Türkei

Erstmals Abgeordnete mit Kopftuch im Parlament

Erstmals nach 1999 sitzen im türkischen Parlament Frauen mit Kopftuch als Abgeordnete im Plenum. Mit dem Auftritt der Frauen endet ein jahrelanger Streit um das Kopftuch von Musliminnen.

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2013
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Am 2. Mai 1999 wurde der demokratisch gewählten Abgeordneten Merve Safa Kavakçı der Amtseid vor dem türkischen Parlament verweigert. Kavakçı wurde vor Ort und Stelle von führenden Politikern angefeindet und angegriffen. Mit fadenscheinigen Argumenten wurde die Abgeordnete kurz darauf zudem ihrer diplomatischen Immunität beraubt und ausgebürgert. Es war eine der dunkelsten Stunden der türkischen Demokratie.

14 Jahre später sind erstmals mehrere Abgeordnete mit Kopftuch im türkischen Parlament erschienen. Zwar gab es Proteste gegen den Auftritt und Diskussionen darüber, ob dies in Ordnung sei, jedoch hielten sich diese Auseinandersetzungen im Rahmen. Möglich wurde der Auftritt der Abgeordneten mit Kopftuch durch die letzte Gesetzesänderung der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan. Dieses erlaubt in vielen gesellschaftlichen Bereichen das Tragen eines Kopftuches, auch im Parlament.

Vier Frauen mit Kopftuch

So werden insgesamt vier Frauen aus der AKP-Fraktion künftig ihr Kopftuch während der Arbeiten im Parlament tragen. Dazu gehören die Konya Abgeordnete Gülay Samancı, die Kahramanmaraş Abgeordnete Sevde Bayazıt Kaçar, die Denizli Abgeordnete Nurcan Dalbudak und die Mardin Abgeordnete Gönül Bekin Şahkulubey.

Die Abgeordneten hatten ihre Entscheidung nach der Teilnahme an dem diesjährigen Hadsch, der muslimischen Pilgerfahrt, öffentlich gemacht. Sie verabredeten sich zu einem gemeinsamen Auftritt am heutigen Tag. Die Abgeordnete Nurcan Dalbudak, die als erste mit Kopftuch ins Parlament kam, beantwortete nach ihrem ersten Auftritt in der Plenarsitzung des türkischen Parlaments die Fragen der Presse. Zur Frage wie sie sich momentan fühle erklärte die Abgeordnete: „Glücklich!“

Geschenke und Proteste

Die Abgeordneten wurden größtenteils herzlich empfangen. Einige führende Politiker schenkten den Damen vor dem Auftritt im Plenarsaal Kopftücher als Zeichen der Wertschätzung. Viele Politiker erklärten, dass mit dem heutigen Auftritt der Damen der große Fehler aus dem Jahr 1999 korrigiert werde. Die Abgeordneten mit Kopftuch seien auch ein Zeichen für die Bevölkerung, dass sie hier würdig vertreten werde.

Proteste gab es aber auch. Eine Abgeordnete der Republikanischen Volkspartei (CHP) etwa trug ein T-Shirt mit der Türkei-Fahne und dem Konterfei des Staatsgründers Mustafa Kemal Atatürk. Die Abgeordnete zeigte das T-Shirt demonstrativ in den Reihen der CHP und ging immer wieder umher. Die CHP hatte im Vorfeld der Diskussionen um das Kopftuch im Parlament erklärt, dass man auf Demonstrationen verzichten und wörtlichen Protest kundtun werde. Beobachter werteten diesen Schritt als stille Duldung des Kopftuches durch die größte Oppositionspartei im Parlament. Damit endet womöglich der Streit um das Kopftuch in der Türkei.