Wahlprüfsteine Österreich

Islamgesetz, Dialogforum Islam und Islamische Glaubensgemeinschaft

Die Entscheidung, welche Partei man wählen sollte, ist bei vielen Wählern in Österreich noch nicht gefallen. Da lohnt sich ein Blick auf die Wahlprüfsteine der Perspektif-Redaktion. IslamiQ dokumentiert die Antworten der im Nationalrat vertretenen Parteien in zwei Teilen. Heute geht es um die Frage wie die österreichischen Parteien zu Islamgesetz, Dialogforum Islam und die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich stehen.

27
09
2013
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Frage

Kann sich Ihre Partei vorstellen, das Islamgesetz zu modernisieren, wie es mit den Gesetzen für die evangelische, jüdische und katholische Kultusgemeinde gemacht wurde, etwa in Bezug auf das Schulwesen, die Kindergärten aber auch Feiertage, Kultusabgabe oder Staatsleistungen?

SPÖ

Das Islamgesetz soll in der nächsten Legislaturperiode einer Modernisierung unterzogen werden, dies wird von der SPÖ selbstverständlich begrüßt und unterstützt. Aber auch derzeit sind bereits die wichtigsten Punkte geregelt, so werden selbstverständlich auch jetzt schon die islamischen Religionslehrer vom österreichischen Staat bezahlt. D.h.: Es gibt bereits Staatsleistungen. Da Österreich ein sogenannter säkularer, aber kooperierender Staat ist, ist es selbstverständlich, dass mit allen 15 anerkannten Religionsgemeinschaften gesetzliche Grundlagen geschaffen werden müssen.

ÖVP

Die offizielle staatliche Anerkennung der Religion des Islams erfolgte per Gesetz vom 15. Juli 1912. Seit dieser Zeit hat es eine Vielzahl an gesellschaftlichen Veränderungen gegeben. Staatssekretär Sebastian Kurz hat seinerseits das „Dialogforum Islam“ ins Leben gerufen. Im Rahmen der Arbeiten dieses Forums wurde eine Novellierung des Islamgesetzes angeregt. Wir sind der Meinung, dass es in diesem Bereich Defizite gibt, die im Lichte des 21. Jahrhunderts neu diskutiert werden sollten. Zuständig für eine etwaige Novellierung wäre das Kultusministerium.

Die Grünen

Das österreichische Islamgesetz ist mittlerweile 100 Jahre alt und besteht aus gerade einmal zehn Paragraphen. Eine Modernisierung wäre daher fällig. Das haben wir auch in dieser Legislaturperiode zum Ausdruck gebracht und gehen davon aus, dass Modernisierungen bzw. Anpassungen an heutige Verhältnisse in der nächsten Legislaturperiode auch vorgenommen werden.

FPÖ

Christentum und Judentum haben in Österreich eine Tradition, die weit bis in die Anfänge unserer Geschichte zurückreicht. Daraus sind auch die Feiertage in Österreich gewachsen. Wir möchten an diesen Traditionen festhalten und ersuchen Zuwanderer aus anderen Kulturkreisen um Verständnis für das Bewahren dieser Traditionen, die Österreich im Wesentlichen ausmachen.

BZÖ

Der Modernisierung von Gesetzen stehen wir grundsätzlich jederzeit offen gegenüber. Generell sollten Gesetze nur für eine begrenzte Dauer Gültigkeit haben, danach müssen sie evaluiert und je nach Sinnhaftigkeit verlängert, neu gestaltet werden oder auslaufen. In inhaltlicher Hinsicht ist eine pauschale Antwort aufgrund der Vielschichtigkeit der angesprochenen Themenbereiche nicht möglich. Wir sprechen uns jedoch klar für die geltende Trennung von Staat und Kirche bzw. Religion aus, weswegen wir eine dominante Rolle des Islam in Rechtsordnung und Staat ablehnen.


Frage

Das Zustandekommen und die Ergebnisse des Dialogforum Islam wurden von muslimischer Seite kritisiert. Wie bewerten Sie die Entwicklungen in diesem Zusammenhang?

