Zehntausende Menschen in Leid, Gewalt und Tod gewandelt, sagte Bischof Fürst. „Das besorgt mich zutiefst.“ Als besonders dramatisch bezeichnete der Bischof die Situation in Syrien mit schätzungsweise 150.000 Toten als Folge des Bürgerkriegs, sechs Millionen Binnenflüchtlingen und weiteren 2,6 Millionen Menschen, die aus Syrien geflohen sind, die Hälfte davon Kinder. Die seit der Anfangszeit der Kirche in arabischen Ländern beheimateten Christen befänden sich gewissermaßen zwischen den Lagern und Systemen. Von den zwei Millionen syrischer Christen habe inzwischen eine halbe Million das Land verlassen. Die Christen seien die Hauptleidtragenden der von Extremisten ausgeübten Gewalt.

Bischof: Christentum stirbt im Nahen Osten aus

Bischof Fürst würdigte die Hilfsbereitschaft des Nachbarlandes Türkei, das offiziell inzwischen eine Million Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen habe. Dagegen nehme sich das Versprechen Deutschlands, 10.000 syrische Flüchtlinge aufzunehmen, bescheiden aus. Der Bischof verwies auf das Hilfsengagement seiner Diözese für Flüchtlinge, betonte aber auch, „dass mit jedem orientalischen Christen, der hierzulande Schutz findet, ein Stück Christentum im Nahen Osten stirbt“.

Bischof Fürst regte an, in christlich-islamischer Kooperation Projekte wie das „Muhalliszentrum“ des Jesuitenpaters Ziad Halil in der syrischen Stadt Homs unter dem Leitwort „Wir Christen wollen in Syrien bleiben“ zu unterstützen. Elf solcher Rettungszentren, in denen 3.000 Kinder aus allen Religionsgemeinschaften gemeinsam Theater spielen, singen, tanzen und Sport treiben, sind inzwischen entstanden. Pater Halil kritisiert, westliche Medien berichteten zu sehr über Konflikte zwischen Christen und Muslimen und kaum über christlich-muslimische Solidarität.

Muslime sagten Unterstützung für Syrien zu

Die muslimischen Gesprächspartner schlossen sich dem Vorschlag des Bischofs an und versicherten ihre Unterstützung. Terror lasse sich religiös in keiner Weise rechtfertigen. Nötig sei Hilfe für Flüchtlinge in Herkunfts- wie in Aufnahmeländern. Die muslimischen Repräsentanten betonten, es gebe mehrere Hilfsaktionen, christliche wie muslimische. Dabei müsse es um Notleidende aller Religionen gehen, ohne strategisch-politische Interessen durchsetzen zu wollen. Die Konflikte von Tunesien über Syrien und Ägypten hätten ihren Ursprung unter anderem im Ersten Weltkrieg und aktuell auf der Spielweise der Weltpolitik“. Es gehe derzeit „für alle, Christen und Muslime, unschätzbar viel Humanität und Kultur verloren“, sagte Muhittin Soylu von der Islamischen Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg (IGBW).

Die Menschen im Nahen Osten bräuchten vor allem Wertschätzung seitens der Weltgemeinschaft, hieß es auf muslimischer Seite. Dafür müsse der jeweilige nationale Dialog wie auch der internationale gestärkt werden mit dem Ziel, den Menschen ein Leben in ihren Heimatländern zu ermöglichen. In vielen sei nicht zu durchschauen, welche Mächte wie die Fäden zögen. Unter dieser Perspektive müsse auch geprüft werden, welche politischen Kräfte die westlichen Länder stärken.