NSU

Mehr Muslime im Visier?

Hatte der Nationalsozialistische Untergrund mehr muslimische Ziele im Visier als bisher bekannt? Dies legt eine Zeugenaussage am 46. Verhandlungstag nahe. Anscheinend plante das Terrortrio weitere Anschläge auf Muslime und ihre Einrichtungen.

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2013
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Am 46. Verhandlungstag des Prozesses um den Nationalsozialistischen Untergrund NSU sagte ein Polizist des Bundeskriminalamtes am Dienstag vor dem Oberlandesgericht München (OLG) als Zeuge aus. Die Aussagen des Polizisten stärken den Verdacht, dass die mutmaßlichen Terroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe in mehreren Städten weitere Ziele für mögliche Anschläge gesucht haben.

Der Beamte erklärte bei seiner Aussage, im Brandschutt der von Beate Zschäpe angezündeten Zwickauer Wohnung hätten die Ermittler Karten und Kartenreste gefunden. Diese ließen die Bewertung zu, dass der NSU weitere Anschläge in München, Nürnberg, Dortmund und Kassel geplant hat. Allein in diesen Städten soll die Zahl der möglichen Ziele bei 267 Stück gelegen haben. Unter den Zielen befanden sich demnach auch Gebäude von Parteien (vor allem linker Parteien), islamischer Organisationen, Moscheen, Beratungsstellen für Migranten und Asylbewerberheime.

Kennzeichnung als „Ali“

Die NSU-Terroristen kennzeichneten laut der Aussage zudem muslimische Ziele mit dem Wort „Ali“. Die Täter, in deren Arsenal sich bis zu 20 Waffen befunden haben sollen, suchten sich vor allem junge Opfer aus. Ältere Opfer wurden mit dem Hinweis „zu alt“ abgelehnt. Anscheinend wollte der NSU vor allem junge und erfolgreiche Geschäftsmänner türkischer Abstammung ausschalten. Es wird vermutet, dass durch weitere Morde die türkischstämmige Bevölkerung in Deutschland in Angst und Panik versetzt werden sollte.

Im weiteren Verlauf des Verhandlungstages wurde auch das Verhältnis des mutmaßlichen Terrorhelfers André E. zur NSU durchleuchtet. Die Staatsanwaltschaft hat Material als Beweise vorgeführt, die belegen sollen, dass zwei Caravane, mit denen das Terrortrio durch Deutschland reiste, auf den Namen von André E. gemietet wurden. Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe soll der Familie von E. im Gegenzug für seine Unterstützung des NSU einen Urlaub im Wert von 916 € nach Disnepland in Paris geschenkt haben. André E. schweigt bisher zu den Vorwürfen.