SPÖ

Die IGGIÖ hat das Dialogforum Islam positiv bewertet und betont, dass „es in Zukunft kein Widerspruch mehr sein (solle, D:V.), gleichzeitig selbstbewusster Österreicher und Muslim zu sein.“ Diese Entwicklung wird von der SPÖ unterstützt und begrüßt. Christen, Juden und Muslime sollen sich genauso wie Angehörige aller anderen, anerkannten Religionsgemeinschaften, als Mitglieder der österreichischen Gesellschaft definieren.

ÖVP

Es gibt 500.000 Muslime in Österreich, die Hälfte von ihnen sind Staatsbürger. Der Dialogprozess wurde in Absprache mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft umgesetzt. Die Ergebnisse werden nun in konkrete Projekte (z.B. einen Lehrgang für Imame an der Universität Wien) umgesetzt. Die vom Dialogforum erarbeiteten Ergebnisse sind eine wichtige Grundlage für eine weitere Vertiefung des Diskurses. Der Prozess der eingeleitet worden ist, wird fortgesetzt.

Die Grünen

Institutionalisierter Dialog ist zu begrüßen. Er sollte jedoch mit allen Teilen der muslimischen Gesellschaft und der gesamten Bandbreite von Meinungen geführt werden. Ein Dialogforum kann allerdings nicht Allheilmittel sein, es braucht einerseits eine effektive Antidiskriminierungspolitik, andererseits muss gegenseitiger Respekt gelebt und praktiziert werden. Auch die Politik ist aufgefordert, beim Zusammenleben mit gutem Bespiel voranzugehen.

FPÖ

Wir haben den Eindruck, dass hier unter dem Titel „Dialog“ eine parteipolitische Vereinnahmung entsteht. Darauf ist wohl in Zukunft ganz besonders zu achten.

BZÖ

Grundsätzlich halten wir das Dialogforum Islam für eine sinnvolle Initiative, wenngleich sichergestellt werden muss, dass alle demokratiezugeneigten Gruppen vertreten werden und Einfluss auf die Entscheidungen haben und diese mittragen. Nur dann können bestmögliche Ergebnisse erreicht und die Integration weiter vorangetrieben werden.


Frage

Welchen Stellenwert haben für sie die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) und die in ihr organisierten muslimischen Religionsgemeinschaften?

SPÖ

Die Rolle aller Religionsgemeinschaften in Österreich basieren auf dem Selbstverständnis des säkularen, demokratischen Staates. Die religiöse Überzeugung jedes Individuums ist Privatsache. Und auch hier gilt wieder der letzte Antwort-Satz der vorangegangenen Frage.

ÖVP

Im Rahmen der Integrationsarbeit sind die Religionsgemeinschaften und damit auch die IGGÖ wichtige Partner. Die Islamische Glaubensgemeinschaft ist als staatlich anerkannte Vertretung in Österreich lebender Muslime ein wichtiger Ansprechpartner für die Österreichische Bundesregierung.

Die Grünen

Die IGGIÖ war lange Jahre das offizielle Vertretungsorgan von MuslimInnen in religiösen Angelegenheiten in Österreich und ist nun nach der Anerkennung der alevitisch-muslimischen Glaubensgemeinschaft eines von zwei offiziellen Vertretungsorganen. Wie auch betreffend die anderen Religionsgemeinschaften ist es wünschenswert, dass die Vielfalt von Glaubensrichtungen und Traditionen sich organisieren und in Respekt einander befruchten können.

FPÖ

Die IGGiÖ ist ein wichtiger Ansprechpartner für die Politik in allen Belangen, die ein friedliches Miteinander ermöglichen und fördern.

BZÖ

Die IGGIÖ als Vertretung und Verwaltung der religiösen Belange der in Österreich lebenden Muslime anerkennen wir so wie alle anderen Vertretungen von Gläubigen jeder Art, soweit sie sich zu unserer Werteordnung bekennen, als wichtige Bestandteile unserer demokratischen Republik, in der die Religionsfreiheit ein verfassungsrechtlich geschütztes Gut ist.